Ohne irgendeine besondere Erwartung zu haben, lud ich SteamWorld Dig herunter und startete es direkt darauf das erste Mal - es ist 18 Uhr. Wenig später gucke ich auf die Uhr und sie zeigt an, dass es mittlerweile 21:43 Uhr ist. Ich habe nicht gemerkt, wie es immer dunkler wurde und nach und nach nur noch mein Fernseher die einzige Lichtquelle ist. ...sowas passiert bei mir heute höchst selten. ...und bei SteamWorld Dig passierte es also. Kurz: Das Spiel hatte mich in seinen Bann. Ehe ich's mich versah, hatte ich mich tiefer und tiefer ins Abenteuer gestürzt...
Aber worum geht es eigentlich? Nun, in dieser Mischung aus
Boulder Dash und Metroid spielen wir den Roboter Rusty. Der traf gerade in der Westernstadt Tumbleton ein, um seinen verstorbenen Onkel zu beerben. Das Erbe: Des Onkels alte Mine. Rusty spricht also zunächst mit Lola, der Saloon-Dame, die ein paar kleine Infos für Rusty hat, jetzt folgen noch Dorothy, bei der Rusty im Laufe seines Abenteuers alle wertvollen Funde zu Gold machen kann, und Cranky, bei dem Rusty sein Gold in Ausrüstung investieren kann.
Aber welche Funde macht Rusty und wofür braucht er die Ausrüstung? Nun, Rusty gräbt sich durch die Mine seines Onkels. Er wird tonnenweise Sand, Steine und Geröll wegschaufeln und -bohren, und wird dabei immer mal wieder auf Edelsteine stoßen. Doch das ist nicht alles. Man munkelt, tief in der Mine sei ein Geheimnis verborgen - und Rusty will natürlich wissen, was es damit auf sich hat. So gräbt und bohrt Rusty sich mehrere hundert Meter in die Erde, sammelt begierig die Edelsteine auf, verkauft sie bei Dorothy und kauft nun Ausrüstung, um immer tiefer vordringen zu können.
Da mit der Zeit die Erde fester wird, ist Rustys einfache Spitzhacke irgendwann nicht mehr ausreichend, also braucht er eine bessere, und später wieder eine bessere und so weiter... Irgendwann wird das Gestein so massiv, dass Rusty oft nur noch bohren kann. Dafür langt aber nicht nur ein Bohrer, sondern dieser benötigt Wasser, um nicht zu überhitzen - ohne Wasser also keine Bohrungen. Da Wasser unter der Erde nicht sehr oft anzutreffen ist, muss Rusty sparsam damit umgehen, oder durch Ausrüstung die Gewinnung und Nutzung des Wassers optimieren. Selbst weitere Wassertanks kann Rusty kaufen, um noch mehr Wasser bei sich tragen zu können.
Denn bald schon ist Wasser nicht mehr nur für's Bohren notwendig, denn Rusty wird spezielle Fähigkeiten lernen werden, die ihm ebenfalls seinen Wasservorrat dezimieren, wenn diese Fähigkeiten eingesetzt werden.
Allerdings trifft Rusty auch auf viele Gegner. Da gibt es Skelette, Insekten und später sogar Laserfallen oder Maschinen, die blitzschnell rasen und sogar explodieren können. Rusty kann und sollte diese Gegner natürlich ausschalten - mit seiner Spitzhacke oder den anderen Fähigkeiten -, weil sie ihn sonst Energie kosten. Und das machen sie sehr, sehr gut! Nicht nur, dass das Vorankommen allgemein viel Vorsicht bedeutet, weil es auch Energie kostet, wenn Rusty aus allzu großer Distanz auf den Boden fiel (je tiefer er frei fällt, desto mehr Energie wird ihm beim Aufprall abgezogen - eventuell stirbt Rusty auf der Stelle, wenn die Energie dann nicht mehr ausreicht), sondern die Gegner geben sich alle Mühe, Rusty zu attackieren. Sie krabbeln, laufen Amok, feuern Laserstrahlen, schmeißen mit Dynamitstangen durch die Gegend...
