A+B DRÜCKENSo kann's geh'n! Da machen wir marioparty.de dicht, weil keine neue Mario Party kommt, und nur wenige Tage später verkündete Nintendo, dass "Wii Party" erscheinen werde, und zeigt Screenshots und Trailer, die eine Sache ganz deutlich machen: Wii Party ist Mario Party mit Miis.
Nach dem Einlegen der Disc werde ich von einem Titlescreen begrüßt, der frappierend an jenen von Wii Sports oder Wii Play erinnert - und ich soll A+B drücken, um zu beginnen.
Ich drücke die Knöpfchen und bekomme ein Auswahlmenü präsentiert, dass in drei Bereiche unterteilt ist. So habe ich mehrere Modi für 1-4 oder 1-2 oder 2-4 Spieler/innen zur Auswahl. Und ausserdem kann ich die Minispiele im Freien Modus spielen oder diverse Rekorde einsehen.
DER BERG RUFTBei der INSEL DER ABENTEUER wird recht simpel vom Start bis zum Ziel gespielt. Die vier Miis beginnen alle am Fuße eines Berges und müssen durch Würfeln dessen Spitze erreichen, wo ein riesiger Goldschatz wartet. Und wer zuerst da ist, hat gewonnen - das ist schon alles, was man wissen muss.
Die Augenzahl der Würfel ist natürlich repräsentativ für die Anzahl Felder, die man voranschreiten darf. Wer also z.B. eine 4 würfelt, darf 4 Felder laufen. Viele Felder führen verschiedene Ereignisse aus, wenn die Miis sie mit dem letzten Schritt ihres Zuges betreten. So werden die Miis etwa 7 Extra-Felder vorwärts gebracht, oder 5 Felder zurück, oder sie können gleich ganze Passagen hinter sich lassen.
Ab und zu gibt es besondere Barrieren, die nur durchschritten werden können, wenn man eine gewisse Mindestzahl gewürfelt hat. Wer das nicht schafft, hat Pech und kommt in diesem Zug nicht weiter, muss bis zur nächsten Runde warten und erneut versuchen, die Mindestzahl zu erlangen.
Auch Minispiele werden gespielt. Allerdings geht es hier meistens darum, dass Gewinner und Verlierer z.B. ihre Positionen vertauschen, oder dass sie einige Felder vorrücken dürfen oder einige Felder zurück geworfen werden.
Ist ganz lustig, aber Taktik ist hier nicht machbar, weil es nichts gibt, wofür sich Taktik lohnen würde (keine Punkte, keine Münzen, keine Items, etc.). Man muss nur Glück beim Würfeln haben und aufpassen, Minispiele nicht zu verlieren, weil man sonst zur Strafe vielleicht etwas näher Richtung Start gebracht wird. Im Kern also sehr, sehr ähnlich zu Mensch-ärger-dich-nicht: Alles, was zählt, ist, zuerst fertig zu sein und beim Würfeln die Daumen zu drücken.
MARIO PARTYDas System des WELTREISE-Spielmodus jedoch kommt einer typischen Mario-Party-Session verdammt nahe - und das scheint viel Spaß zu verheissen, nicht wahr? Der eigentliche Unterschied zu Mario Party ist, dass Ihr auf der Map nicht Sterne kauft, sondern Fotos macht (die Münzen kosten). Ansonsten gibt es nur relativ wenige Differenzen. Aber um das zu erläutern, muss ich etwas ausholen:
Gespielt wird auf einem Globus unserer guten Mutter Erde. Der Globus ist mit einzelnen Spielfeldern durchzogen, die zueinander verbunden sind. Nun wählt das Spiel von allen verfügbaren Ländern insgesamt 3 aus, sagen wir mal Deutschland, Mexiko und Indien. Und die entsprechenden Felder der Länder werden so zu goldenen Feldern mit einem Krönchen.
Wer also zuerst auf einem der Felder das Foto macht, bekommt das jeweilige Foto gutgeschrieben (bei MP hieße das also, einen Stern auf sein Konto), und es verbleiben noch die beiden anderen Länder. Wurden auch hier Fotos gemacht, werden vom Spiel 3 neue Länder ausgewählt und die Jagd nach Fotos geht weiter.
