GEWISSES SPIELPRINZIPWie viele anderen Serien auch, geht nun Harvest Moon in eine erneute Runde. Der Wesentliche Kern aller Vorgänger bleibt erhalten, wird aber um ein paar neue Features erweitert und um einige Altlasten befreit. Das bedeutet: Ihr spielt das virtuelle Leben eines jungen Farmers oder einer jungen Farmerin, das dürft Ihr Euch aussuchen, und erlangt gerade mit dem Schiff im Hafen von Waffelstadt.
Nach einer kleinen Kennenlernrunde mit einigen Bewohnern und dem Bürgermeister, beginnt auch das eigentliche Spiel recht bald und ihr bekommt in Form von kleinen Aufgaben zunächst erklärt, worum es geht und wie man das Spiel bedient: Wo kann man was kaufen? Wie besäht, bewässert und erntet man seinen Acker? Worauf kommt es an? Was muss man beachten?
In neuesten Harvest Moon, "Baum der Stille" genannt, führt Ihr ein ländliches Leben und spielt auf die Art und Weise, wie es Euch am besten gefällt, denn ein grundsätzliches Spielziel oder ein Spielende gibt es nicht. Das heisst, natürlich gibt es ein gewisses Spielprinzip, nämlich pflanzen, jäten, ernten, kaufen, verkaufen - und selbstverständlich Kontakte zu den anderen Bewohnern auf der Insel herstellen, und später vielleicht sogar heiraten.
Doch wie Ihr das tut, dürft Ihr meistens selbst frei entscheiden. Ein großer und reicher Farmer sein? Nur das Nötigste für sich selbst anbauen? Und wie man sich denken kann: Je mehr Ihr arbeitet, desto härter müsst Ihr weiterarbeiten, um erfolgreich zu bleiben. Nur ganz selten gibt es Ereignisse, zu denen Ihr gewissermaßen gezwungen werdet, wie etwa zu Beginn, unbedingt erst in bestimmten Läden vorbeigeschaut zu haben, bevor der Bürgermeister weitere Infos ausplaudert.
STORY UND GAMEPLAYDas Wichtigste, und auch hier wieder enthalten, ist bei jedem Harvest Moon natürlich die Story, die dem Spiel zugrunde liegt. Bei Harvest Moon: Baum der Stille geht es darum, dass die eigentlich so friedliche und zufriedene Insel doch viele Probleme zu haben scheint, denn der geheimnisvolle Baum der Stille gibt keine Lebenszeichen mehr von sich und die Erntegöttin ist ebenfalls verschwunden. Natürlich löst Ihr dieses Mysterium irgendwann auf, ist ja klar! :)
Nun, es gibt zwar noch einige weitere Neuerungen, aber die sind eher ein paar Fakten am Rande, die für das Spielverngügen nicht unbedingt wesentlich sind. Doch am auffälligsten ist vorallem die Grafik, die japanischer wirkt, als je zuvor: Spitze und eckige Frisuren, mindestens ein kleines Haarbüschelchen steht lässig zur Seite oder nach oben weg, große Kulleraugen, runde Köpfe - doch andererseits aber hat die Optik einen Touch, der mich stark an die Augsburger Puppenkiste erinnert. Nicht, dass die Bewegungsabläufe hölzern oder steif wären, ganz im Gegenteil, aber die Statur der Charaktere und das Aussehen der Umgebung wirken wie eine computerisierte und leicht japanisierte Version des Augsburger Ensembles. Eine Mischung, die bestimmt nicht allen zusagen wird.
SUPER GELÖSTDie Steuerung ist super gelöst und bietet bei allen positiven Veränderungen auch immer noch ein paar Dinge, die sehr nerven können. Ihr könnt zwar jetzt auch an Bereiche Eures Feldes kommen, die in der Mitte liegen, weil die Saatplätze immer begehbar sind und Ihr so stets quer über das gesamte Feld laufen könnt, doch wenn Ihr etwa mit Eurer Gieskanne ein bestimmtes Feld bewässern wollt, müsst Ihr manchmal zwei-, dreimal Eure Position nachbessern, weil Ihr Euer Wasser danebengießt. Dies sind natürlich Dinge, mit denen Ihr Euch arrangieren werdet, doch sind das auch Dinge, die schon länger bei Harvest Moon stören, weshalb ich mich frage, wieso man nicht endlich eine Lösung dafür findet! :)
Hierbei ist noch zu erwähnen, dass die Wii Euch drei Arten der Steuerung anbietet: Einmal mit Classic Controller und dann die Wiimote mit Nunchuk, wobei Ihr zwischen Buttons und Gesten wählen dürft. Ich emfehle aber die Buttonsteuerung. Mit den Gesten klappt zwar alles super, doch es ist völlig egal, wie Ihr Eure Wiimote bewegt, weil das Spiel jede Hampelei interpretiert und mit dem aktuellen Werkzeug die ihm entsprechende Aktion durchführt: Sähen, Gießen, Graben, etc. Auch etwas, was bereits beim direkten Vorgänger
"Magical Melody" bemängelt wurde.
