ALLES INS REINE BRINGENDr. Eggman hat einen intergalaktischen Vergnügungspark errichtet und frisch eröffnet. Er möchte sich mit diesem Freizeitetablissement für all seine gemeinen Untaten der Vergangenheit entschuldigen, seine Vergehen wieder gutmachen, alles ins Reine bringen. Doch schon am ersten Tag finden Sonic und Tails heraus, dass Eggman in Wahrheit etwas ganz anderes im Sinn hat.
Die Wisps, das sind ausserirdische Lebensformen, die vom Planeten Wisp stammen, besitzen eine ganz besondere Kraft, die Farbenergie genannt wird. Eggman fängt die Wisps ein, sperrt sie in Kammern, saugt ihnen ihre Energie aus und will mit ebendieser Energie unaufhaltsam werden. Aber natürlich lassen Sonic und Tails die Wisps nicht hängen und machen sich daran, sie zu befreien, und Dr. Eggman erneut in seine Schranken zu weisen.
So gemein die Tat von Eggman ist, und so tragisch die Idee für die Story von "Sonic Colours" deshalb eigentlich ist, so genial und mit einer Prise Humor gewürzt ist das Ganze allerdings wieder. Denn alle paar Level bekommt Ihr eine neue ca. 1-bis-2-minütige Zwischensequenz gezeigt, die Euch den momentanen Stand der Dinge zeigt. Jedoch keine lieblosen auf-das-Nötigste-reduzierte-Clips, sondern großartig aufgemachte, aufwändig produzierte Videos. Zwar sind die Stimmen alle auf Englisch, doch wird stets auf Deutsch untertitelt - und das sogar verdammt gut, denn die Videos haben allesamt TV-Serien-Niveau!
OHNE WERIGEL-BLÖDSINNDas Gameplay selbst ist, wie ich es schon bei
Sonic 4 lobte, sehr old-schoolig gehalten. Ihr saust und springt durch die Level, ohne, dass Euch dabei allzu viel Ballast den Spaß nimmt. Einfach ein auf das Beste reduzierter Jumper ohne Werigel-Blödsinn oder irgendwelche anderen Mätzchen - nur ein Jump'n'Run, bei dem Ihr durch jeden Level von Anfang bis Ende durchfegt.
Doch schon in den ersten paar Minuten wird eines deutlich: Das Entwicklerteam "Team Sonic" hat scheinbar äusserst fleissig
Super Mario Galaxy gezockt. Es finden sich soviele Ideen in Sonic Colours, die auf die eine oder andere Weise schon in Marios Galaxys enthalten waren; vor allem bei den Wisps schlägt das teilweise sehr durch.
Mithilfe der gelben Wisps z.B., kann Sonic sich als Bohrer durch die Erde oder als Torpedo durch das Wasser wühlen. Die türkisen Wisps verwandeln Sonic in einen schmalen Laserstrahl, der an Objekten refelektiert wird. Ihr justiert den Strahl, lasst dann den Stick los, und je mehr Wispenergie Ihr habt, desto weiter reflektiert der Strahl, und desto weiter wird Sonic in Lichtgeschwindigkeit am Strahl entlanggebeamt. Entgegen der Sonic-Games der letzten 10 Jahre aber wird hier nicht endlos transformiert, ausgewählt, bestätigt, pipapo, sondern Ihr rennt an einer Wispkapsel vorbei, und könnt dann, wann immer Ihr es für nötig haltet - und Ihr genügend Energie habt -, diese Kräfte auf Knopfdruck sofort(!) nutzen.
HÖLLENTEMPOHabt Ihr irgendwann eine weitere Gattung der Wisps befreit, könnt Ihr sie dann ab sofort auch in früheren Leveln antreffen, wo zuvor nur leere und transparente Wispkapseln standen. Ihr könnt Euch nun etwa durch Böden bohren, hoch in die Luft katapultieren, endlich diverse Hindernisse aus dem Weg räumen, durch die Gegend schweben, und so weiter, etc., etc.
Somit könnt Ihr dann z.B. die letzten roten Spezialringe finden, an die Ihr zuvor nicht gelangen oder sie auch nur sehen konntet. Das könnt Ihr Euch wie bei New Super Mario Bros. mit den großen, goldenen Münzen vorstellen, von denen es ja auch in jedem Level drei zu finden gab. Ausserdem könnt Ihr mit jedem erneuten Durchqueren der Level Eure Zeit, Eure Punktzahl und Euren Rang verbessern. Und schon bald bewegt Ihr Euch dann immer sicherer durch die Areale und hechtet waghalsig und in Höllentempo in Richtung Zielgerade.
Als weiteren Anreiz gibt es ein Time-Trial-Feature mitsamt WiFi-Listen für jeden Level, in die Ihr Euch eintragen und vergleichen könnt, wie gut Ihr darsteht.
