Cover: Mario Party: Island TourLieber Herr Nintendo,

mit Mario Party 1, hast Du sie damals ins Rollen gebracht, meine Liebe zu diesem klasse Mario-Franchise: "Mario Party"! Mario Party 2 und 3 haben diese Liebe dann sogar noch gefestigt... Seit dem sind so einige Mario Partys erschienen, manche waren nicht gerade gelungen, manche ganz gut, manche toll... Doch jetzt, lieber Herr Nintendo, stellst Du meine Liebe und Loyalität zu "Mario Party" auf eine regelrechte Zerreißprobe, mit dem neuen Mario Party: Island Tour auf dem Nintendo 3DS.

Weisst Du, ich will ja gar nicht, dass sich niemals etwas ändert und dass immer alles gleich bleibt... aber... Sicherlich, das Look and Feel ist typisch Mario Party, da will ich ja gar nichts sagen, das ist ehrlich tipp-topp. Auch der reine Nenn-Umfang ist durchaus lobenswert: 7 Spielbretter im Party-Modus und neben der Möglichkeit, alle 80 Minispiele einzeln zu spielen, sogar noch einen StreetPass-Minispiele-Modus, wo man sich Geister hin- und herschickt, und als Bonus obendrauf "Bowsers Turmturnier", wo man in Bowsers Turm eines der Minispiele gewinnen muss, damit man je eine Etage weiter nach oben darf. Auch die Idee, dass jedes Spielbrett im Party-Modus sich grundsätzlich anders spielt als die anderen, ist eine schicke Idee. So gesehen wäre ich eigentlich zufrieden.
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Aber warum, lieber Herr Nintendo, muss jedes Spielbrett so verflixt kurz, dabei gleichzeitig so unendlich lang und linear sein? Ich weiss, Du denkst jetzt, dass das doch ein Widerspruch wäre, aber das ist es nicht! Denn, weisst Du, ich spiele sehr gerne auch mal 2-4 Stunden an einer Session, aber hier dauert kein Spielbrett länger als im Schnitt 10-25 Nettominuten. Das Spiel zeigt zu jedem Spielbrett zwar immer eine geschätzte Spieldauer an, aber die scheint mir arg geschönt. Klar, das Spielbrett mit der längsten Spieldauer, dass Du "Item-Imperium" genannt hast, dauert zwar tatsächlich 45-60 Minuten, wie es angegeben wird, aber das auch nur, weil man soviele Textboxen und Animationen abwartet. Ohne alle diese Textboxen und Animationen käme man vermutlich auf gerade mal 20-30 Minuten. Aber das wundert mich nicht, denn jedes Brett geht sturr gerade aus, man kann nichts tun, als "geradeaus zu gehen", nicht zu vergessen, dass jedes Brett sich jedes Mal genau gleich spielt.
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Wieso, lieber Herr Nintendo, ging man bei Mario Party: Island Tour zu so vielen Wartezeiten über? Man wartet beim Würfeln, beim Itemeinsatz, beim Laufen über das Brett, vor dem Minispiel, nach dem Minispiel, wenn Bowser erscheint, dann wird man ohne Ende zugelabert von Toad, Gumbas, Wummps und was weiss ich nicht alles. In diesem Punkt übertrifft Mario Party: Island Tour sogar noch Mario Party 8. Ist das nötig? Auch finde ich seltsam, dass man sogar die Textboxen der CPU-Spieler wegdrücken muss. Denn wenn man das nicht tut, wartet das Spiel bis zum Ende aller Tage, bis die CPU zum Beispiel endlich mit Würfeln anfängt. Warum hast Du nicht dafür gesorgt, dass es eine Option dafür gibt, die Textboxen und Animationen abschalten, überspringen oder beschleunigen zu können? Bei Bowsers Turmturnier kann man doch auch durch Halten der R-Taste das Geplänkel vorspulen.
