Brechen die Schlümpfe einen alten Fluch?Seit Urzeiten sind sie Geißel der Filmindustrie. Als Zeugnis von Raffgier und der Bereitschaft, all die Shreks und Nemos der kunterbunten Welt der Animationsfilme bis aufs Letzte auszuschlachten, liegen sie oft zurecht wie Blei in den Regalen, wenn der Moment des Hypes verflogen ist... Die Rede ist natürlich von Filmversoftungen, die, als ob auf ihnen ein Fluch laste, immer und immer wieder miese Wertungen in der Fachpresse einfahren. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es den Entwicklern hier meist nicht darum geht, ein möglichst vollkommenes Spielerlebnis zu erschaffen und den Spieler in eine Welt zu entführen, sondern vielmehr um die schnelle Kohle mit dem Hype.
Es scheint auf den ersten Blick, als hätte man bei Ubisoft die Schlümpfe so sehr ins Herz geschlossen, dass man ihnen einen halbgaren Videospielauftritt ersparen wolle. Immerhin wurde WayForward ins Boot geholt, ein Studio, das sich in letzter Zeit unter anderem mit der "Mighty Switch Force"-Serie einen Namen machte.
Nun aber genug der Vorschussschlumpfbeeren. Widmen wir uns lieber dem Ergebnis ihrer Arbeit. Und das ist ein reinrassiges Jump & Run ohne jedes Genre-Experiment. Das klingt nicht kreativ... Ist es auch nicht. Das uralte Prinzip: Renne mit einem Klempner, äh Schlumpf deiner Wahl von links nach rechts, sammle so viele Münzen, nein, Schlumpfbeeren wie möglich, springe den Gegnern auf die Rübe und erreiche das Ziel. Doch die Umsetzung zählt. Und an dieser Stelle können die Schlümpfe einige Bonuspunkte ergattern. Gleich zu Beginn fällt die farbenfrohe, strukturierte und teilweise verbal untermalte Menüführung auf. In diesem Punkt erlaubt sich der Titel keine Ausreißer. Immerhin erhält der Spieler den ersten Eindruck vom Titel über die Menüführung und diese ist absolut stimmig. Lobenswert ist es auch, dass man sich dazu entschieden hat, das Dorf der Schlümpfe als Oberwelt zu nutzen. Das ist allemal besser, als die einzelnen Welten einfach aus einem stumpfen Menü zu picken.
Sogar der zweite Eindruck ist noch recht ordentlich. Ich spiele an dieser Stelle auf die Grafik des Titels an. Gerade die Hintergründe der Levels im Wald sind fantasievoll und vor allem überraschend hochwertig dargestellt. Die Modelle der einzelnen Schlümpfe in den Levels sind ausreichend detailliert gestaltet, um sie auf den ersten Blick zu unterscheiden. Das liegt zum einen an ihrem Äußeren und zum anderen vor allem an den Animationen, die ihre Charakterzüge unterstreichen. Jeder Schlumpf bewegt sich auf seine ganz eigene Weise. Ein Hingucker sind zudem die Gegner. Verschiedene Insekten, Kolibris, ein Eisbär und sogar ein Phönix wollen den Schlümpfen an den Kragen. Sie sind ebenfalls teilweise recht gelungen animiert. Trotz dessen ist der Titel technisch auf der Wii nicht wirklich gelungen. Denn die Bildrate bricht quasi durchgängig ein. Besonders im Multiplayer-Modus, zu dem ich später noch ein paar Worte schreiben werde, kam es zu regelrechten "Rhythmusstörungen". Zudem sind die Hintergründe nicht alle hübsch anzusehen. So manches Level hätte man schon vor 15 Jahren deutlich besser darstellen können. Auf die Spitze treiben es aber die von Zeit zu Zeit eingestreuten Angriffe Gargamels. Diese sind nämlich nicht bloß spielerisch zutiefst unterfordernd sondern optisch auch so schlecht dargestellt, dass man den Zauberer, der durch ein Portal irgendeinen Käse erzählt, kaum erkennen kann. Ob diese Ausreißer in Zeitmangel begründet sind, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
Bei der musikalischen Untermalung gab man sich keine Blöße. Die Stücke sind in jeder Welt neu, nicht ohrwurmverdächtig aber adäquat. Der deutsche Synchronsprecher hat ganze Arbeit geleistet. Eines der deutlichsten Indizien für den Zeitmangel ist aber die unvollständige Übersetzung der gesprochenen Text. So sprechen die Schlümpfe selbst in den Levels englisch während die Geschichte auf Deutsch erzählt wird. Das ist sehr verwirrend. Wirklich nervtötend ist, dass die Schlümpfe anfangen, lautstark ihr weltberühmtes Lied zu trellern, wenn man einige Gegner in Folge besiegt hat... Immer und immer wieder. Und das ist nicht der einzige akustische Angriff auf ein gesundes Nervenkleid, den die Soundeffekte zu bieten haben.
