2013 zeigte Nintendo erstes Bildmaterial zum damals noch geheimen Pokkén Tournament. Man sieht, wie sich zwei Pokémon im Kampf gegenüberstehen. Den kurzen Videoausschnitt ließ man damals unkommentiert im Raum stehen. Schon bald verdichteten sich die Gerüchte, es würde sich um ein Beat' em up im Stil von Street Fighter oder Tekken handeln. Vermutungen, die sich 2015 mit dem japanexklusiven Release des Arcade-Automaten Pokkén Tournament als wahr herausstellen sollten. Schnell war auch klar, es würde eine Umsetzung für die Wii U kommen. Nun ist es soweit, und die Sammelmonster ziehen unter dem Namen Pokémon Tekken auch auf Nintendos aktueller Heimkonsole in den Kampf. Es handelt sich um eine erweiterte Fassung der Automatenversion. Mal schauen, was der Prügler auf dem Kasten hat.
Nur Wenige sind auserkoren!Was ein Kampfspiel ausmacht, sind die Kontrahenten, die sich gegenseitig auf die Mütze hauen. Und da leistet sich Pokémon Tekken zumindest quantitativ bereits ein Foul. Zu Beginn stehen gerade einmal 14 Taschenmonster zur Wahl. Freischalten kann man dann noch zwei. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, daher liste ich nur einmal die Pokémon auf, die von Beginn an im Kader sind:
- Lohgock
- Pikachu
- Lucario
- Guardevoir
- Wrestler-Pikachu
- Gewaldro
- Gengar
- Machomei
- Rutena
- Skelabra
- Suicune
- Snibunna
- Glurak
- Knakrack
Jedes Pokémon ist dabei entweder der Gruppe Standard, wie Rutena, der Gruppe Kraft, wie Machomei und Skelabra, den Technikern, wie das gewitzte Gengar oder der Tempofraktion um Snibunna zugeordnet. Gut, die Kämpferauswahl ist bescheiden. Doch in Sachen Qualität der Kämpfer steht Pokémon Tekken viel besser da! Jedes Taschenmonster hat seinen ganz eigenen Kampfstil. Das Balancing ist recht gut gelungen, auch wenn nach einer Weile doch auffällt, dass einige Kämpfer stets etwas schwerer zu besiegen sind.
Pokémon-Kämpfe mal andersGanz entscheidend für den Spielspaß ist natürlich, was letzten Endes im Ring passiert. Zum Glück ist Pokémon Tekken mehr, als nur die Ausschlachtung eines Franchise. Man merkt dem Game an, dass die Macher der Tekken-Reihe ihr Know How eingebracht haben. Trotzdem ist Pokémon Tekken kein Abklatsch der berühmten Bandai-Namco-Reihe Tekken, sondern setzt auf ein eigenes System.
Die Kämpfe gliedern sich in zwei Phasen. Begonnen wird stets in der sogenannten Feldphase. Hier sind innerhalb der Arena dreidimensionale Bewegungen im Raum möglich. Der Abstand zum Gegner ist in der Regel recht hoch und so werden zu Beginn fleißig Feuerstöße, Wurfgeschosse und Energiestrahlen ausgetauscht. Diese Phase erinnert an die Dragon Ball Z-Spiele und kann spielerisch mit deren Finessen durchaus gleichziehen. Gelingt einem der Kontrahenten dabei ein besonders verheerender Treffer, ein Wurf oder ein Konter, geht das Geschehen in die Duellphase über. Hier bewegen sich die Charaktere nur zweidimensional, das bedeutet nur voneinander weg oder aufeinander zu. So ist man es aus dem meisten Beat' em ups gewohnt. Daher fühlt man sich hier auch am meisten an die namensgebende Tekken-Serie erinnert. Ganz klassisch gilt es, die Verteidigung des Gegners zu durchbrechen und möglichst viele Treffer zu langen Combos zu verketten.
Das Gameplay von Pokémon Tekken basiert dabei in beiden Phasen auf einem Schere-Stein-Papier-System. Ein Konter schlägt einen Standardangriff, welcher wiederrum einen Griff durchbricht. Die Konter lassen sich dagegen durch einen Griff wirkungslos machen. Gerade, wenn man gegen erfahrene Spieler antritt, ist es wichtig, auf Aktionen des Gegners entsprechend zu reagieren.
Die taktische Komponente kommt durch die Unterstützer-Pokémon ins Spiel. Davon gibt es viele verschiedene, unter anderen Porenta, Evoli, Fynx und Lapras. Je nachdem, welchen Effekt sie im Kampf haben, werden sie einer der drei Gruppen Unterstützer, Saboteur und Angreifer zugeordnet. So setzt der Angreifer Porenta die Zornklinge-Attacke ein, während Evoli die Angriffskraft erhöht und einige Kraftpunkte wiederherstellt. Da man diese Helfer nicht beliebig oft rufen kann, ist der Zeitpunkt ihres Einsatzes oft entscheidend. Glücklicherweise sind die Helfer durchdacht integriert, sodass das Feature nicht aufgesetzt wirkt.
Ebenso entscheidend ist, wann man sich den Resonanz-Modus zunutze macht. In diesem Modus, der sich bei aufgeladener Resonanz-Energie durch Drücken beider Schultertasten aktivieren lässt, sind die Angriffe der Recken deutlich wirkungsvoller. Außerdem verfügt jedes Pokémon über einen genauso individuellen wie verheerenden Limit-Move, der sich nur einmal im Resonanzmodus nutzen lässt. Geht er ins Leere, heißt es: "Chance vertan!".
