Nachdem die letzten Rennspiele, die ich in den vergangenen Monaten spielte, zu großen Teilen eher mäßig bis grottig waren, war meine Erwartungshaltung an MotoHeroz nicht sehr hoch, zumal es zum Einen dieses trendige "Z" für ein "S" im Titel verwendet und zum Anderen ausserdem "nur" ein WiiWare-Titel ist; und für 1500 Nintendo Points kann man auch nicht gerade von einem Schnäppchen sprechen. Oder...? Tja, "Voll daneben!", würde ich sagen! MotoHeroz gefällt mir mehr, als ich vor dem Download gedacht und vermutlich zugegeben hätte. Verdammte Vorurteile...
EINEN KLEINEN STUPSERMit quergehaltener Wiimote in den Händen hockte ich vor der Wii und war zunächst etwas verärgert, weil mir bereits die ersten 5 Singleplayer-Rennstrecken nicht immer sofort gelingen wollten. Die CPU war einfach zu gut und die Steuerung nahm es zu genau. Doch nach wenigen Minuten bekam ich ein Gefühl für die Feinheiten und beherrschte mein Stunt-Car schon recht ordentlich, und die CPU liess ich dann auch weit hinter mir. Die Zeit verging wie im Fluge und eh ich's mich versah, hatte ich bereits weitere 30 Rennstrecken gemeistert - und ich hatte eine Menge Spaß dabei.
MotoHeroz erfordert viel Geschick und ein Gefühl für Physik. Mit der 1-Taste wird gebremst, bzw. rückwärts gefahren, mit der 2-Taste wird vorwärts gefahren. Die A-Taste aktiviert das Item, wenn vorher eines eingesammelt wurde und wird die Wiimote kurz geschüttelt, überschlägt sich der Wagen oder er bekommt einen kleinen Stupser - je nachdem, wie stark geschüttelt wurde. Und je schneller eine Rampe hochgerast wird, desto höher oder weiter katapultiert sich das Vehikel, wenn es die Rampe verlässt - dabei ist aber darauf zu achten, dass man mit dem Steuerkreuz den Wagen balanciert, damit es beim Aufsetzen nicht mit der Front in den Boden donnert, mit dem Dach aufschlägt, oder vielleicht auch an Höhe verliert. Wobei, hin und wieder kann es auch sinnvoll sein, genau dies absichtlich herbeizuführen, um während eines coolen Stunts schnellstmöglich wieder auf der Strecke aufzusetzen, damit dann wieder mit Vollgas weitergerast werden kann. Es kommt nämlich immer darauf an, in welche Richtung man nun fahren soll und möglichst keine Zeit zu verlieren.
LOOPINGS, SCHAUKELN ODER HINDERNISSENeben Rampen gibt es zusätzlich noch haufenweise Loopings, Schaukeln oder Hindernisse, die durch kräftiges Rammen erst umgestoßen werden müssen, bevor man über sie hinwegfahren kann, um so dann weiterzukommen. Ausserdem gibt es noch zig alternative Weg, die man nur nach viel Training nehmen kann, weil es, um diese Wege zu erwischen, z.B. an Geschwindigkeit oder dem richtigen Neigungswinkelt fehlt.
Häufig wird auch von mir verlangt, mehrfach die Fahrtrichtung in wenigen Sekunden zu verändern. Gerade flitzte man eine Halfpipe hoch, muss jetzt sofort gekonnt bremsen, den Wagen neigen, damit er auf der anderen Seite aufkommt, jetzt sofort den Rückwärtsgang rein, um die andere Halfpipe in voller Fahrt zu erwischen. Nun mit Schwung auf die kleine Plattform, diese gibt nach, zerbricht, man fällt hindurch und nun weiter nach geradeaus. Und nicht nur das. Es geht an steilen Wänden hinab, mit Fahrstühlen hinauf, dann gibt's Loopings in Loopings, sich um sich selbst drehende Röhren, deren Einfahrt man im rechten Moment erwischen muss, und und und...
