SCHÖNER ABENDDa wollten wir uns neulich einen schönen Abend machen. Wir klickten im eShop auf die Downloads und warteten dann, während wir die Download-Verwaltung betrachteten, dass unsere Panorama Views bald losgehen würden, je ca. 350-520 MB. Zwar nicht wenig, aber viel auch wieder nicht.
Dummerweise sah die Wii U das offenbar anders. 20-40 Minuten pro Video dauerte es pro Download (bei einer DSL16000er-Leitung, SEHR nah am Knotenpunkt!). Na gut, dachten wir uns zuerst noch, während die anderen Videos laden, befassen wir uns solange mit dem ersten, sobald es bereit ist. Hier also schon mal der erste Tipp: Wer einen Wohnzimmer-Trip mit "Wii U Panorama View" in Gesellschaft plant: Vorher downloaden!
BLICKRICHTUNGDas erste Video war dann fertig: "Mit der Rikscha durch Kyoto". Voller Vorfreude wurde es gestartet. Eine mit dem GamePad, einer, der erstmal nur am Fernseher zuguckt. Optionen in irgendeiner Art und Weise gibt es nicht, allerdings kann mit + (lies: plus) pausiert werden - und das führt dazu, dass ich dauernd von "Videos" spreche, denn es sind wirklich nur Videos. Ist das Video nämlich pausiert, erscheint ein Zeitfortschritts-Balken, auf dem man das Video an jede Stelle direkt hinspringen lassen kann. Der Rikscha-Panorama-View dauert demnach exakt 7 Minuten und 21 Sekunden.
Aber nun lassen wir erstmal alles auf uns wirken. Wirklich toll, wie die Gegend ausschaut und man kann wirklich stufenlos in absolut jede Richtung gucken - in jede! Überall ist was zu sehen. Mit dem rechten Analog-Stick kann ran- und weggezoomt werden, mit dem linken kann der momentane Blickwinkel um wenige Grad in die gedrückte Richtung geneigt werden. Mit den Tasten L oder R kann sogar entgegengesetzt zur aktuellen Blickrichtung geguckt werden. Das bedeutet, man richtet seinen Blick um genau 180° gewandt, ohne, dass man sich um die eigene Achse drehen muss - sehr, sehr praktisch. Als letztes Feature kann man mit - (lies: minus) der Blickwinkel auf die Position des GamePads in Relation fixiert werden. Man kann also versetzt zum Fernseher sitzen und eine für die eigene Körperhaltung bequeme Position einnehmen, man drückt dann - (lies: minus) und es ist, als würde man direkt gerade ausschauen. Abgesehen vom langem Download und der doch zu erwartenden kurzen Dauer von etwas über 7 Minuten, ist der Eindruck bislang super.
RIKSCHADer Rikscha-Mann sieht freundlich und fröhlich aus, erzählt uns (auf Japanisch) irgendwelche Dinge - die wir aber natürlich nicht verstehen, da Untertitel oder weitere Tonspuren nicht gegeben sind. Aber egal, wäre man direkt vor Ort, wäre es ja genauso, säße man in einer Rikscha. Schick. Doch nach ca. 30 Sekunden gibt es einfach so einen Schnitt im Video. Man ist nun nicht mehr auf einem gepflastertem Weg in eines Dorfes, sondern auf einer betonierten Straße mit Zebrastreifen, Verkehrsschildern und einigen Fahrzeugen, als der Rikscha-Mann auch schon in ein Gässchen abbiegt. Nach knapp 90 Sekunden wieder ein Schnitt. Wir sind jetzt auf einer Art Allee mit Bäumen und Büschen, doch nach 40 Sekunden erneut ein Schnitt... Ein Schnitt, der auf eine Brücke mit wunderschöner Aussicht führt, blendet gar nach nur wenigen Augenblicken gleich wieder woanders hin. Und so geht das die ganzen 7 Minuten und 21 Sekunden: Selten verweilt eine Szene besonders lange, bzw. der gesamte Rikscha-Trip ist zwar sauber und nahtlos ineinenader geschnitten, aber eine Fahrt am Stück wäre wirklich wesentlich toller gewesen, oder vielleicht auch eine vorherige Auswahl, welche Route man nehmen möchte.
