Cover: Shaun White SkateboardingSTEILE VERTS
Shaun White Skateboarding ist einer der Titel, bei denen ich nicht wirklich erwartete, dass er mir gefallen würde... Skateboards, hmmmnaja... Bestimmt ganz nett, aber mehr eben nicht... Aber tatsächlich muss ich gestehen, dass mir Shaun White Skateboarding wirklich richtig Spaß macht.

Die Story des Ganzen ist zwar eigentlich ziemlich anarchisch, aber gerade deswegen umso realistischer, wenn man mal ein wenig weiterdenkt. Es geht im Kern um eine Clique von Skatern, die nichts wollen, als beim Skaten eine gute Zeit zu haben. Sie sind immer auf der Suche nach einer geeigneten Umgebung, für ein paar coole Grinds, steile Verts oder gewagte Ollies... Doch genau das will ihnen der Bürgermeister nicht gewähren. Das heisst, eigentlich ist der Bürgermeister offenbar eh ein weltfremder Spielverderber, dem nichts wichtiger zu sein scheint, als so richtig schön die Paragraphen zu reiten und jeden Schritt seiner Bürger durchzureglementieren.

Wie soll man denn bitteschön gescheit skaten, wenn es nirgends ordentliche Halfpipes gibt? Und wie soll man überhaupt Spaß haben, wenn man am Strand nicht mal Schokoeis futtern darf? Ihr merkt, hier prallen wirklich zwei Extreme aufeinander: Zum Einen die Jugend von heute, die einfach nur gemütlich abhängen und sich im Skateboarden messen will, und zum Anderen die Stadtoberhäupter, die allem Unterhaltsamen einen Strich durch die Rechnung machen wollen, und die keinen Sinn für Individualismus oder neue Ideen zu haben scheint. So in etwa ist das in der Realität natürlich durchaus ein wenig, aber dass hier besonders übertrieben wird, ist natürlich auch klar.
Screenshot Screenshot
WAS IST EIN OLLIE
Doch genau deshalb ist das Spiel so unterhaltsam. Denn dann wäre das ganze Drumherum so, wie es ist, vermutlich wohl nicht möglich gewesen: Ihr wählt eine/n der Boarder/innen aus, und ab geht's auf die Piste. Zunächst lernt Ihr nur ein paar Grundlegende Dinge. Was ist ein Ollie, wie macht man den, und soweiter... Das habt Ihr schnell verstanden und nach nur ca. 30 Minuten könnt Ihr bereits die ersten waghalsigen Stunts vollziehen. Währenddessen lauscht Ihr dem Radio, das Euch durchgängig mit Songs aus dem Punk-, Grunge-, Alternative- und Rockgenre versorgt, und bekommt ein paar Statements vom Moderator zu hören, die meistens im direkten Zusammenhang mit Kritik für eben jenem Bürgermeister stehen. Und ehrlich gesagt, viele dieser Statements besitzen sogar einiges an humoristischem Potenzial. Mein Favorit ist der Kommentar über die Gefährlichkeit des Geschmacks von Shokolade... ;)
Screenshot Screenshot
Während Ihr also skatet, dem Radio lauscht und ab und zu mal schmunzelt, erschliesst Ihr allmählich immer mehr Tricks und Terrain, mehr Outfits, mehr Skateboards und schaltet auch weitere Skater/innen frei, denn natürlich haben alle ihre eigenen Vorzüge. Dies alles gelingt Euch durch Absolvieren von Trainingseinheiten und Challenges, und dem Aufsammeln von Stickern, die überall zu finden, aber manches Mal nur mit einem speziellen Skateboard-Trick zu bekommen sind. Darüberhinaus erweitert sich, wie schon erwähnt, oft das Terrain. Denn Ihr zieht von Stadtteil zu Stadtteil. Jeden Stadtteil könnte man sozusagen als Level verstehen, und jeder Level kann transformieren. Aus einem Bordstein wird so dann eine Halfpipe, aus einer Wand kann eine Unterführung zu einem bislang unergründeten Hinterhof werden, und so weiter, und so fort, sodass diverse Sticker, die Ihr zwar vielleicht schon in der Ferne sehen könnt, überhaupt erst greifbar werden.