Statt zu würfeln, habt Ihr immer 5 Karten in Eurem Besitz, auf denen entweder eine 1, 2 oder 3 ist. Zieht Ihr also die etwa die 2, dürft Ihr 2 Felder laufen, usw. Da das aber sehr mager ist, könnt Ihr auf einigen Feldern Spezialkarten kaufen, und so z.B. den Zug, das Auto oder das Flugzeug nehmen, die nicht nur mehr Felder auf einmal zurücklegen können, sondern auch viele Routen drastisch abkürzen. Nach dem Kauf einer solchen Karte müsst Ihr allerdings eine Eurer Karten ablegen, weil Ihr sonst ja 6 Karten hättet.
Zusätzlich haben die Spezialkarten noch Besonderheiten: Mit dem Auto z.B. kann man auch weniger Felder ziehen, als die Karte bietet (wer also z.B. nach 2 Feldern stehenbleiben will, kann das tun), wohingegen man bei allen anderen Karten stets gezwungen ist, die genannte Anzahl Felder zu passieren. Hierbei ist jedoch im Wege, dass man nur dann Fotos machen kann, wenn man exakt auf dem Fotofeld stehen bleibt, statt einfach nur daran vorbeizulaufen (wie ja bei Mario Party der Fall).
Wenn Ihr dann eine Karte benutzt habt, bekommt Ihr vom Spiel automatisch eine neue (mit den Zahlen von 1-3), sobald Euer Zug beendet ist, damit Ihr immer genau 5 Karten habt. Natürlich werden haufenweise Minispiele gespielt, um sich Münzen dazuzuverdienen, um anderen Münzen wegzunehmen, etc., und genauso wie bei Mario Party kommt ein Minispiel-Event entweder auf einem Ereignisfeld oder am Ende jeder Runde.
Im Wesentlichen ist das hier echt eins zu eins wie Mario Party, nur, dass die Symboliken anders funktionieren. Statt bei Toad Items zu kaufen, besucht Ihr das Einkaufswagenfeld, um das zu tun. Statt durch Items Euer Würfelgeschehen zu manipulieren, kauft Ihr auf dem Kartenfeld einfach bestimmte Karten, und so weiter. Es finden so sich also eigentlich alle Dinge aus einer Mario Party wieder. Wirklich ein super Prinzip, bin überrascht, dass es gelang, neue Impulse in das "Mario Party"-Konzept zu bringen, ohne die Formel selbst zu ändern...
Bedeutender Nachteil ist aber, dass man immer die festgelegte Anzahl von 10 Runden - die dauern in etwa 50 bis 60 Minuten - spielt, und auch, dass man immer nur auf derselben Karte spielt. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, statt der ganzen Welt z.B. verschiedene Erdteile zu nehmen, wie etwa die Kontinente, die jeweils ein großes, vollwertiges Spielbrett darstellen, und jedes wäre unterschiedlich komplex.
Doch so hat man nicht genug Zeit, sich eine Taktik zurechtzulegen, oder um einfach ein bisschen abzuwarten, bis der passende Moment für eine Hinterlist gekommen wäre. Die 10 Runden sind so wenig, dass man sich letzten Endes einfach nur bemüht, möglichst viele Fotos zu machen und somit stumpf möglichst schnell von Feld zu Feld zu hechten. Aber mehr als allerhöchstens 3-4 Fotos sind sogar unter optimalen Bedingungen für eine/n alleine gar nicht zu machen (realistischer sind in der Regel 1-2 Fotos!). Blöd auch, dass, wenn man kurz davor ist, ein Foto zu machen, aber jemand anderes schneller war, man oft nicht mehr genug Zeit hat, umzudisponieren, sondern man bemüht sich jetzt einfach, das nächstliegende Fotofeld zu erhaschen.
