SECRET OF MANA 2In den 1990ern war
Secret of Mana für das Super Nintendo ein Riesenerfolg. Selbst heute ist seine Fangemeinde nicht gerade klein. Sein direkter Nachfolger erschien leider nur in Japan, als Seiken Densetsu 3. Dank seines sehr ähnlichen Gameplays, welches allerdings auch stark verbessert wurde, nannte man es in Amerika und Europa darum oft auch "Secret of Mana 2". 2019 dann erschien es im Rahmen der
Collection of Mana dann endlich doch noch außerhalb Japans und wurde von Square Enix offiziell "Trials of Mana" getauft. Es handelte sich um das Original-SNES-Game, nur ins Deutsche und diverse andere Sprachen übersetzt.
Doch, wie das so ist, die Zeiten ändern sich, die Technik schreitet voran... ...und Remakes sind beliebt. Deshalb steht eben jenes Trials of Mana nun als 3D-HD-Remake bereit. Und, wow, die Leute von Square Enix haben ganze Arbeit geleistet. Wo beim Remake von Secret of Mana leider viele Chancen verpasst wurden und sein Glanz darum nicht so recht schimmern wollte, weiß Trials of Mana gleich in den ersten Minuten zu packen - und lässt einfach nicht mehr los.
Der Kern des Spiels ist natürlich geblieben: Wir wählen aus 6 Charakteren zuerst unseren Main und anschließend zwei weitere, um ein Trio zu haben, das das Abenteuer bestehen werden wird. Motivation, Hintergründe und Storyverläufe der Charaktere sind allesamt aus dem Original übernommen worden. Inklusive der Prämisse, dass man das Spiel mehrfach durchzocken kann und dabei immer wieder einen etwas anderen Verlauf der Geschichte erlebt, wenn man aus den sechs Charakteren eine neue Konstellation bildet. Dabei bleiben der wesentliche Storystrang, der rote Faden, und die ineinander verwobenen Storylines unangetastet, es ändern sich allerdings die Perspektiven und auch die Reihenfolge einiger Orte, die besucht werden.
ACTIONBETONTERSo beginnt Trials of Mana damit, dass wir unsere drei Charaktere wählen und auch sehen können, welche Grundwerte sie haben, beziehungsweise, ob sie im Laufe der Zeit zum Beispiel eher super im Nahkampf sein werden, hervorragend mit vernichtenden Zaubersprüchen hantieren können, oder oder oder. Dann schauen wir uns erstmal einige Sequenzen an, die unseren Hauptcharakter auf seine Reise schicken. Der eine wendet sich gegen seinen Vater und will Rache, die andere will ihren Bruder aus den Klauen des Bösen retten... Alles mit schönen Bildern und netten Kamerafahrten erzählt, mit englischer (oder wahlweise japanischer) Sprachausgabe, die wir uns in unter anderem Deutsch untertiteln lassen können. Das gilt übrigens auch für alle anderen Situationen im Spiel, ob Ausrufe kurz vor oder während eines Kampfes oder die allermeisten Gespräche, fast alles ist eingesprochen - nur selten, bei Palaver mit generischen Dorfbewohnern, ist es auf lesbaren Text begrenzt. Nett anzuhören, oder zu lesen, sind die Dialoge zu jeder Zeit. Immer mit dem nötigen Ernst, ob der Situation um die Welt, aber gern auch mal mit einer Prise Humor. Besonders gefällt mir, dass Charlotte, die im Original einen Sprachfehler hat, eben diesen vollumfänglich in ihrer Sprache hat, wenn es um die L- und R-Laute geht. Im deutschen Lesetext wurde das als Lispeln mit beispielsweise "Wir werden fie befiegen, auf in den Kampf!" übernommen - eine passende Lösung.
Dann geht das Abenteuer auch schon los, wir machen die ersten Schritte und treten gegen die ersten Gegner an. Dabei wird deutlich, dass das Kampfsystem am meisten überarbeitet wurde. Ein Kampf wird immer dann ausgelöst, wenn wir Gegnern zu nahe kommen und sie darum Notiz von uns nehmen. Dann erscheint ein großzügig dimensionierter gelber Kreis auf dem Boden, der den Radius des Kampfgeschehens darstellt. Hat ein Kampf begonnen, kann er nur durch Siegen beendet oder wieder verlassen werden, wenn wir an der gelben Kreisführungslinie stehen und für einige Sekunden versuchen, darüber hinwegzulaufen - sofern die Gegner uns lassen, denn die hören ja nicht mit ihren Angriffen auf! -, was dann als Flucht interpretiert wird, für die es im Erfolgsfall natürlich keinerlei Geld, Items oder Erfahrungspunkte gibt.