Screenshot Screenshot
Die Tricks werden durch Tastenkombinationen und entsprechendem Handling von Wiimote, bzw. Balance Board ausgeführt. Das bedeutet, das Spiel überlässt es Euch, ob Ihr mit Wiimote und Nunchuk oder mit Wiimote, Nunchuk und Balance Board spielt. Benutzt Ihr nur Wiimote und Nunchuk, wird die Art des Tricks durch Drücken oder Halten von A, B, A+B oder Z bestimmt, und die Form der Durchführung durch Schütteln der Wiimote nach oben, unten, rechts oder links. Mit dem Balance Board wird statt eines Schüttlers verlangt, das Körpergewicht, bzw. die Körperbalance entsprechend zu verlagern, oder kleine Hüpfer anzudeuten.
Screenshot Screenshot
FLOWANZEIGE
Das mag auf den ersten Blick ziemlich wenig anmuten, entfaltet im Laufe der Zeit aber doch eine beachtliche Variation, da je nach momentaner Situation verschiedene Dinge möglich sind, und das Spiel Euch Punkte in der Wertung abzieht, wenn Ihr einfach nur stumpf die ewig selben Tricks wiederholt, nur, um den Flow - also die nahtlose Verkettung möglichst vieler Tricks am Stück - nicht zu unterbrechen. Denn verbunden mit dem Flow ist eine Art Kombosystem. Je besser Euer Flow, desto höher steigt die Flowanzeige und desto mehr Trickpunkte gibt es, weil der Punktemultiplikator ebenfalls steigt. Wenn Ihr also nicht viele verschiedene Tricks aus der Mottenkiste hervorzaubert, gibt es auch nicht viele Punkte, oder eben sogar Punktabzug, und Ihr besteht viele Challenges nicht, oder gelangt nicht an Sticker und Auslöser für Terraintransformationen.
Screenshot Screenshot
Auch ist es immens wichtig, möglichst immer sauber zu landen und sich ein wenig auf gewisse Timings einzulassen. Fällt Euer Skater auf die Nase, ist die Flowanzeige sofort wieder auf 0, und die Punkte für den letzten Trick kriegt Ihr auch nicht. Oder wollt Ihr beim Grinden "die Spur wechseln" und achtet nicht auf den richtigen Moment, verliert Ihr vielleicht an Höhe und landet daneben, was ebenfalls den Flow unterbrechen kann. Andererseits gibt es für perfekte Landungen einen Punktebonus von 50% pro Trick, und wenn Ihr das mit der Flowanzeige in Verbindung nehmt, können da am Ende 'ne Menge Boni auf Euch warten! :) Nicht zu vergessen, dass Ihr viele Challenges gar nicht bewältigen könnt, selbst bei einwandfreiem Flow und korrekten Landungen, wenn Ihr nicht häufig auch mal sehr komplizierte Tricks ausführt, weil nur die in Verbindung mit Flowboni WIRKLICH viele Punkte bringen.
Screenshot Screenshot
75 METER LANG
Interessant ist auch, dass alle Challenges immer noch ein Extra bieten. So könnt Ihr einerseits die normale Anforderung erfüllen, um die Challenge selbst abzuschliessen, aber andererseits gibt es, für besonders gute Leistungen ein weiteres Goodie. Statt also z.B. einen geforderten Manual nur 75 Meter lang zu vollziehen, könntet Ihr auch 100 Meter daraus machen und so dann z.B. ein zusätzliches Outfit kassieren. ...sowas kann manchmal einige Dutzend Versuche von Euch verlangen - und diverse Nerven werden dabei auch dran glauben müssen -, motviert aber wirklich ungemein.
Screenshot Screenshot
Gerade dann, wenn man 100%-Spielstand-Fanatiker/in ist, wie ich beispielsweise! Lobenswerterweise führt das Spiel nämlich recht genau Buch, wieviele Prozent der Challenges, wieviele Prozent der Sticker, etc., Ihr schon ergattert habt, und könnt so immer gut nachvollziehen, was Euch noch fehlt, oder wo Ihr es bekommen könnt. Habt Ihr eine Challenge schon eigentlich erledigt, aber wollt trotzdem das Extra, dürft Ihr auch gern die Challenge wieder und wieder spielen.
Screenshot Screenshot
TECHNIK
Technisch gibt sich Shaun Wihte Skateboarding keine Blöße. Die Level (bzw. Stadtteile) sind sehr groß, stets auf mehreren Ebenen und lassen Euch viel Raum für kreatives Spielen. Die Grafik ist über dem Wii-Durchschnitt, alles ist gut und ruckelfrei animiert, recht bunt, und detailliert. Allerdings gibt es nur die Umgebung und Euren Skater zu sehen. Keine Vögel, keine Hunde, keine Passanten oder sonstwas kreuzen Euren Weg. Das erklärt sich zwar durch die Story des Spiels, und ist deshalb kein Nachteil, aber darauf hinweisen wollte ich sicherheitshalber an dieser Stelle.