MULTIPLAYERAuch der "Baum der Stille" bietet wieder einen Mehrspielermodus, der aber mit dem Hauptspiel selbst praktisch nichts gemeinsam hat. Im klassischen "Wer ist am schnellsten fertig?" oder "Wer sammelt am meisten Punkte?" geht es in einigen Minispielen z.B. darum, bestimmte Gegenstände mit Bällen zu bewerfen oder Gemüse zu zupfen. Und, ja, das klingt leider genauso spannend und abwechslungsreich, wie es sich liest! ;)
Und natürlich müsst Ihr die meisten der Minispiele im Hauptspiel zugänglich machen - und zwar, in dem Ihr einfach an allen Festen, die jedes Jahr stattfinden, teilnehmt, denn dort werden diese Minispiele für die Bewohner und Bewohnerinnen angeboten. Einziger Trost am Multiplayer ist, dass Ihr dort die Minispiele für die Festlichkeiten des Hauptspiels üben könnt, um dort mehr Punkte als die anderen zu kassieren. :)
ZU EMPIRISCHLetztlich ist Harvest Moon nunmal ein Harvest Moon, da gibt es im Prinzip sowieso immer dieselben Dinge, die einem gefallen und nicht gefallen, weil einige Elemente zwangsweise immer wiederkehren, und trotz der kleinen Mängel ist auch "Baum der Stille" ein solides Spiel, das viel Spaß machen kann.
So dürft Ihr jetzt auch im Winter auf Euer Feld und habt sogar eine größere Auswahl an Obst und Früchten, als jemals zuvor. Ihr dürft aus mehreren potentiellen Eherpartnern wählen und der Umfang des Spiels ist sehr reichlich, aber es ist auch irgendwie doch wieder das, was man schon seit Jahren kennt, weshalb es nicht zwangsläufig bedeutet, dass Ihr dasselbe virtuelle Leben nochmal von vorne beginnen müsst.
Mir fehlt insgesamt nur ein wenig mehr Spieltiefe, weil die meisten Dinge, die das soziale Wesen anbelangen, mir zu empirisch wirken: Alles, was ihr tut oder nicht tut, scheint in gewisser Weise wie mit einer Art Pro- und Contraliste verglichen. Wenn Ihr also möchtet, dass Euch jemand mag, quatscht viel mit ihm oder ihr und gebt die höflichste Antwort, bzw. tut, was dem Charakter dieser Person an nächsten käme.
Das ist deshalb schade, weil das Farmleben, so sehr es auch der wahre Kern des Spiels ist, eigentlich schon genug Zeit einnimmt, so dass die gesellschaftlichen Anlässe eher wie geskriptete Zusatzaufgaben wirken und nicht wie Dinge, die eben in einem Leben so passieren können. Denn alles, was "Baum der Stille" abseits des Pflügens und Jätens bietet, wirkt irgendwie, als hätte man gerade einen geheimen Schalter im Boden betätigt, der nun eine Aktion auslöst.
FAZITHarvest-Moon-Neulinge sollten vielleicht lieber erstmal Harvest Moon für das Super Nintendo aus dem Wii-Shop herunterladen, denn dieser Titel ist ohnehin eines der besten Harvest Moons und mit 8€ sehr günstig zu bekommen, weshalb man bei Nichtgefallen dieses Spielkozepts nicht sehr viel falsch machen kann.
Wer schon länger Harvest Moon spielt, darf gerne umsteigen und sich über ein paar gelungene Neuerungen freuen, die aber das Rezept nicht unbedingt verbessern, sondern - sowohl im Positiven als auch im Negativen - lediglich etwas verändern!