Tja, da hatte man die Möglichkeit, den Mario-Party-Fans einen guten Ersatz zu bieten, bis
Mario Party 9 kommt, und dann macht man sooo viel richtig - haucht durch tolle Ideen sogar frischen Wind in viele Bereiche - (Karten statt Würfel, "Beamfelder", etc.), versemmelt aber die Abwechslung (nur 10 Runden - ab und zu gibt es, ähnlich wie bei Mario Party 3, auch mal EINE Zusatzrunde, aber mehr ist es dann wirklich nicht! -, nur ein einziges Brett, nicht taktisch genug,...). Man sollte bei Betatests auch verlangen, dass der Langzeitspielspaß mitgeprüft wird, und nicht nur, ob es irgendwo Glitches und Abstürze gibt!
SOFORT MITMACHENDer Rest des Spiels beläuft sich auf verschiedene Minispiel-Modi. So müsst Ihr z.B. im Zweispieler-Modus Passagiere so auf die Segelmasten eines Bootes verteilen, dass das Boot nicht zu stark kränkt oder gar kentert, sondern in Balance bleibt. Oder Ihr könnt an einer Glücksrad-Variante teilnehmen, die durch verschiedene Multiplikatoren, Drehglück und Gewinnen bei Minispielen den Jackpot erhöhen oder kürzen, und dann entsprechend die dicke Kohle kassieren.
Dann gibt es noch Bingo mit Mii-Gesichtern und diversen anderen Kleinkram, den jeder irgendwie irgendwoher kennt und dann sofort mitmachen kann. Bspw.: Die Wiimote gleicht einer Bombe, und sie muss ohne Erschütterung von Spieler/in zu Spieler/in weitergereicht werden. Oder auf dem Bildschirm wird ein Tier gezeigt (etwa ein Löwe), und derjenige, der zuerst die Wiimote ergriffen hat, aus der Löwengebrüll tönt, hat gewonnen. Doch anspruchsvoll wird keiner der Spielmodi, was dann bald zu Tristesse führt, wenn man sich ausgiebig mit Wii Party beschäftigen will. Für mich persönlich bewegen sich all diese Spielmodi auf dem Niveau von Flaschendrehen oder "Wahrheit oder Pflicht".
GRASSIERENDWas mich meisten ärgert, ist die grassierende Vielfaltsarmut. Nicht mal unterbrechen/abspeichern und später weiterspielen könnt Ihr. Wenn Ihr das Spiel abbrecht, ist der Fortschritt verloren. Aber wen interessiert das schon großartig, wenn alles, was das Game speichert, sowieso nur ein paar Highscores einiger Minispiele sind - ausgenommen noch das "Merken" diverser Minispiele, die nach und nach dauerhaft freigeschaltet werden...?
Ihr könnt nicht die CPU-Miis individuell stark/intelligent konfigurieren, Ihr könnt nicht ein Spiel auf 20, 30 oder 50 Runden oder 3 Stunden oder 100.000 zu erreichender Punkte festlegen, Ihr könnt nicht das Spielfeld aussuchen, Ihr könnt nicht irgendwelche Regeln nach Eurem Gusto verändern, und so weiter: Ihr startet einfach die Disc, wählt einen Spielmodus, und Ihr spielt ihn dann auf die immer selbe Weise mit der immer selben Spieldauer (plus/minus einiger Minuten, versteht sich).
Nehmt z.B. ein
Super Smash Bros. Brawl, wo Ihr nur eine einzige Stage und nur 4 Charaktere zu Auswahl habt; oder ein
Mario Kart Wii, das nur einen Cup im Grand Prix und nur 2 Fahrer bietet. So ungefähr verhält es sich mit Wii Party: Solide Basis, eigentlich auch gut umgesetzt, aber spärliche Vielfalt innerhalb der Modi - von denen die meisten äußerst entbehrlich sind - und null Optionen.
OPTIONEN SIND BÖSE!!Es hätte so schön sein können! Wii Party ist beileibe nicht total schlecht. Im Gegenteil, es ist, wenn man es alle Jubeljahre mal reinpfeifft, für 1-2 Stündchen sogar ein wenig unterhaltend. Aber auf Dauer mal so zwischendurch? Pustekuchen!