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Im Multiplayer wäre das ja noch halbwegs ok, denn natürlich soll jede/r Spieler/in im eigenen Tempo Texte lesen oder zum selbst bestimmten Zeitpunkt würfeln dürfen, denn es kann ja auch gut sein, dass man mal kurz an das Telefon muss. Aber trotzdem könnte man auch hier zumindest auf all die vielen Animationen verzichten, damit ein Bisschen Pepp ins Gameplay kommt, denn man wartet, wartet, wartet... Ich kann dann auch nicht anders, als ganz instinktiv permanent den A-Knopf zu drücken, in der Hoffnung, das würde irgendwas beschleunigen, denn bei den meisten Spielen ist das ja so. Aber hier nicht! Man kann nur warten!
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Ach ja, lieber Herr Nintendo, wo ich gerade vom Multiplayer schrieb. Ich finde es ja echt superklasse, dass man mit nur einem einzigen Spielemodul/-download zu zweit, dritt oder viert spielen kann, echt, das ist ganz toll. Aber warum, wieso, weshalb, weswegen, aus welchem Grund gibt es keinen Online-Multiplayer? Wir haben mittlerweile 2014 und die Welt ist so sehr vernetzt, dass man schlichtweg alles online machen kann. Aber eine Mario Party kann man immer noch nicht über das Internet zocken? Das wäre ja sogar schon bei Mario Party DS und Mario Party 9 längst überfällig gewesen, aber bei Mario Party: Island Tour ist das Fehlen einer solchen Funktion sowas von anachronistisch, dass... dass... also da fehlen mir die Worte.
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Und wieso gibt es soooo viel Glück im Gameplay? Ich finde es fast schon gemein von Dir, lieber Herr Nintendo, dass Du Dir einen Spaß daraus gemacht hast, bei jedem Spielbrett dazuzuschreiben, wieviel Geschick und Glück einen erwartet, aber ich sehe da insgesamt keinen Unterschied. Sogar bei "Kameks Budenzauber", das 4/5 Geschick und 1/5 Glück angibt, also rein rechnerisch noch am meisten Können von allen Brettern abverlangen sollte, ist es praktisch nur purer Zufall, ob man am Ende gewinnt oder verliert, weil auf dem Spielbrett soviele ?-Felder und Items mitmischen, dass man laufend einige Felder vor- und zurückgeschickt wird, oder man plötzlich alle seine Items an jemand anderen verliert.
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Ebenso kann es nämlich gut sein, dass man weit führt, aber man einfach nicht weiterkommt, weil man beispielsweise den roten statt den grünen Schalter gewählt hat, um die Barriere zu knacken. Dazu auch noch, dass ich laufend niedrige Zahlen würfle, sogar mit den besten Spezialwürfeln kam ich in all der Zeit erst ein einziges Mal auf einen Wert, der über 8 liegt, wurde dann aber sogleich durch das Item der CPU einige Felder zurückgeschickt - danke auch!
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Dass keines der 7 Spielbretter auf das klassische "sammle Münzen und kaufe Sterne"-System setzt, ja, dass nicht einmal ansatzweise Münzen und Sterne vorkommen, kann ich akzeptieren. Wie ich schon schrieb: Nichts soll immer gleich bleiben müssen. Ich bin durchaus für Veränderungen und Fortschritt. Aber wenn man bis zum Ende eines Spielbrettes überhaupt insgesamt 15 Minispiele gespielt hat, kann man von jeder Menge Dusel sprechen, denn oft sind es nicht mal 6 oder gar 10 Minispiele.
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Ich frage mich, wieso überhaupt Minispiele gespielt werden, denn ich habe zweimal die Probe auf's Exempel gemacht: Ich habe bei zwei Sessions jedes Minispiel absichtlich verloren und sogar nie meine Items eingesetzt - und trotzdem habe ich einmal Platz 2 gemacht, und einmal sogar Platz 1. Da kann doch irgendwas nicht stimmen! Wieso also überhaupt Minispiele? Sie tragen im Endeffekt nicht zum Resultat bei, man bekommt als Sieger/in etwa einen Würfel, aber wie ich bereits schrieb, kann man ob mit oder ohne sie gewinnen oder verlieren... Wo man bei früheren Mario Partys oft gewinnen wollte und musste, beziehungsweise auch das Verlieren sinnvoll sein konnte, ist beides nun einerlei.