Oder anders ausgedrückt: Der Schwierigkeitsgrad ist im oberen Härtegrad angesiedelt. Es gibt zwar unendlich viele Continues, weil man einen Tod "nur" in Gold bezahlt, das heißt, die bislang noch nicht eingetauschten Edensteine fallen am Todesort direkt zu Boden und müssen so dort wieder aufgegabelt werden, und Rusty verliert 50% seines momentanen Goldvorrates - und das kann bisweilen sehr bitter sein und den Kauf eines beinahe zusammengesparten Goodies wieder in weite Ferne rücken lassen. Das lässt sich dann auch nicht wieder rückgängig machen, weil das Spiel regelmäßig auto-speichert, wenn Rusty stirbt, die Stadt betritt, gerade etwas kaufte und so weiter...
So ist verlorenes Gold auch wirklich verloren, zumal die Mine sich nicht wieder regeneriert. Das Spiel merkt sich die Mine jederzeit zu 100% so, wie Rusty sie durch seine Buddelei "gestaltet". Das heißt, man beendet nicht das Spiel, startet neu, lädt seinen Save und schon ist die Mine "wie neu", sondern das ist die Mine nur, wenn man einen neuen Save beginnt. Somit bleibt jeder einmal abgetragene Gesteinsblock abgetragen, jeder einmal geschürfte Edelstein bleibt geschürft, jede einmal aufgestellte Leiter bleibt aufgestellt...
Manche ahnen hier vielleicht schon was: "Moment mal, was ist denn, wenn ich dummerweise so grabe, dass es weder vor noch zurück geht, ich aber schon 5 Stunden gezockt habe und nicht von vorne anfangen will! Was mache ich denn dann?" Nun, dann fängt man tatsächlich ganz von vorne an. ABER soweit sollte es nicht kommen. Durch die Fähigkeit, Teleporter (aus der Mine direkt nach Tumbleton) und Leitern kaufen und in der Mine aufstellen zu können, sollte es theoretisch immer einen Notlösung geben - im schlimmsten Falle wählt man "Selbstzerstörung", das kostet zwar 50% des Goldes, aber das ist besser, als den ganzen Fortschritt zu verlieren, und es geht irgendwie weiter.
Das schliesst zwar nicht vollkommen aus, dass es nicht vielleicht trotzdem passieren könnte, dass man so ungeschickt grub, dass man keinerlei Edelsteine mehr finden könnte, um davon etwa Leitern oder Dynamit zu kaufen, aber das sollte sehr selten passieren - mir jedenfalls passierte es nicht, und ich war tatsächlich 2-3x in einer Lage, wo ich dachte, dass ich feststecken würde, aber mit etwas Phantasie - und notfalls der Selbstzerstörung -, kam ich dann doch weiter.
Ich erwähnte zu Beginn ja "Metroid" - aber warum? Nun, dieses Gefühl, dass man ganz allein ist, gepaart mit der spukigen Westernmusik, während man ab und zu Gegner wegpustet, diversen Fallen ausweicht und man sich tiefer und tiefer und tiefer sein eigenes Labyrinth gräbt, stößt man hin und wieder auf kleine Extrahöhlen, deren Zugänge man sich nur freigraben muss, und in diesen Höhlen sind einerseits Bonusedelsteine - aber auch Gegner! - versteckt, und andererseits Power-ups, sodass Rusty mit der Zeit also einen Doppelsprung ausführen oder einen mächtigen Faushieb aus der Distanz heraus vollführen kann. Alles das ist bei Metroid im Grunde haargenauso...
Wie ich außerdem zu Beginn erwähnte, hatte das Spiel mich in seinen Bann gezogen, ohne, dass ich es merkte - und die Stunden schmolzen dahin. Das wich aber nach weiteren 1-2 Stunden. Alles in allem wiederholt sich das Gameplay irgendwie zu sehr, fängt an, etwas monoton zu werden. Dabei liegt das nicht wirklich am Gameplay selbst, sondern viel mehr an der Abwechslung. Man wird das Gefühl nicht los, dass das Graben in der Mine allein dem Zweck dient, Gold anzuhäufen, das man zum Graben in der Mine ausgibt, damit man Gold anhäuft, das man zum Graben in der Mine... Naja, ihr versteht schon. Es fehlt eine Art Gesamtbild, das deutlich macht, warum man nun wirklich seine Zeit investieren sollte. Aber das gibt es leider nicht. Es gibt keinen Time-Trial-Modus, keinen Highscore-Modus, keinen "100% des Spiels erkundet"-Bonus, keinen "Einmal sterben bedeutet sofortiges Spieleende"-Modus; und man baut auch nicht die Stadt aus, oder sowas. Man kann auch nicht einen bestimmten Teil der Mine immer wieder spielen, um ihn möglichst geschickt von seinen Edelsteinen zu befreien, um vor den anderen damit anzugeben. Es gibt nichts, was einen vordergründigen Anreiz böte - außer dem eigentlich wirklich sehr spaßigen Gameplaykonzept, doch diesem geht nach wenigen Stunden die Luft aus.