Screenshot Screenshot
Der Sound bietet einen umfangreichen Soundtrack, wie weiter oben ja bereits erwähnt, und beinhaltet dabei eine sehr stimmige Songauswahl. Dazu dann das Radioflair und der Moderator mit den flotten Sprüchen. Auch hier habe ich nichts zu meckern. Obwohl, doch: Die Kommentare des Moderators wiederholen sich relativ bald. Stören aber nicht weiter, weil man nach einiger Zeit eigentlich eh nur auf die Songs achtet - und davon gibt es über zwei Dutzend. Dazu gibt es natürlich noch immer mal wieder Eure Skater zu hören, die sich über ihre eigene Performance ärgern oder freuen.
Screenshot Screenshot
Grafik und Sound fügen sich also zu einem tollen Ganzen zusammen und tragen sehr zu Skateratmosphäre und Spielspaß bei. Auch die Steuerung ist super und geht nach einiger Übung intuitiv von Euch auf den virtuellen Skater über... ...wäre da nur nicht dieser kleine Bug am Rande, der hin und wieder auftritt.
Screenshot Screenshot
Denn von Zeit zu Zeit verhakelt sich in der Buttonabfrage irgendwas und Euer Skater hört einfach nicht auf, Tricks zu vollziehen. Besonders blöd ist hierbei, dass Ihr währenddessen keinerlei Kontrolle über Euren Skater habt, da dann weder Wiimote noch Nunchuk reagieren: Der Skater hüpft und hüpft und hüpft - und legt sich dabei dauernd auf die Nase - egal, was Ihr anstellt. Da hilft nur, den Nunchuk von der Wiimote abzuziehen und dann wieder anzustecken... Es ist zwar nicht so, dass Euch das den Spielspaß wesentlich vermiesen würde - dazu passiert es dann doch nicht oft genug! -, aber störend ist es trotzdem jedes Mal.
Screenshot Screenshot
FAZIT
Mit Ausnahme des kleinen Steuerungsbugs, der aber halt auch nur selten dazwischenfunkt, bin ich mit Shaun White Skateboarding restlos zufrieden. Die Level sind riesig, die Unlockables zahlreich und die Challenges besonders ab der zweiten Hälfte schön knackig... Kurz: Shaun White Skateboarding macht wirklich jede Menge Spaß...
Screenshot Screenshot
...SOLANGE man etwas zu tun hat! Danach - so nach grob 12-15 Stunden Spielzeit - bleibt nur noch der (Offline-)Multiplayer. Hier könnt Ihr zwar zu zweit, dritt oder viert auf Punkte oder Zeit gegeneinander antreten, und bei gleichstarken Matches macht das auch echt Spaß, aber wer niemanden zum Mitspielen findet, der nicht auf ähnlichem Niveau mit dem virtuellen Skateboard umgehen kann, wird sich auch hier bald gelangweilt fühlen. Einfach nur für sich selbst ein paar Tricks machen, motiviert kaum.
Screenshot Screenshot
Das heisst, wenn das Spiel keine konkreten Forderungen mehr für Euch hat, für die Ihr Euch ins Zeug legen könntet, ist der Wiederspielwert ziemlich niedrig. Es gibt keine Onlinefunktionen und auch (leider) keinen Leveleditor. Somit könnt Ihr Euch nicht weltweit in Duellen mit anderen messen, nicht Eure Scores online eintragen lassen, oder neue/eigene Level per Download tauschen/absolvieren.
Screenshot Screenshot
Dabei wären offizielle und regelmäßige Onlinewettbewerbe, wie etwa bei Mario Kart Wii, und besonders reguläre Online-Matches geradezu Pflicht gewesen, wenn man seinen Skill trainieren und Punkte sammeln kann. Wozu sonst lernt man denn all die schwierigen Tricks und das Terrain auswendig? Um sie beim "Thanks for playing"-Screen im Abspann wieder zu vergessen? Für wen der Splitscreen mit Freunden also keine Alternative darstellt, könnte demnach höchstens alle weiteren Saveslots ebenfalls auf 100% spielen, und den Titel so dann mehrfach durchspielen.
Jörg Singleplayer: 84%
Multiplayer: 78%


Verfasst von Jörg am 31.10.2010,
bemustert durch Ubisoft
für bis zu 4 Person/en
Release am 28.10.2010