Die Kämpfe finden wie damals in Echtzeit, aber wesentlich actionbetonter statt. Wir attackieren normal mit A, springen mit B, machen eine langsamere, aber stärkere Attacke mit X und vollführen eine schnelle Ausweichrolle mit Y. Und alle vier Aktionen werden wir reichlich nutzen. Im Besonderen das Ausweichen wird nach bereits 2-3 Spielstunden unser bester Freund sein. Denn kurz bevor ein Gegner angreift, erscheint eine rötliche Markierung auf dem Boden. Diese zeigt an, in welchem Radius der Angriff Schaden zufügen wird. Nun füllt sich die Markierung und wird dabei von sattem Rot übernommen. Ist der Rand der Markierung erreicht, folgt sofort der Angriff. Axthiebe sausen hervor, Giftatem wird ausgestoßen, Raketen abgefeuert... Um dem Angriff zu entgehen, bemühen wir uns, schnellstmöglich die dargestellte Gefahrenzone zu verlassen, bevor sie vollends rot geworden ist.
Mit einem Wort: Die Kämpfe machen richtig Spaß! Statt einfach nur zum Gegner zu laufen, A zu drücken, zu warten, bis der nächste Angriff einige Sekunden später erfolgen kann und so weiter, ist hier echt was los. Wir können unendlich oft mit A zuschlagen, und machen dabei den normalen Schaden, müssen aber unbedingt auf die Umgebung achten und gegebenenfalls schnell ausweichen, oft zudem in schneller Folge, bevor wir selbst wieder zuschlagen können. Wenn wir die Gegner und ihre Verhaltensmuster besser kennen, wissen wir sogar, wann Zeit genug ist, mit X besonders hart zuzuschlagen, ein Item einzusetzen oder einen Zauber zu sprechen.
VIEL BEQUEMERAuch bei den Items und Zaubern gibt es diverse sehr willkommene Neuerungen. Es gibt immer noch das Ringmenü, während welchem das Gameplay eingefroren wird, damit wir Zeit haben, ein Item einzusetzen oder einen Zauber auszuwählen. Aber wir können ebenso Items und Zauber aus dem Ringmenü direkt im Kampf ausführen, ohne erst im Ringmenü rumzufummeln. Wir können nämlich jederzeit und völlig beliebig Aktionen auf R+A, R+B, R+X oder R+Y legen. Mit anderen Worten, wir können, ohne das Gameplay einzufrieren, direkt ein heilendes Bonbon verputzen, indem wir R halten und dazu den von uns dafür zugewiesenen Button drücken. Das ist vor allem bei Zaubern von immensem Vorteil. Gerade deshalb, weil das permanente Einfrieren des Spielflußes entfällt - außer, wir möchten weiterhin auf das Ringmenü zugreifen; ich habe aber sehr, sehr schnell darauf verzichtet, weil das direkte Ausführen von Zaubern oder das "schnell mal Essen eines Bonbons" so viel bequemer ist und das Spiel dabei konsequent intensiv bleibt.
Als weitere Möglichkeit, einem Gegner Schaden zuzufügen, gibt es die speziellen Klassenangriffe, die per L+A und so weiter ausgeführt werden. Klassenangriffe können aber nur ausgeführt werden, wenn die KA-Anzeige ausreichend voll ist. Damit das der Fall sein kann, lassen alle Gegner bei Angriffen regelmäßig blaue Splitter fallen, die wir nur durch in die Nähe laufen einsammeln müssen. Jeder Splitter füllt die KA-Anzeige ein wenig. Ist die Anzeige voll genug für einen der Klassenangriffe, können wir ihn ab dann ausführen und gehörigen Schaden anrichten - wenn der anvisierte Gegner nicht vorher doch noch ausweichen kann. Schon deshalb ist es unentwegt spannend in knappen Momenten, weil ein Klassenangriff so eben nicht die "Beseitigt alle Probleme"-Rundumlösung ist. Sein Einsatz ist immer begrenzt auf den KA-Füllstand und auch dann muss man auf den rechten Moment warten.