Wäre es denn so schwer gewesen, noch einen gesonderten Optionsbutton einzubauen, bei dem man z.B. Handicaps, die ungefähre Spieldauer oder die Komplexität einiger Vorgänge festlegen kann (Items aktivieren, ja oder nein? Wieviele Runden sollen gespielt werden? Den Jackpot auf Höhe X festlegen?)???
Man merkt dem Titel richtig an, dass genau das hier die Maxime bei der Entwicklung war: Viele Spielmodi, sodass irgendwem schon irgendwas gefallen wird, und alles muss hübsch einfach und schnell mal für zwischendurch verdaubar sein. Optionen und langfristige Spielsessions am Stück sind böse, sie könnten ja überfordern oder abschrecken. Na, vielen Dank auch, denn genau DAS fehlt Wii Party, und das rächt sich drastisch im Spielspaß.
Gelungen sind die meisten aller 80 Minispiele. Durchdacht, abwechslungsreich, und nur ganz, ganz wenige basieren auf purem Glück. Aber was nützt das, wenn jeder Spielmodus so wirkt, als erfülle er nur den Zweck, die Minispiele krampfhaft zu umschmücken? Statt etwa 13 öde bis passable Spielmodi reinzuquetschen (bereits nach einer Runde Bingo wusste ich zum Beispiel, dass ich das nie wieder spielen will), hätte man lieber nur 4-5 gute machen sollen, die ordentlich Möglichkeiten bieten, persönliche Präferenzen festzulegen.
FAZITDamit ich bitte richtig verstanden werde: Ich bin nicht am maulen, weil statt Mario und Mushroom-Feeling mit Miis gespielt wird. Miis sind ok für mich, und eine Mario Party mit Mii-Style könnte gewiss nett sein - die guten Grundlagen sind (in Wii Party) ja sogar zweifelsohne vorhanden und der Mii-Charme ist wirklich ansprechend - und das lobe ich ausdrücklich.
Nein, ich bin am maulen, weil Wii Party im Endeffekt ganz einfach keinen Spaß macht - längerfristig schon mal gar nicht! -, da man den Kunden nicht zutraut, mit einem Optionsmenü umgehen zu können, in welchem man einen Level/ein Spielbrett, die Spieldauer, und so weiter festlegen kann. Es fehlt ganz einfach das befriedigende Gefühl, dass man durch Cleverness, Ausdauer und Geschick gewonnen hat, und nicht einfach deshalb, weil man nach Ablauf der Zeit mehr oder weniger zufällig am besten abgeschnitten hat. Man wird schnell den Eindruck haben, taktisch unterfordert zu sein und bereits alles gesehen zu haben. Das ist der Grund, warum Wii Party mir missfällt. Wenn es wenigstens einen Online-Modus gäbe... aber nichtmal das packte man in das Wii-Party-Paket... *schulterzuck*
Übrigens ist es sehr schade, dass man zu einem Endkostenpreis von 50€ gezwungen wird, weil Nintendo das Spiel nur MIT einer Wiimote im Bundle anbietet - das spricht eigentlich nur noch mehr dagegen, sich Wii Party zu kaufen - nicht jeder will eine weitere Wiimote kaufen, weil er/sie z.B. schon genug da hat - wozu also zusätzlich und unnötigerweise 20-30€ "umsonst" ausgeben müssen? Allerdings ist mir unverständlich, wieso es dann nicht wenigstens eine Wiimote mit bereits integriertem Wii MotionPlus wäre (auch, wenn Wii Party dies nicht unterstützt!); will man vielleicht nur die "Old-School-Wiimote"-Restbestände in den Lagern losschlagen?
Naja, wie dem auch sei: Kauft Euch für Eure Wii lieber ein gebrauchtes GameCube-Mario-Party mit vier GameCube-Controllern (falls Ihr keine habt). Das dürfte auch auf ca. 50€ kommen - lohnt sich aber weit mehr. ODER, besser noch, wartet bis Dezember 2010, und ladet für weit weniger Geld
Mario Party 2 - gilt für viele als eine der besten Mario Partys überhaupt! - für die Virtual Console herunter.