Wie perfekt all diese Elemente - Schikanen, Hindernisse und Steuerung - Hand in Hand arbeiten, lässt sich kaum beschreiben - einfach klasse. Die ersten paar Rennstrecken sind noch recht simpel, wenngleich man als Anfänger/in auch erstmal einige Anläufe braucht, bis man die feinfühlige Reaktion des Wagens auf alle Wiimote-Eingaben verinnerlicht hat. Aber wenn die sitzen, geht es so richtig ans Eingemachte. Klar, es fährt sich prima und man muss sich dann nur noch damit auseinandersetzen, mit wieviel Karacho und in welchem Neigungswinkel man wo entlangfahren oder -fallen muss, um ohne viel Zeitverlust im Ziel anzukommen, aber genau DAS, nämlich ohne viel Zeitlust im Ziel ankommen, ist der Knackpunkt.
Die Strecken sind dabei aber keineswegs unfair. Es braucht nur 'ne Weile, bis man sie wirklich verstanden hat. Dazu kommt, dass man nicht nur auf dem Boden fährt, nein, auf manchen Strecken schwebt man sogar durch die Lüfte oder düst unter Wasser an Seesternen und Minen vorbei ans Ziel. Da wiederum ändert sich die Physik auch ein wenig. Manche Strecken sind so gerade eben zu meistern, um überhaupt bis zum Ziel zu gelangen - das kann manchmal dauern. Aber man soll ja auch noch möglichst schnell dort ankommen - was abermals dauern kann. Wenn man dazu aber ausserdem noch möglichst viele Münzen (damit schaltet man die anderen der 14 Wagen frei) und "Seelen der Vorfahren" (das sind kleine, blaue Murmeln) auf der Strecke einsammeln will, DANN wird's ganz schön knackig.
GEISTER UND GEGNER - UND ITEMSUnd als wäre das nicht schon genug, gibt es obendrein noch Geister und Gegner.
Geister sind kleine schattierte Abbildungen, die man zwar gut erkennen kann, die aber in Wahrheit gar nicht da sind, sodass sie einem selbst nie im Weg sein können und man theoretisch einfach durch sie hindurchfahren kann. Jedoch oft nur rein theoretisch, denn in der Praxis ist es so, dass diese Geister häufig sehr, sehr geschickt fahren, weshalb man hier wirklich sein ganzes Können aufbieten muss; gleichsam kann man aber von ihnen lernen und studieren, sofern man Schritt halten kann, wie man an welchen Stellen man fahren oder fallen muss.
Gegner sind andererseits natürlich einfach andere Wagen, die auf der Strecke mitfahren. Man kann allerdings nicht einfach an ihnen vorbeiheizen, sondern man muss durch genau getimte Stunts entweder über oder unter sie hinwegspringen, oder über alternative Wege an ihnen vorbeikommen um sie dann hinter sich zu lassen. Das hat den Nachteil dass man an ihnen nicht einfach vorbeiziehen kann. Stattdessen rammt man sie immer nur von hinten an, was sie zusätzlich beschleunigt. Um da zuerst im Ziel anzukommen, muss man sich was einfallen lassen und vor allem schnell und gekonnt fahren.
Manchmal aber gibt es auch Items, die man nur aufsammeln und dann im passenden Moment aktivieren muss. Mit der Sprungfeder beispielsweise kann man einen großen Hüpfer machen - und wenn man es richtig anstellt, sogar über den Gegner hinweg - ist nur nicht immer einfach! :) Etwas leichter hat man es dann schon mit dem Geist-Item. Wird das aktiviert, wird man selbst für wenige Sekunden zum Geist und kann einfach so am anderen Wagen vorbeifahren, wenn man gerade schnell genug ist. Ausserdem gibt es noch Items wie z.B. den Fallschirm oder die Flugdüsen...
