"Sei eine Primaballerina auf der Bühne! Zieh ein tolles, pinkes Tütü an, schnüre die Seidenbänder deiner spitzen Schuhe zu und trage Glitzer-Lipgloss auf deine Lippen auf!" Es gab noch nie zuvor ein Spiel, bei dem ich bereits lachen musste, als ich nur die Produktbeschreibung auf der Rückseite der Verpackung gelesen habe. Natürlich war ich nun ungemein motiviert, das Spiel endlich einzulegen und loszuspielen. Mehrere Male vor dem eigentlichen Test streifte mein Blick noch die Wörter "pinkes Tütü" und "Glitzer-Lipgloss" - und dann fing der "Spaß" auch schon an...
Der erste Schock Da saß ich dann nun, ganz alleine zu Hause, um zu verheimlichen, was ich da testen musste. Beginnen wir mit dem Hauptmenü, das mich entweder in den Optionsmodus oder zum neuen Spiel brachte. Zuerst sah ich mir den Optionsbildschirm an, doch der hatte außer dem Test des Balance Boards nichts zu bieten. Wie schade, dass ich keines meinen Besitz nennen kann...
Dann starte ich eben doch mal ein neues Spiel. Aha, zuerst muss ich meinen Namen eingeben. Kein Problem - doch wozu eigentlich? Kaum startet das Spiel, werde ich doch prompt mit "Anna" von meiner Mutti angesprochen. Gegen später zeigt sich, dass mein kompletter Name "Anna Ashton" lautet. Und wie das bei Muttis nun mal so ist, textet sie mich erst einmal ewig voll, weil ich ja so wahnsinnig nervös bin, jetzt wo meine Karriere als erfolgreiche Balletttänzerin starten soll. Soso, Mama war also auch mal Balletttänzerin, und sie war gut. Und sie ist sich ganz sicher, dass ich mal sehr berühmt werde. Hmm. Ist die Musik im Hintergrund des Dialoges nicht die, die Otto auch mal auf die Schippe genommen hat?
Als Mutti dann mit ihrem Geschwätz fertig ist, startet auch sogleich meine erste Ballettstunde - endlich! Hier muss ich nun Noten mit der Wii-Fernbedienung anvisieren und A drücken. Das kann ich mehr oder weniger gut machen, nur das komplette Verfehlen der Noten scheint annähernd unmöglich. Aber halt, wurde mir nicht gerade noch erklärt, dass ich die Noten im Rhythmus antippen soll? Wow, das ist dreist, das Wort "Rhythmus" zu verwenden, obwohl sich die Noten komplett unabhängig von der Musik im Hintergrund auf dem Bildschirm bewegen. Zudem sehe ich "mich", also Anna, wie sie irgendwie in einem kahlen Raum auf dem Boden herumhüpft. Nach einer Minute ist die erste Ballettstunde auch schon vorbei und ich erhalte eine Platin-Medaille - wie in fast allen nachfolgenden Ballettstunden auch.
In diesen nachfolgenden Ballettstunden lerne ich natürlich noch mehr als Noten anzutippen. Zum Beispiel muss ich ab und zu die Fernbedienung drehen, um das Gleichgewicht zu halten oder eine Pirouette auszuführen. Ob ich die Ballerina wenigstens mal zu Fall bringen kann, wenn ich die Sache mit dem Gleichgewicht absichtlich besonders schlecht mache? Nein, Mist. Das wäre zumindest mal zwischendurch einen Spaß wert gewesen. Aber egal, denn meistens bleibt es sowieso bei dem Antippen der Noten, was einfach nur dermaßen langweilig ist, dass nach zehn Minuten die Luft raus ist.
Die erste Zwischenprüfung - nein, wie aufgeregt ich doch bin. Nach den zwei ersten Ballettstunden ist auch schon die erste Zwischenprüfung dran. Bei der muss ich Balletttänzerinnen, die eine bestimmte Pose zeigen, in eine Art Schablone packen. Außerdem muss ich ein Puzzle lösen, dessen Lösung mir aber bereits angezeigt wird, weshalb ich nur noch die Teile auf ihren bereits vorgegeben Platz ziehen muss. Ein Memory kommt auch noch dran. Welch Wunder, am Ende hab ich es doch tatsächlich geschafft - da bin ich ja erleichtert.