Bei der Story hielt man sich nah an der Filmvorlage. Es fällt hier auf, dass eigens für das Spiel wirklich kunstvolle Standbilder gezeichnet wurden, die die Geschichte um Schlumpfines Schlumpfführung im Stil der Zeichentrickserie weiterspinnen. Vollständig animierte Zwischensequenzen wären natürlich das Nonplusultra, aber man merkt hier deutlich, dass viel Mühe in der Umsetzung steckt. Etwas verwirrend bleibt jedoch, dass der Stil der Zeichentrickserie nicht immer mit dem des Films einhergeht. So sieht gerade der fiese Zauberer Gargamel in den Zwischensequenzen total anders aus, als im Rest des Spiels.
Das Leveldesign selbst ist bei all der Effekthascherei sehr simpel ausgefallen. Die Abschnitte wirken absolut konstruiert und die einzelnen Levels der jeweiligen Welten gleichen sich wie ein eine Schlumpfbeere der anderen. Dennoch wurden einige Gimmiks wie verschiebbare Trampolins, Kanonen und Geheimräume umgesetzt. Die End- und Zwischengegner sind allesamt sehr leicht geraten, aber stehen dennoch für etwas Auflockerung. Auch die Spezial-Moves der einzelnen Schlümpfe sorgen für etwas Abwechslung. So blendet Beauty Schlumpf die Gegner mit seinem grazilen Erscheinungsbild, während Hefty einfach mit Seiner Hantel alles, inklusive massiver Steinblöcke, plattmacht.
Die Steuerung ist denkbar einfach. Die Wii-Remote wird quer gehalten, die Richtung mit dem Steuerkreuz vorgegeben. Die Schlümpfe springen mit der Taste 2 und mit 1 wird der jeweilige Spezial-Move ausgelöst. Schade ist, dass kein Wii-Feature genutzt wurde.
Umfang und Wiederspielwert gehen in Ordnung. Der Spieler kann aus neun Schlümpfen wählen. Jede der 6 Welten bietet 6 Levels mit Endgegner. Zusätzlich kann der Spieler es sich noch zur Aufgabe machen, Zusatzbedingungen zu erfüllen. Beispielsweise das Beenden eines Levels mit einem bestimmten Schlumpf oder ohne einen Gegner zu besiegen. Zudem gibt es in den Levels goldene Münzen zu finden, mit deren Hilfe Ihr verschwundene Schlümpfe ins Dorf zurückholt. Ein Feature, das erst nach dem Durchspielen zur Verfügung steht, sorgt zusätzlich für etwas Langzeitmotivation.
Ein echter Pluspunkt ist der Multiplayer-Modus. Hier können bis zu vier Spieler gleichzeitig die Levels unsicher machen. Dabei darf sich jeder für einen eigenen Schlumpf entscheiden. Es gibt sogar Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Spieler. So kann einer den Kopf des anderen als Trampolin verwenden, um so unerreichbare Passagen zu erklimmen. Einige Levels scheinen jedoch nicht auf das Spiel mit Freunden ausgelegt zu sein und scheinen gemeinsam nahezu unpassierbar. Da sind Bildschirmgewusel und gekündigte Freundschaften vorprogrammiert.
Von Schwierigkeitsgrad ist kaum zu sprechen. Es ist nahezu unmöglich, auf dem Bildschirm das Zeitliche zu segnen. Wird ein Schlumpf getroffen, verliert er alle getragenen Schlumpfbeeren. Nur wenn er getroffen wird, wenn er keine Beeren auf dem Konto hat, heißt es Game Over. Und die Levels sind randvoll mit diesen Beeren. Diese geringe Anforderung ist sicherlich der jungen Zielgruppe geschuldet. Wer aber alle Zusatzbedingungen erfüllen will, darf sich dann meist auch von keinem Gegner treffen lassen. Das hebt dann den Anspruch für Rekordjäger.
FazitDie Schlümpfe 2 ist ein reinrassiges, sehr einfaches 2D-Jump & Run mit einem spaßigen Multiplayermodus. Es haben sich viele der für Filmversoftungen üblichen Ärgernisse eingeschlichen, doch ist der Titel keinesfalls der schlechteste Vertreter dieser Riege. Für Fans des Films ist der Titel zu empfehlen, alle anderen greifen zu New Super Mario Bros., auch weil sich die Spiele sehr ähneln, abgesehen von der Qualität, unter deren Gesichtspunkt die Schlümpfe kein Licht sehen.