Nach einem Kampf gibt es dann die wohlverdienten Goodies: Manchmal Items und Geld, aber immer Erfahrungspunkte, damit unsere Charaktere im Laufe der Zeit stärker, schneller, robuster werden oder mächtigere Zauber sprechen können. Damit einher geht, dass ein Charakter ab seinem 18. Level - und später nochmal ab dem 38. Level - seine Klasse wechseln kann und damit entsprechend neue Fähigkeiten erhält. Dieses Konzept ist also unverändert geblieben. Anders ist jedoch, wie geskillt wird. In Seiken Densetsu 3 gab es bei jedem Level-up die Möglichkeit, zusätzlich einen der Werte - darunter Stärke, Intelligenz oder Geist - um eins zu erhöhen. In Trials of Mana ist es so, dass es pro Level-up Lernpunkte gibt. Diese können wir aufsparen, um den Charakter später sinnvoll zu skillen, oder aber auch sofort vergeben.
Wir skillen dabei aber ncht unbedingt die Werte eines Charakters, sondern lassen ihn auch passive Fähigkeiten oder Zauber lernen, die er nur auf diese Weise lernen kann. Wir haben Gnom (den Erdmagier) in unserer Truppe, der uns nun seine Zauber anwenden lässt? Super, aber die können wir nur nutzen, wenn wir sie über die Lernpunkte hinzuskillen - und die kosten nicht selten 3 oder 6 Lernpunkte. Selbiges gilt für passive Fähigkeiten, die etwa alle Zauber um 5% stärker machen oder im Kampf alle 10 Sekunden etwas Lebensenergie regenerien. Da ein Charakter aber nur sehr wenige Passivfähigkeiten-Slots hat (pro Klassenstufe zwei), sollten diese passiven Fähigkeiten mit Bedacht geskillt, beziehungsweise angelegt werden. Immerhin dürfen wir passive Fähigkeiten so oft wir wollen neu an- oder ablegen, wenn wir eine neue erlangen, die uns besser als eine alte gefällt.
TECHNIKNatürlich sind nicht nur die Kämpfe in 3D, sondern alles andere auch. Das Streifen durch die Umgebung, das Bewegen durch Höhlen, Schlösser, Städte... Und Trials of Mana sieht dabei stets wundervoll aus. Alles ist farbenfroh und flüssig animiert, behält aber die ursprünglichen Strukturen und Rätseleinlagen bei, wie etwa das Umlegen von Schaltern, damit Korridore zugänglich werden. Die Transformation in 3D gelang auch für alle Personen, die in der Welt von Trials of Mana leben, ebenso wie für alle Areale. Der Wiedererkennungswert beider Aspekte ist unglaublich hoch und sehr hübsch anzusehen. Für die beiden Charaktere Resi und Angela würde ich sagen, dass sie fast schon zu hübsch anzusehen sind - etwas weniger sexy hätte es auch getan. Ihre Kleidung bedeckt mit jedem Klassenaufstieg immer weniger Haut. Darüber kann man hinwegsehen, aber nötig war es war nicht.
Muskalisch legt Trials of Mana ebenfalls zu. Man erkennt die großartigen und sehr stimmungsvollen Super-Nintendo-Tracks jederzeit und problemlos wieder, man hielt sich also sehr, sehr nah an die Vorlagen. Doch alles klingt transparenter und klarer. Die Musiken fräsen sich in die Gehörgänge und nicht selten hatte ich direkt nach dem Aufwachen diese oder jene Melodie im Sinn. Allerdings gilt auch hier, dass, wer möchte, die Musik ins Old-School-Gewand umstellen kann, sodass es ganz exakt so klingt, wie einst auf Nintendos 16-Bitter. Die Qualität der Sprachausgabe ist sehr hoch, könnte punktuell aber manchmal etwas besser sein. So sind alle Schlüsselfiguren toll eingesprochen, gerade Charlotte und die Fee sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. Doch bei einer Handvoll Bösewichte klingt es bisweilen theatralisch affektiert und dann und wann deutlich geixt. Auch das ist nicht per se ein Schwachpunkt, fällt zwischen den ansonsten sehr gekonnten Performances aber doch ab und zu auf.
Trials of Mana bietet vier Schwierigkeitsstufen, die vor allem festlegen, wieviel Schaden Gegner machen und wieviel Schaden wir selbst anrichten. Vor dem Spiel, aber auch sonst zu jeder Zeit - außer während eines Kampfes -, kann man zwischen den Schwierigkeitsstufen wechseln. Wem also "Normal" nicht hargesotten genug ist, kann um bis zu zwei Schippen drauflegen. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass alle Bosse ihre besonderen Stärken, Schwächen und Angriffsmuster von einst beibehielten, aber deutlich dynamischer agieren. Was nicht zuletzt auch am überarbeiteten Kampfsystem liegt, aber auch daran, dass, hier nenne ich gern Genova, manchmal Dinge hinzukommen, die bei Seiken Densetsu 3 damals nicht, oder in dieser Form nicht, enthalten waren. Das ist grundsätzlich immer sehr willkommen, weil auch Fans aus alten Tagen so neues und unerwartetes vorfinden, statt einfach wieder nach Schema F vorgehen zu können. Nur ist es bei wenigen Ausnahmen, darunter Genova, etwas zu viel des Guten - und das bereits auf "Normal" -, was da alles los ist, Himmel hilf!