Meine anfängliche Begeisterung wich einer gewissen Ernüchterung, obwohl alles in Ordnung war. Doch mir fehlte ein wesentliches Ziel, ein Grund, weiterzuspielen. Dazu musste ich mich zwar nicht unbedingt zwingen, doch so wirklich bei der Sache war ich auch nicht mehr. Es war nur noch Routine, weil Rustys Fähigkeiten, Energie- und Wasservorräte mittlerweile so sehr ausgebaut waren, dass ich kaum noch auf echte Hürden stieß. Natürlich starb ich weiterhin an einigen Stellen, weil die Gegner gewiefter waren als ich, aber das somit verlorene Geld juckte mich überhaupt nicht.
TECHNIKGrafisch erinnert SteamWorld Dig oft an die aktuellen Rayman-Games, auch der Zeichenstil könnte theoretisch von den Rayman-Machern sein. Und das ist definitiv etwas Gutes. Zu diesem gesellt sich noch, dass es zu keiner Zeit ruckelt, oder sonstige Problemchen bei der Darstellung gibt. Das Spiel zeigt sich von seiner besten Seite.
Die Musik passt perfekt zu so einer Art Spiel. Ruhige Rhythmen und spukige Melodien, und die Effekte stoßen ins selbe Horn. Explosionen klingen wie Explosionen und jedes Mal, wenn zum Beispiel diese mechanischen Krabbeldinger meinen Rusty erspähen, jagt mir der jetzt hörbare Signalton einen kleinen Schreckensschauer über den Rücken. Nicht, weil der Ton so übel wäre, sondern weil er mich einfach überrascht und mich sein eindringlicher Klang aus der Konzentration reißt.
Der Umfang ist sicherlich Geschmackssache. Die Macher von "SteamWorld Dig" haben alles sauber aufeinander abgestimmt. Wann man welche Fähigkeiten erlernen darf, wann man welche Ausrüstung kaufen kann und so weiter. Es passt alles so gut zusammen, dass man nie zu schwach oder zu stark ist und es doch immer wieder erlernbare Fähigkeiten gibt, sodass man hin und wieder auf Elemente trifft, die selbst an bereits erkundeten Passagen doch noch neue Möglichkeiten freilegen. Es wurde also alles mit viel Liebe zum Detail abgestimmt und man spürt deutlich, wie viel Mühe man sich beim Balancing aller Zutaten gab.
Schön, dass auch Off-TV geboten wird, und das sogar in diversen Varianten. So kann einerseits mit TV und GamePad gemeinsam gespielt werden, sodass auf dem GamePad das Inventar mitsamt Karte abgebildet ist, oder man kann sowohl TV oder GamePad so einstellen, dass das Spielgeschehen mitsamt Inventar und Karte dargestellt wird. Spielt man also mit dem GamePad als Controller, kann man trotzdem alle Spielelemente auf das TV-Gerät verlegen, sodass das GamePad-Bild schwarz bleibt - allerdings wird lediglich ein schwarzes Bild angezeigt, der Touchscreen bleibt leider eingeschaltet. Für viele wohl kein wirklicher Minuspunkt, aber dennoch ein Detail, das etwas an mir nagt.
FAZITSteamWorld Dig ist ein im Wesentlichen sehr, sehr gelungener Titel, der - ob Absicht oder Zufall sei mal dahingestellt -, gerade dann absolviert ist, bevor er zu langweilen beginnt. Bis zu diesem Punkt hat man allerdings echt jede Menge Spaß und die Zeit verfliegt geradezu. Zum ein- oder vielleicht auch zweimaligen Durchspielen absolut geeignet, sofern man im Videospielen geübt ist, denn der Schwierigkeitsgrad kann durchaus als herausfordernd betrachtet werden, sodass die 7-9 Stunden Netto-Spielzeit nicht für Einsteiger/innen gedacht sind.
Nichtsdestotrotz geht SteamWorld Dig bei aller Pracht und Herausforderung gegen Spielende die Puste aus, was an mangelnden Spielvarianten, bzw. zusätzlichen Anforderungen liegt, wie beispielsweise eine Onlineliste der schnellsten Zeiten oder den wenigsten Toden für's Durchspielen, oder was immer es sonst sei.