EinleitungEs gibt Filme, die nenne ich liebevoll Popcornfilm, damit meine ich, das sie meist nicht viel Substanz in ihren Handlungssträngen besitzen, aber dennoch viel Spaß beim Anschauen machen, weil man sich einfach nur mal zurücklehnen und den Film genießen kann, ohne sich mit den wirklich großen Fragen des Lebens auseinandersetzen zu müssen. Insbesondere zählen für mich dazu die Verfilmungen der Comics von Marvel, die ich übrigens im Allgemeinen sehr schätze.
Das aktuellste Filmwerk ist zurzeit "Thor", wozu nun auch die passende Lizenztitelauskopplung auf den Spielemarkt gekommen ist. Thor ist der Sohn des Allvaters Odin und gilt als der Donnergott. Er ist in der Vorstellung der alten Germanen ein Beschützer und oft setzten sie Runensteine um seinen Schutz zu erbitten. An diese Vorstellung hält sich der Film. Ebenso an die Chraktervorstellung und die Ortschaften der Mythologie, der Rest ist die Erfindung von Marvel. Aber genau dieser Mix ist sehr interessant und wirkt fast wie eine neue Fassung einer alten Sagengeschichte. Doch was auf der Leinwand oder auf dem Papier funktioniert kann aber muss nicht auf der Wii funktionieren. Denn wie oft hat man Lizenztitel, die nur mäßig etwas taugen?
Erfrischend andersIch war am Anfang des Spieles etwas irritiert, denn ich hatte mir zwei Tage zuvor den Film angeschaut und die Handlung erkannte ich nur in Bruchstücken wieder. Da ich das Comic nicht kannte, recherchierte ich etwas und fand heraus, dass sich das Spiel wohl mehr am Comic orientiert. Nach einiger Zeit fand ich es dann gar nicht mal so schlecht, dass es doch wesentlich mehr Tiefe in der Geschichte aufweist als der Film.
Denn auf der Leinwand sind die Jurtunen, eine Art Eisriesen, die absoluten Übeltäter. Im Spiel sind sie zwar auch nicht die Nettesten, warten aber im ersten Teil der Handlung mit einer Überraschung auf unseren Götterhelden. Erzählt wird die Story mit Comicstrips, die zu einer Zwischensequenz zusammengefügt wurden - böse Erinnerungen an Iron Man 2 kamen mir da sofort in den Sinn. Aber bei Thor ist das doch etwas flüssiger und einfallsreicher gestaltet als im besagten weiteren Marvel-Titel. Es wirkt wie direkt aus einem Heft "vorgelesen" und dürfte gerade die Fans der bedruckten Bildheftchen erfreuen.
Zusätzlich gibt es im Spiel Zwischensequenzen, von denen es zwei Arten gibt. Zum einen wären da die einfachen Sequenzen, wo es heißt: nach hinten lehnen und zuschauen. Bei der zweiten Art heißt Obacht geben, denn dort gibt es kleine Minibewegungsabläufe mit der Wiimote zu machen, sogenannte Quicktime-Events. Das macht schon Laune, aber es wird beim hundersten Qucktime-Event, der auch noch immer gleich designed ist, etwas langweilig. Ebenso gibt es andere Ereignisse, die das auch im Level betrifft. Nicht so schön, aber zu verschmerzen bei der herrlichen Action.
"Let the hammer fall"Was für ein feines Gehacke sage ich Euch. Für den kurzweiligen Actionfan genau das Richtige: immer feste drauf. Einfach den virtuelles Hammer zur Hand genommen und die Turtunen zu "Crashed Ice" verarbeiten, macht einfach richtig Laune, hinterlässt aber auch Spuren. Denn bei diesem Spiel habe ich mich gefragt, ob es beim Arzt demnächst - anstelle des Tennisarms - auch die Diagnose Wiimote-Arm geben wird. Denn aus irgendeinem Grund verzögert sich manchmal das Auslösen und man rührt mehrmals in der Luft herum. Das geschieht vor allen Dingen, wenn immer mehr Gegner auf den Plan treten. Da merkt man, dass die Wii richtig ins Schwitzen kommt - was ausserdem die etwas schlechtere Darstellung erklärt.
Dass man mich nicht falsch versteht: die Grafik ist schon ansehnlich, aber ist auch für Wii-Verhältnisse etwas schlechter als gewohnt. Was ich mir jedoch durch die beachtliche Widersacheranzahl erkläre. Da hat man sich sicher gedacht: "Wenn wir so viele Gegner auf der Wii darstellen wollen, müssen wir mit der Grafik etwas runtergehen". Ein wie ich finde ganz vernünftiger Entschluss, denn solch ein Spiel lebt von der dauerhaften Action.
Insgesamt gibt es neun Welten zu durchlaufen, die wiederum mehrere Level beinhalten, somit beträgt die Spielzeit geschätzte 20-30 Stunden, je nachdem wie fix und geschickt man ist und man ist immer gut beschäftigt und merkt oft gar nicht, wie diese Stunden verstreichen. Daher kann man Thor also eher zu den kurzweiligen Titeln zählen.