Sehr gefallen tut mir auch der Bereich, in welchem ich die von der CPU gesteuerten Charaktere meiner Dreier-Party konfigurieren kann. Einfach nur komplett passiv bleiben, aber heilen, wenn nötig? Immer nur volle Kraft voraus und auf alles losprügeln? Dabei Rücksicht auf Mana-Punkte- und Itemvorrat nehmen? Oder immer schön raushauen, solange noch da ist? Nein, hier gibt es nicht nur Extreme, sondern auch diverse Zwischenschritte, mit denen man die Charaktere ganz gut feintunen kann, damit sie sich - nach den eigenen Vorstellungen - recht optimal verhalten. Dennoch kann per Druck auf ZL und ZR zwischen allen Charakteren durchgewechselt werden, wenn wir gerade jemand anderen aktiv steuern wollen.
Was mich an Trials of Mana allerdings immer mal wieder störte, ist ein sowohl praktisches, als auch manchmal unnötiges Feature. Ein gelber Stern zeigt stets und ständig an, wohin wir als nächstes laufen müssen, damit es in der Story vorangeht. Lautet die aktuelle Quest zum Beispiel "Finde Person X, um von ihr Y zu erhalten", müssen wir sie nicht lange suchen, sondern nur dem Stern folgen, der die Tür zeigt, durch die wir gehen sollen, um direkt zu Person X zu gelangen. Sind wir durch diese Tür gegangen und im nächsten Raum, deutet der Stern auf die dortige nächste Tür und so weiter, bis er am Zielort zeigt, wo Person X sich aufhält. Es gab Situationen, da wusste ich dieses Feature zu schätzen, denn ab und zu war es nett, nicht ziellos durch eine schier endlose Verkettung von Höhlenpassagen mit zig Abzweigungen und Ausgängen zu irren, sondern flott am Ziel zu sein. Aber ich stellte auch fest, dass ich bisweilen nur noch auf den jeweils nächsten Stern zulief und die auf dem Weg liegenden Kämpfe absolvierte: Ich erforschte die Umgebung kaum noch, sondern ging sozuagen eine Quest nach der anderen ab, wodurch das Abenteuer sich eben nur noch auf sich selbst konzentrierte: Den jeweils nächsten Event triggern, damit die Geschichte fortschreitet.
Abschalten lässt sich die Sternmechanik zwar, aber nur im Zusammenhang mit der Minimap, die der Orientierung dient. Dies voneinander unabhängig, oder den Stern nur auf Wunsch explizit für die gerade aktuelle Aufgabenstellung innerhalb einer Quest einzublenden, ist gewiss ein sinnvolles Update für einen Patch. Doch ob mit Minimap oder ohne, es gibt immer die Möglichkeit, via Minus-Taste die Gesamtmap des momentanen Areals aufzurufen. Ein halbwegs akzeptabler Kompromiss, wenn man auf eine Karte nicht, aber auf den Hinweis-Stern sehr wohl verzichten möchte. Fairerweise muss ich aber auch zugeben, dass es mir nach etwa dem ersten Drittel der Spielzeit immer besser gelang, diesen Stern einfach zu ignorieren und mich in Ruhe umzusehen, um etwa nach versteckten Schatzkisten Ausschau zu halten, und ihn nur dann zu beachten, wenn ich mich gerade verlaufen hatte und den Weg nicht von selbst zurück fand.
FAZITTrials of Mana hat mich mehrere Tage nicht mehr losgelassen, und als ich es von vorn bis hinten durchgezockt hatte, was rund 30 Stunden Nettospielzeit benötigte, zog ich gleich nochmal mit einer anderen Dreiergruppe los. Story, Grafik, Sound, Umfang - einfach nur großartig. Square Enix hat seine Hausaufgaben gemacht und konsequent an den Kritikpunkten, die durch das Remake von Secret of Mana aufkamen, gearbeitet - und noch jede Menge Ideen, die das Spielgefühl sehr positiv beeinflussen, draufgelegt.
Für mich ist dieses Remake von Trials of Mana ein Vorzeigebeispiel für ein hervorragend umgesetztes Remake, das dem Original treu bleibt und es trotzdem durch und durch revitalisiert. Unbedingt kaufen - sowas von geil!