Wir beginnen als die junge Frau Ida. Wir leben auf einem kleinen Hof und sollen für die auf dem Herd schon köchelnde Mahlzeit schnell noch einige Zutaten sammeln. So lernen wir auch die grundlegendsten Aktionen: Wir laufen in einer (quasi-)offenen 3D-Spielewelt herum und sammeln Dinge wie Pflanzen, Mineralien und dergleichen. Nun gehen wir zum questgebenden NPC zurück und nach einem kurzen Dankeschön-Dialog erhalten wir Zugriff auf weitere Gebiete der Spielewelt - wo neue Quests auf uns warten.
Gerade während der ersten 2-3 Stunden lernen wir vor allem erstmal alle weiteren Gameplay-Aspekte kennen. Denn Ida kann auch kämpfen. Für den Kampf stehen verschiedene Waffengattungen zur Verfügung, wie Schwert, Hammer oder Pfeil und Bogen, und Rüstungen gibt es ebenfalls unterschiedliche. Waffen und Rüstungen werden im Laufe der Zeit immer besser, wenn wir jeweils neue Materialien fanden und diese entsprechend kombinieren. Und Materialien werden wir viele finden - sehr viele! Doch können wir uns ihnen nicht nur Ausrüstung herstellen, auch andere nützliche Dinge, wie zum Beispiel Gerichte, durch deren Verzehr wir Lebensenergie zurückerhalten, gehören dazu. Nicht zu vergessen Magie, wie Eis und Feuerzauber, die wir dann auf Feinde schleudern können. Im Gegenzug zu Titeln à la Breath of the wild aber, wo es eine praktisch unendliche Menge an Rezepten gibt und wir eigentlich nur dieses und jenes in den Topf werfen und *puff* haben wir etwas gezaubert, ist es bei Windscape so, dass immer vorgegeben wird, was wir köcheln könnten, sofern wir diese und jene Materialien besitzen.
Selbst ein simples Level-up-System ist vorhanden. Idas Lebensenergie ist anfangs auf 100 Punkte begrenzt, wächst im Laufe der Zeit aber immer weiter an, nach jedem Bosskampf ein wenig mehr. Skilltrees oder Fertigkeiten, die separat gelevelt werden, sind indes nicht vorhanden. Idas Stärke, Schnelligkeit und all das, ist jederzeit gleich, und lassen sich nur durch die gerade getragene Ausrüstung verändern. Auch sekundäre Waffen oder Items gibt es keine. Wir können zwar stets und ständig zwischen allen Waffen durchwechseln, aber wir können nicht etwa auf dem einen Button mit dem Schwert schwingen und mit dem anderen Button einen Zauber vom Stapel lassen. Wollen wir den Angriff wechseln und nun mit Waffe X oder Zauber Y angreifen, müssen wir dies immer zuvor explizit auswählen, also Waffe/Zauber über den Iventar wechseln. Das ist hin und wieder etwas ermüdend, selbst, wenn man über ein Quick-Access-Menü zwischen allen Waffen und Zaubern wechseln kann, ist das a) nicht "quick" genug, weil man alles einzeln von links nach rechts durchwählen muss, und somit ist es b) umständlich. Denn zumindest ich habe eigentlich fast immer mit der gerade mächtigsten Hiebwaffe oder, noch lieber, mit Pfeil und Bogen hantiert - je nach Distanz zu einem Gegner. Und immer mal wieder hätte ich sehr gern ohne das Dauergewechsel gespielt, denn ich wollte mich andererseits auch nicht auf eine einzige Waffe reduzieren lassen. Und außerdem: Selbst die Zeldas auf dem Gameboy boten an, (immerhin) zwei Waffen oder Items gleichzeitig ausgerüstet zu haben.