Die insgesamt 44 Level mehrfach zu spielen und überall die zusammen 180 roten Spezialringe zu finden, ist übrigens keine Pflicht, die Ihr zu erfüllen habt, um am Ende Dr. Eggman ein weiteres Mal zu besiegen. Aber wie wir das mittlerweile aus vielen Spielen kennen, schaltet Ihr so weitere Inhalte frei, die sich häufig sehr lohnen. Was das im Einzelnen alles ist, will ich mal nicht verraten... ...aber einen kleinen Hinweis will ich noch loswerden: Die 7 Chaos Emeralds sind unter anderem ebenfalls mit von der Partie. :)
TECHNIKGrafisch und akustisch geht bei Sonic Colours die Post ab. Der Titel "Sonic COLOURS" macht seinem Namen alle Ehre. Es buntet an jeder Ecke, es zerplatzen Ballons, Popcorn wirbelt wie Staub auf, wenn Sonic vorbeirast, im Hintergrund stehen Bonbon-Automaten, die allerlei Süßigkeiten von sich geben, Wasserfälle stürzen hinab, das Wasser spritzt; kurz: Viele Details in einer 2D-/3D-Umgebung liebevoll animiert! Und das alles gepaart mit dem temporeichen Gameplay und der Sonic-esquen leicht treibenden Ohrwurmcharakter-Dance-Floor-/House-/Technomusik ergibt ein großes WOW!
Die Steuerung gibt sich ebenfalls keine Blöße. Die Wahl habt Ihr hierbei zwischen Wiimote mit Nunchuk, GameCube-Controller und Classic Controller. Gesteuert wird Sonic dann jeweils mit dem 3D-Stick, weshalb bei der Variante mit dem Classic Controller vielleicht lieber der Classic Controller Pro vorgezogen werden sollte, da hier der 3D-Stick etwas bequemer unter dem Daumen liegt. Ansonten: Die Buttonlayouts sind stets gut belegt und gehen intuitiv von den Fingern. So, wie es ja auch sein sollte.
SONIC SIMULATORFerner wurde in Sonic Colours ein weiterer Spielmodus implementiert, der "Eggmans Sonic Simulator" genannt wird. Wählt Ihr diesen Modus an, erscheint eine Art Titelscreen, in dem Ihr auswählt, ob Ihr allein oder zu zweit spielen wollt, dann wählt Ihr Euren Charakter, und schon geht's los.
Der Sonic Simulator selbst erinnert vom Gameplay stark an die klassischen Sonic-Abenteuer, allerdings sind die Level recht spartanisch gehalten. Im Hintergrund drehen sich 3D-Objekte, während ihr im Vordergrund nach Sonic-Art von Anfang bis Ende flitzt. Ausserdem gibt es keine Gegenstände zu finden. Keine Extraleben, keine Turboschuhe, nichts - nur Ringe, die Ihr sammeln könnt und sollt, und natürlich einige Gegner und Stacheln, die aus Böden und Wänden ragen.
Auch die Level selbst bestehen nur aus den üblichen Plattformen, Schluchten, und so weiter, jedoch gibt es keine besonderen Umgebungsgrafiken oder -sprites; keine Pflanzen, keine Hügel, keine Gebäude, keine Seen, nichts... nur eine kubenartige Optik. Doch ist das genauso gewollt und entwickelt bald seinen Charme. Zunächst bekommt Ihr "nur" 7 Level geboten, doch mit der Zeit werden es bis zu 21 - recht ordentlich für einen "Zusatzmodus", wie ich finde.
Im Singleplayer ist der Sonic Simulator kurzweilig und im 2-Spieler-Mode recht unterhaltsam. Nettes, spaßiges Feature am Rande, woraus einige Entwickler bestimmt einen Vollpreis-Titel im WiiWare-Shop gemacht hätten.
FAZITSonic 4 war super - Sonic Colours ist es auch. Man könnte den Entwicklern zwar vorwerfen, dass sie offenbar zu viel Mario zocken, aber wenn dabei so ein Game wie Sonic Colours herauskommt, soll mir vollkommen egal sein, ob Sega sich bei der Konkurrenz bedient. Denn auch so besitzt dieser Titel noch jede Menge eigene Elemente und vor allem das bekannte Sonic-Feeling, und fühlt sich deshalb nie an wie eine Mario-Kopie.
Das Gameplay bleibt dazu immer flüssig und flott, und durch den teils hohen aber nie frustigen Schwierigkeitsgrad stets motivierend. Der Umfang ist für das normale Durchspielen mit grob 10 Stunden ausreichend bemessen, und hat für 100%iger-Spielstandzocker/innen locker nochmal 5-6 weitere Stunden in petto. Obendrauf als kleinen Bonus - quasi als "Spiel im Spiel" - den Sonic Simulator, und fertig ist die Laube.
Dennoch kann und möchte ich bei Sonic Colours mit der Wertung nicht soo hoch gehen, wie bei z.B.
Galaxy 2 oder
New Super Mario Bros. Wii, denn Nintendo versteht es zumindest momentan noch besser, dass das Preis-/Spielumfangsverhältnis (
NSMBW = ca. 90 Level, 4 Spieler-Modus;
Galaxy 2 = 240 Sterne, etc.) großzügiger ausfällt.
Kurzum: Dieses Jahr meint das Christkind es aber gar nicht gut mit uns Wii-Fans; diese Flut an großartigen Titeln kann sich doch kein Mensch leisten - und jetzt kommt auch noch Sonic Colours in den "Unbedingt kaufen oder wünschen"-Pool. Sonic ist da, wo er in den 90er Jahren einmal war - na endlich.