FLUGDRACHENDer Vogelflug, der dann auch irgendwann bereitstand, gab seine Dauer mit 5 Minuten und 45 Sekunden an und da wir von der Rikscha schon alles kannten, lassen wir den Vogelflug nun einfach so wirken. Wow, ist das schön. Ganz ehrlich! Hoch oben, in einem Flugdrachen, ganz nah bei den Vögeln. Dazu auch die leicht bombastische, aber träumerische Musik - echt toll! Man sieht alles von oben. Einziger Kritikpunkt sind wieder die Schnitte. Nach jeweils 20-30 Sekunden erfolgt ein Schnitt. Wir sind zwar stets in der Luft, nah bei den Vögeln, aber die Umgebung sieht dann plötzlich immer wieder anders aus. Mal Straßen, mal ein Acker, auf dem gerade etwas wächst, dann kleine Flüsse, dann sogar das Meer.
DOPPELDECKERUm es kurz zu machen: In London ist man 9 Minuten und 46 Sekunden unterwegs und Schnitte gibt es auch wieder regelmäßig, allerdings seltener. ABER: Als der Bus gezwungen ist zu warten, weil die Bridge hochgezogen und runtergelassen werden muss, was macht das Video? Es läuft solange in dreifacher Geschwindigkeit ab... Hmpf! Da hat man mal Zeit, sich alles anzugucken und auch den Bridge-Vorgang in Ruhe zu genießen. Bei einer Stadtrundfahrt ist doch gerade DAS ein Highlight, was soll das? Vermutlich wollte man Zeit einsparen, damit das Video nicht zu lang und somit nicht zu groß wird.
KARNEVALIm schönen Rio halten wir uns 7 Minuten und 41 Sekunden auf, inmitten einer Straßenzug-Parade voller fröhlicher, ausgelassener Menschen. Perkussive, rhytmische Musik, begleitet vom Gesang aller Anwensenden, Tänzer und Tänzerinnen, bunt gekleidet, wie Paradiesvögel. Während die Musik im Video keinerlei Sprünge/Schnitte hat, sondern sauber am Stück durchläuft, blendet das Bild so alle 20-30 Sekunden uns mal an diese und mal an Stelle im Geschehen.
TECHNIKTechnisch ist mit den Videos alles in Ordnung. Bei vollen 360° überall hingucken zu können, ist erstaunlich und verblüfft sogar ein wenig. Dennoch muss man zugeben, dass die Videos manchmal, wenn beispielsweise nah an der Kamera mehrere Büsche vorbeihuschen, eine leichte Unschärfe zu erkennen ist; aber nur, wenn man wirklich unbedingt darauf achten will. Doch alles in allem kann man die Wiedergabequalität mehr als gelten lassen.
Die Funktionen des "Videoplayers" sind sinnvoll wie praktisch: Zoomen, Justage des Blickwinkels. Gefehlt hat nur, das gerade aktuelle Bild einfrieren zu können, um sich in aller Ruhe umzugucken. Doch anhalten kann man nur das gesamte Video, sodass auch die Musik direkt stoppt und das Bild stark abgedunkelt wird, weshalb nun nichts mehr zu erkennen ist. Sehr schade!
Ein wenig störend sind Verpixelungen hier und dort. Dass Gesichter von Passanten verpixelt werden, ist verständlich. Aber wenn man beispielsweise in der Rikscha sitzend geradeaus guckt und am unteren Bildrand einen großen Unschärfe-Verpixelungsmatsch sieht, dann hemmt das die Atmosphäre. Wobei die ja eh schon etwas gehemmt ist. Erst wartet man über eine halbe Stunde für ein paar Minuten Video und dann ist es voller Schnitte, statt "aus einem Guss".
FAZITAus einem Guss hätte auch ruhig die gesamte "Panorama View"-Erfahrung sein können. Man startet das Hauptprogramm und wählt darin das gewünschte Video. Aber leider ist jedes Video einzeln gehalten, muss einzeln geladen, installiert und auch betrachtet werden. Dazu kommt, dass die Software sich keine Mühe macht, die Videos nicht als Videos zu erkennen zu geben: Man kann nicht selbst bestimmen, wohin es geht, Schnitte usw. Der Gedanke, dass das alles nur ein von allein ablaufender Film ist, der eh nach wenigen Minuten wieder vorbei ist, nimmt viel von der Faszination.
Mein Besuch am genannten Abend meinte sogar, dass Wii Street U, die Google-Earth-ähnliche Software im eShop, eigentlich irgendwie dasselbe wäre, und wenn Wii Street U auch kein flüssiges Begehen von Straßen erlaube, könne man überall hin und sich solange alles angucken, wie man wolle. Und ich kann meinem Besuch da nur beipflichten! Um manchmal nicht-technikversierte Verwandte in Erstaunen zu versetzen, ist Panorama View gut geeignet - doch für einen schönen Abend oder eine entspannende halbe Stunde nicht. Und das für je 1,99€ pro Video? Ähem...