Wer jetzt denken mag, das wäre alles zu kompliziert, dem sei gesagt, Pokémon Tekken ist sehr einsteigerfreundlich gestaltet und das Kampfsystem geht fix in Fleisch und Blut über. Es gibt mehrstufige Tutorials und einen Trainingsmodus, in dem sich die Combos üben lassen. Die Hürde ist auch sehr niedrig, da das Tempo im Vergleich zu Tekken und Konsorten gering ist.
Ein Paradies für RaufboldeIm Gegensatz zur Automatenversion beschränkt sich die erweiterte Wii U-Fassung nicht bloß auf eine Aneinanderreihung von Kämpfen. Es werden verschiedene Spielmodi geboten, die durch die Städte der Ferrum Region repräsentiert werden. Zentrales Element ist die Ferrum Liga. In diesem Modus muss der Spieler sich in unterschiedlichen Ligen bis an die Spitze kämpfen. Erreicht man nach Punkten die ersten Acht, bedeutet jede Niederlage den Rausschmiss aus der jeweiligen Liga. Nur wer am Ende den Liga-Leiter schlägt, darf in die nächste Liga aufsteigen. Dieses System ist sehr motivierend.
Für gewonnene Kämpfe erhält der man PG, die Währung in Ferrum und Erfahrungspunkte für das Pokémon. Durch das Sammeln von genügend Erfahrungspunkten lassen sich die Attribute des Schützlings, wie zum Beispiel dessen Angriff, verbessern. Mit dem Zaster kann man im Modus "Meine Stadt" den eigenen Avatar optisch aufmöbeln. Es gibt wirklich eine große Anzahl an Kleidungsstücken, Frisuren und Accessoires, sodass man eine ganz individuelle Figur erstellen kann. Erfreulicherweise sind die Gegenstände recht teuer. So hat man nicht schon nach kurzer Zeit alles erreicht. Ein Plus für die Langzeitmotivation.
In den Modi Einspieler-Kampf und Lokaler Kampf darf der Spieler selbst konfigurierte Matches gegen den Computer bzw. gegen einen Freund an derselben Konsole austragen. Hier werden sehr viele Einstellungsmöglichkeiten geboten. Von der Anzahl der gespielten Runden über die Dauer jeder Runde bis hin zu der Anpassung der Lebensenergie zu Beginn des Kampfes lässt sich fast alles Einstellen. So haben auch weniger erfahrene Spieler Chancen im Duell gegen Profis. Schön ist die Nutzung des Wii U-Gamepads im lokalen Multiplayermodus. Während ein Spieler den Fernseher nutzt, verfolgt Spieler Zwei das Geschehen auf dem Gamepad. Das bietet Beiden eine größere Übersicht.
Der Trainingsmodus wurde weiter oben bereits kurz erwähnt. Er ist logisch strukturiert und ermöglicht beides, sowohl einen schnellen Einstieg als auch die Perfektionierung einer fortgeschrittenen Kampfstrategie.
Neos City in Ferrum ist der Austragungsort des Online-Modus von Pokémon Tekken. Es ist kein Problem, gegen registrierte Freunde oder Zufallsgegner aus der ganzen Welt anzutreten. Die Suche nach einem zufälligen Gegner gelang dabei in meiner Testphase immer sehr schnell. Nach zehn Sekunden ohne Gegner startet zur Zeitüberbrückung ein Kampf gegen den Computer. Das war nur sehr selten der Fall. Sprich, es dauert meist kaum mehr als einige Sekunden, um einen neuen Rivalen zu finden. In den 54 Kämpfen die ich bestritten habe, kam es nur dreimal zu Lags. Die Server von Pokémon Tekken laufen also rund. Neben den hitzigen Kämpfen kann man den Online-Modus auch nutzen, um sich lokale oder internationale Punkteranglisten anzusehen. Alles in Allem hat mir der Online-Part sehr viel Spaß gemacht. Hier habe ich die meiste Zeit verbracht.
Rutena hat sich hübsch gemacht!Grafisch ist Pokémon Tekken gut gelungen. Die Pokémon wirken lebendiger als je zuvor. Auch die Arenen sind hübsch gestaltet. Einige davon präsentieren sich zudem gleich in mehr als nur in einem Gewand. So kann man sich mancherorts sowohl im Winter als auch im Sommer ein Stelldichein geben. Etwas deplatziert wirken bei all der Grafikpracht jedoch die Taschenmonster, die im Hintergrund des Kampfgeschehens ihr Unwesen treiben. Sie sind recht steif animiert und passen oft nicht zum Geschehen im Ring. Schade! Trotzdem bleibt die Atmosphäre dicht, nicht zuletzt wegen des treibenden Soundtracks. Nicht alle, aber zumindest ein Großteil der Hintergrundmelodien passen sehr gut zum hektischen Kampfgeschehen. Da bleibt von Seiten der Technik nur die Anbindung der Amiibo-Karte Mewtu zu erwähnen. Was sie genau macht, liegt vermutlich nahe, aber ich überlasse es Euch selbst, das herauszufinden. Manchmal ist weniger Information mehr!
FazitAls alter Pokémon-Fan bin ich von Pokémon Tekken begeistert! Das Lieblings-Pokémon selbst steuern und Anderen Saures geben. Damit geht für viele ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Aber auch für Beat' em up-Freunde, die den Sammelmonsterchen sonst nichts abgewinnen könne, bietet der Titel genügend spielerische Finesse, um wenigstens ein paar Runden probezuspielen. Das Kampfsystem ist definitiv ausgeklügelt, doch auch Einsteiger finden sich schnell zurecht. Das Ganze dann mit einer hübschen Grafik als Sahnehäubchen. Schade bloß, dass es so wenige Kämpfer ins Spiel geschafft haben. Das ist ein echter Kritikpunkt, den sich Nintendo und Bandai-Namco gefallen lassen müssen.