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Dabei sind die Minispiele für sich genommen wirklich toll; wenn man von der kleinen Handvoll absieht, die einfach pures Glück sind. Doch der Rest bietet von allem etwas: Geschick, Action, schnelle Auffassungsgabe, Reaktionsvermögen, Konzentration... Der Einsatz aller 3DS-Features, also Buttons, Bewegungserkennung, Mikrofon und so, ist ebenfalls wunderbar und ohne Beanstandung. Es gibt sogar ganze 15 Rekord-Minispiele. Aber, andererseits frage ich mich, warum nicht sehr viel mehr Minispiele Rekorde speichern, denn die allermeisten gehen auf Zeit (Wettrennen) oder Menge (Dinge aufsammeln/erledigen). Auch da sei mir bitte die Frage verziehen, weshalb es keine Online-Highscore-Vergleiche gibt. Loben will ich aber noch, dass die Erklärung der Minispiele wirklich großartig ist. Ein oder zwei knappe Sätze und sofort hat man verstanden, was man tun muss, ohne erst 2-3 Seiten Text und die Buttonbelegungen zu studieren.
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Ich komme jetzt langsam zum Ende. Und ich hoffe, Du denkst nicht, dass ich Dein Spiel nur deshalb nicht so toll finde, weil es etwas anders ist als die meisten der vorherigen Titel der Reihe, oder weil ich ja sowieso nicht die Zielgruppe sei. Denn das stimmt beides nicht. Ich habe ehrlich versucht, offen für Mario Party: Island Tour zu sein. Trotz der ganzen Trailer, Gameplay-Videos und Rezensionen der letzten 2 Monate, wollte ich mir meine eigene Meinung bilden, sobald ich das Spiel in Händen hielte. Aber jetzt, nachdem dies geschah, gehöre auch ich leider zu denen, die Mario Party: Island Tour ganz sicher niemals in ihre "All-Time Classics"-Liste aufnehmen werden.
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Die Spielbretter sind mir einfach viel zu kurz und dermaßen glücksbasierend, das man salopp sagen könnte: Die Spieltiefe ist platt wie 'ne Flunder. Den einzigen Einfluss, den man letztlich wirklich hat, ist, die Minispiele zu gewinnen oder zu verlieren, aber das bringt einen trotzdem nicht weiter und rüttelt praktisch überhaupt nicht am Endergebnis. Dazu die Wartezeiten... Man, was habe ich gewartet...
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Ich kann mir kaum vorstellen, dass irgendeine Zielgruppe ein Spiel spielen will, bei dem es schlichtweg egal ist, was man tut, weil das nichts an Gewinn oder Verlust ändert, wobei man viel zu viel wartet, bis man endlich selbst wieder was tun darf, und dann aber außerdem noch die eigenen Animationen ebenso absitzen muss. Beides zusammen in Kombination will sicher kaum jemand ernsthaft spielen. Ja, "Mensch ärgere Dich nicht" ist im Grunde auch nur (Würfel-)Glück, aber wenigstens geht es da flott voran. Und zum dritten Mal wurde jetzt der Kardinalfehler Nummer 1 begangen: Kein Online-Multiplayer! Dass für den lokalen Multiplayer ein Modul/Download für alle langt, ist zwar toll, aber kein Ersatz für das Erstgenannte.
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Rausreißen tun es nur das echt tadellose Look and Feel und die grandios spielbaren Minispiele. Aber wer will bei einer Mario Party denn schon nur die nackten Minispiele zum Selbstzweck spielen? Denn darauf läuft es hier sozusagen hinaus...
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Bitte, bitte, lieber Herr Nintendo, mache wieder taktische Mario Partys mit Tiefgang, bei dem Eigenvermögen wichtig und Glück nur ein Faktor unter vielen ist. Oder peppe wenigstens eine klassische Mario Party mit HD und Online für Wii U auf. Bitte, lieber Herr Nintendo!
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Dein Fan...
Jörg Singleplayer: 49%
Multiplayer: 55%


Verfasst von Jörg am 15.10.2015,
bemustert durch Nintendo
für bis zu 4 Person/en
Release am 17.01.2014