Innerhalb einer Quest gibt es zur Auflockerung die zu erwartenden Rätseleinlagen: Schalter umlegen, Plattformen aktivieren, Gegenstand A finden, zu Person B bringen, dafür Gegenstand C erhalten und dergleichen. Schade ist nur, dass es Windscape nicht gelingt, sein auf Quests basiertes Prinzip etwas besser zu kaschieren. Es gibt viel zu wenig nebenbei zu tun oder zu erkunden. Man stößt nie zufällig mal auf irgendwas unerwartetes und man entdeckt auch nie eine geheime Höhle, in der irgendwas tolles auf unseren Fund wartete. Sicher, es gibt Höhlen, Verließe und alles das. Sogar jede Menge davon. Aber entweder endeckt man sie tatsächlich von allein, aber dann ist darin nichts besonderes zu finden, außer vielleicht einigen Gegnern und einer Handvoll Standardmaterialien, oder es sind eben Orte, zu denen man ohnehin durch das Questsystem gelangen wird. Selbst das könnte ich aber noch lächelnd wegwinken, wenn ich dort auch mal ohne erst auf einen Trigger - meistens durch Gespräche mit NPCs! - warten zu müssen, der mein Tun legitimiert. Wir bekommen ein neues Gebiet fast immer erst dann vom Spiel geboten, wenn es der Spielfortschritt vorsieht, und wir können auch in gerade nagelneuen Gebieten nichts erledigen, das nicht vorher durch einen NPC-Gesprächs-Trigger zum Erledigen freigegeben wurde.
Und das ist das eigentliche Manko an diesem ansonsten wirklich schicken Titel. Man wird zu sehr an die Hand genommen und eigene Entdeckungen werden nicht nur nicht belohnt, sondern verhindert. Dadurch ist Windscape ohne Überraschungen und Aha-Erlebnisse hat man so gut wie nie. Windscape verlässt sich zu sehr auf etablierte Standards. Was ansich nicht per se ein Problem ist, doch so gut diese etablierten Standards in sich selbst funktionieren, ohne Elemente der Spannung, oder der Befriedigung, etwas auf eigene Faust entdeckt, damit auseinandergesetzt und es schlussendlich gelöst zu haben. Selbst spannende Momente sind zur rar gesäht und entstehen zumeist nur, wenn Gegner in großer Überzahl vorhanden sind. Einzeln, oder zu zweit oder manchmal noch zu dritt, sind sie alle leicht zu besiegen. Ausnahmen bilden hier höchstens einmal diverse Zwischen- und Endbosse, bei denen es ein-,
zwei Anläufe dauern kann.
Die Steuerung geht gut von den Fingern und man hat die Buttonbelegung schnell verinnerlicht. Ich habe mir nur häufig gewünscht, dass zwei Buttons für Waffen vorhanden wären, sodass ich zwei Waffen, ohne dauernd hin- und herzuwechseln, parat haben kann. Grafisch ist Windscape grob auf PlayStation-2-Niveau, also nicht gerade state-of-the-art. Aber dennoch hat dieser eher simple Grafikstil seinen Charme. Vermutlich sogar gerade deswegen: Windscape ist durch seinen visuellen Artstyle ungeheuer sympathisch. Und es gewinnt sogar nochmal durch seinen Soundtrack. Dieser ist meist ruhig und eher im Hintergrund bleibend, sodass Soundeffekte eher deutlicher zu vernehmen sind. Nur, wenn Gegner sich nähern, klingt es bedrohlich. Dadurch entsteht aber auch ein kleines Wechselbad der Gefühle. So laufen wir etwa durch ein Waldgebiet. Alles ist friedlich. Da kommt ein Gegner, die Musik wird hektisch und unheilschwanger. Wir besiegen den Gegner. Die Musik ist wieder ruhig, und wir laufen weiter. 5 Sekunden später kommt ein neuer Gegner... Wäre die "Gegner in der Nähe"-Musik zwar aufmerksam machend, aber eben nicht so dermaßen anders klingend, wäre das sicher anders zu bewerten. So aber nervt es eher, dass regelmäßig die Musik wechselt.
FAZITWindscape hat sehr gut Ansätze, und insgesamt hatte ich eine angenehme Zeit damit. Darum plädiere ich in jedem Falle für einen zweiten Teil. Aber dieser müsste mehr Herausforderung und Freiheiten bei der Erkundung der Welt bieten. In einem Action-Adventure sollte die Action nicht bloß fast ausschließlich aus einfachen Kämpfen bestehen, und das Adventure nicht aus und dem Abarbeiten von einer Quest nach der anderen. Es fehlen Überraschungen, das Befriedigen des Erkundungswillen und drei, vier große, erinnerungswürdige Momente im Storyverlauf.