Es schließen sich weitere Ballettstunden an. Außerdem lerne ich Penelope und Sofia kennen. Penelope ist schüchtern und erzählt mir von ihrer Familie, die mich eigentlich überhaupt nicht interessiert, und Sofia ist eine dumme Nuss. Die meckert immer, deswegen mögen Penelope und ich sie nicht. Aber eigentlich bringen diese ganzen Dialoge, die in Standbildern erzählt werden, überhaupt nichts...
Irgendwann kommt dann auch die erste Aufführung. Das ist eigentlich dasselbe wie die Ballettstunden, nur noch länger und mit einem anderen Hintergrundbild. Ich muss wieder Noten antippen, ab und zu die Balance halten. Das hat natürlich wieder nichts mit dem Rhythmus im Hintergrund zu tun. Am Ende habe ich die Aufführung natürlich ganz toll hinbekommen, erhalte schon wieder eine Platinmedaille, als würde das Zeug in jeder Straßenecke herumliegen, und Mama sagt mir, wie unglaublich stolz sie doch auf mich ist. Außerdem meint sie, dass ich ganz arg schön war bei dem Auftritt. Ich bin ja so froh darüber.
Und es geht weiter. Wieder Ballettstunden, wieder Zwischenprüfungen - und alles läuft nach demselben Muster wie bisher ab. Zwischendurch gibt es wieder Dialoge, die völlig überflüssig und dementsprechend auch viel zu lang sind. Sofia ist einfach nur doof. Dann lernen Penelope und ich auch noch Nathan kennen. Der kommt gerade von der männlichen Tanzschule in der Gegend und ist süß. Und er erzählt mir, dass ich doch garantiert neu hier bin, weil er sich sonst ganz bestimmt an mich erinnert hätte, weil ich ja so toll bin. Ja, ich bin neu hier. Dann haut er auch schon wieder ab und Penelope erklärt mir, dass er auf mich steht und ich auch auf ihn. Was für eine Aufregung. Weiter geht's mit Ballettstunden, Mama ist schon wieder stolz, Sofia immer noch doof und so weiter und so fort...
Es ist einfach nichts. Es dürfte bis hierhin klar geworden sein, dass ein wirkliches Spielgeschehen kaum stattfindet, da sich das Spiel hauptsächlich in Dialogen abspielt. Diese machen aber eigentlich auch nicht weniger Spaß, als das Spielgeschehen selbst, das jeden Spieler konstant unterfordert und dermaßen eintönig ist, dass auch die tollste Ballerina ihr Tütü verbrennen würde. Ursprünglich dachte ich darüber nach, für diesen Abschnitt die Unterüberschrift "Zu kurz!" auszuwählen - doch dass das Spiel schnell vorbei ist, kann ich nur noch schwer als einen wirklichen Kritikpunkt aufführen, da das Spielende wohl den absoluten Höhepunkt des Spiels darstellt.
Präsentation Das Spiel, wenn man es als ein solches bezeichnen kann, präsentiert sich in einem sehr einfachen Comic-Look. Meistens gibt es ja sowieso nur Dialoge, die allesamt in Standbildern erzählt werden. Die Tanzeinlagen zwischendurch sind dann keine Standbilder mehr, aber dafür sind sie richtig schön schlecht. Die Grafik wirkt kahl und unausgereift und wäre in dieser Form auch auf dem DS möglich gewesen.
Akustisch fängt das Spiel sehr schnell an zu nerven, da es sich meist um dieselben Titel handelt, die man zum Teil auch schon woanders gehört hat - wie zum Beispiel beim oben erwähnten Otto-Beispiel. Und wie bereits erwähnt hat der Rhythmus der einzelnen Melodien keinerlei Einfluss auf das Spielgeschehen, das zwischen den Dialogen gelegentlich stattfindet.
Fazit: Wenn Alf nicht fernsehen durfte, schaute er eben der Waschmaschine beim Waschen zu. Dabei hatte er bestimmt mehr Spaß. Und dabei musste er noch nicht einmal 40 Euro für so einen Schwachsinn ausgeben.