Die Abwechslung, was die Landschaft angeht, ist gut. Jede Welt sieht anders aus und beherbergt andere Gegnerklassen. Und einfach "nur draufhauen" ist auch nicht möglich - da muss man schon aufpassen, abwarten, abwehren - oder mal glatt einen taktischen Rückzug vollziehen. Damit dies auch gelingt, findet man im Spiel sogenannte Sturmmarken, die man zum Aufleveln von Thor benutzen kann.
"Pimp my Thor"Einen Hauch von Rollenspiel ist hier zu merken. Natürlich nur RPG-Light, aber immerhin. Man fühlt sich für die Mühe belohnt, wenn man mittels der Sturmmarken eine neue Fähigkeit oder ein Upgrade der Gesundheit- oder Götterkraftleiste vornimmt. Und von den zusätzlichen Götterfähigkeiten gibt es eine ganze Menge. Diese werden nicht nur durch plumpes A-Knopf- oder B-Knopf-Gedrücke vollzogen, sondern mittels verschiedener Bewegungen mit der Wiimote und kombinierten Buttonkombinationen ausgelöst.
Zum Beispiel kann man durch das Schwingen der Wiimote "Mjölnir" um sich herum wirbeln lassen und somit umstehende Feinde niederstrecken. Oder man muss Nunchuk und Wiimote abwechselnd im schnellen Tempo rauf- und runterbewegen, um sich aus einem Eisklotz zu befreien. Und dann kommen auch schon die nächsten Gegnerhorden, und Mjölnir muss erneut geschwungen werden, das die Schwarte kracht.
Doch egal, wie gut man dies tut, irgendwann erwischt es einen dann mal. Damit dies nicht zu häufig passiert, findet man hier und da Runen. Diese lassen sich in vier Slots auf unseren Helden befestigen. Die Runen besitzen alle festgelegte Eigenschaften, aber es ist klug, diese so einzusetzen das sie auf die Upgrades der Fähigkeiten abgestimmt sind. Einfach nur "Choose and forget", funktioniert nicht, die grauen Zellen müssen da schon ein wenig bemüht werden.
Lizenz mal ernst genommenEinfach toll finde ich, dass SEGA ihre Lizenz, beziehungsweise die Möglichkeiten mit Thor, nahezu ausgeschöpft haben. Noch besser finde ich, daas sie versuchen, eher das Comic näher zu bringen als den Film. Wäre es eher am Film ausgerichtet gewesen, wäre das Spiel viel platter rübergekommen. Dennoch hätte ich mir eine etwas ausführliche Erzählweise gewünscht. Es ist alles etwas zu komprimiert - zu schnell und ohne Hintergrundinfos.
Ich weiß, ich werde mich jetzt wie ein alter Knacker anhören, aber früher, ja, früher, hat man Linzenztitel deshalb gemacht, weil einem die Geschichte so gut gefiel und man selbst im Film sein wollte. Da kam man aus dem Kino und konnte dann vor der heimischen Flimmerkiste oder dem beigen Rechnerknecht selbst ins Filmgeschehen begeben und es war nicht minder unterhaltsam. Thor ist gut, aber es wäre aber noch besser gewesen, wenn die Erzählweise etwas dichter und komplexer gewesen wäre.
Dafür bietet Thor auf der Wii andere Vorzüge. Denn bisher war die Wii ja im Gegensatz zu den Konkurrenten meist im Hintertreffen, vorallm im Bezug auf Präsentation und Darstellung. Oder es musste komplett umgemodelt werden und es kam ein ganz anderes Spiel als auf den anderen Konsolen heraus. Für Thor gilt dies auch - aber sehr zum Positiven. Denn auf der Wii stellen sich Levelgestaltung, Erzählung der Geschichte sowie Spielsteuerung wesentlich unterhaltsamer dar. Und als besonderes Schmakerl winken dem Wii-Besitzer auch noch exlusive Fluglevels. In diesen hebt Thor ab und weicht Hindernissen aus oder schleudert Blitze in Third-Person-Sichtweise. Super gemacht! Denn das zeigt mir mal wieder, das es nicht nur ausreicht, die Full-HD-Auflösung anzubieten, sondern das Gesamtpaket stimmen muss. Klar wenn es ein Superspiel mit Superauflösung ist umso besser aber es ist halt kein Muss.
FazitDa wäre die tolle Steuerung mittels 'Mote und Nunchuk, die aber etwas hackt, doch trotzdem Spaß macht. Das tolle Comic-Layout, die gute Umsetzung der Lizenz und das im gesamten Spiel. Die ausgedehnten Upgrade-Funktionen und die exklusiven Fluglevels. Das sind die Stärken von "Thor - God of Thunder".
Die Schwächen sind die zu simple Erzählweise, die viel Storytiefe verschenkt, die deutlich spürbare Systemauslastung und das sich gewisse Bosskämpfe und Quicktime-Events ständig wiederholen.
Und damit ich jetzt nicht Gefahr laufe, dies ebenfalls zu tun, sage ich: "Thor - God of Thunder" ist ein Spiel, das sich der typische Actionfan ohne Reue zu Gemüte führen kann.