MULTIPLAYER & ONLINEZu einem Rennspiel, das auf sich hält, gehört natürlich ein Multiplayer. Und den bietet MotoHeroz - allerdings nur offline! Hier fahren bis zu vier menschliche Spieler/innen gegeneinander jeweils darum, wer zuerst im Ziel ankommt. Ist dann eine/r der Spieler/innen im Ziel, haben alle anderen 10 Sekunden Zeit, ebenfalls dort einzutrudeln. Und gewonnen hat dann natürlich, wer am Ende die meisten Punkte nach Platzierungen eingeheimst hat. Die Strecken sind bis zu 30 an der Zahl und entsprechen vom Gameplay her den Strecken aus dem Singleplayer. Sie können zudem frei ausgewählt oder auch per Zufallsfunktion zufällig bestimmt werden. Die Runden-Einstellung bestimmt, wie oft eine einzelne Map hintereinander gefahren wird.
Dann gibt es noch Online-Modus, der unglaublich viel bietet - nur eben leider keinen Multiplayer. Zum Einen können normale Challenges angenommen werden; beispielsweise möglichst schnell im Ziel zu sein. Zum Anderen gibt es auch Challenges, die darf man nur ein einziges Mal fahren. Üben darf man sie, so oft man will, aber wenn man dann wirklich loslegt, muss es sofort sitzen - eine zweite Chance bekommt man nicht mehr. Erschwerend hinzukommt, dass dieserlei Challenges nur für einige Stunden verfügbar sind. Dafür aber kommen laufend andere Challenges hinzu; alles, was man tun ist, immer wieder online zu gucken, ob es was Neues gibt.
Damit das alles aber eine gewisse Würze bekommt, wird das Ergebnis jeder Challenge in einer Highscore-Tabelle und mit Best-Zeiten-Geist gespeichert und kann so weltweit abgefragt und verglichen werden - und zwar entweder vollkommen öffentlich oder rein privat, indem nur diejenigen, die das Passwort zur privaten Tabelle haben, Zugang haben.
Als Sahnehäubchen obendrauf gibt es dann nochmals Downloadable Content für den man allerdings Nintendo Points opfern muss.
TECHNIKDie Musik ist traumhaft. Punkt. Sie erinnert mich äusserst stark an die alten Soundtracks von C64- und Amiga-Tech-Demos, die immer nebenbei zu hören waren, während auf dem Monitor irgendwelche Effekte abbrannten - und DAS ist definitiv was Gutes! :)
Grafisch passt ebenfalls alles wunderbar, doch geht in all den Details im Vorder- und Hintergrund manchmal ein wenig die Übersicht flöten, weil es bisweilen schwierig ist, den eigentlichen Streckenverlauf von optischen Zuckerguss drumherum zu unterscheiden. Und so rast man hin und wieder in irgendein Hinderniss, was man so gar nicht wahrgenommen hätte, oder man springt plötzlich hoch in die Luft, weil man die Rampe, auf der man gerade war, gar nicht wirklich gesehen hat. Hat man eine Strecke dann aber zwei-, dreimal gefahren, sitzt alles und man weiss bescheid; ärgerlich ist es trotzdem. Dafür gibt's aber 16:9-Modus bei 60 FPS und immer schnelle Ladezeiten.
Das Gameplay und seine zugrunde liegende Physik ist perfekt ausgetüftelt. Man muss sich nur ein wenig reinarbeiten, das ist alles, denn die ersten 1-2 Stunden können frustig sein; vor allem, wenn man sich zuerst auf den Online-Modus stürzen will, ohne wirklich gut geworden zu sein.
FAZITNicht nur, dass das hier die beste Software im WiiWare-Kanal ist, nein, sie ist mit eine der besten Softwares für die Wii überhaupt! Weil sie so wahnsinnig umfangreich ist (14 Fahrzeuge, weit über 100 Strecken, Offline-Multiplayer zu viert, haufenweise und immer wieder neue Online-Challenges, etc.) und so wahnsinnig viel Spaß macht!
Allerdings muss man sich für eine kleine Weile mit der Lernkurve auseinandersetzen, weil das Gameplay, wenn man noch ungeübt ist, für einigen Frust sorgen kann; MotoHeroz schenkt einem nichts - man muss sich alles selbst erkämpfen -, dafür aber fühlt man sich umso befriedigter, wenn's dann geklappt hat.