MOHRES LEHRENMit großer Verwunderung entnahm ich neulich einem großen Umschlag zweimal das Spiel Battleship: eins für die Wii, eins für die Xbox 360. Einen kurzen Anruf beim Publisher später wurde geklärt, dass das 360-Exemplar nur ein Versehen sei. Trotzdem... Warum soll laut USK die 360er-Fassung ab 16 sein, während die für die Wii ab 6 ist? Ist das nicht dasselbe Spiel? Um es kurz zu machen: Nein, ist es nicht. Covergestaltung sehr ähnlich, Hintergrundgeschichte dieselbe, Titel derselbe, aber Gameplay komplett anders: die 360-Version ist ein (nicht wirklich guter) Shooter, wohingegen die Version für die Wii ein rundenbasierter Taktiker der Fire-Emblem-Art ist.
Aber worum geht es eigentlich? Außerirdische Invasoren greifen plötzlich die Erde an, allerdings zu Wasser. Unsere Aufgabe ist es, den Invasoren Mohres zu lehren, indem wir ebenfalls zu Wasser mit unserer (mal wieder) amerikanischen Marine-Streitmacht alles geben, was wir haben. Wir schicken unsere Schiffs-Einheiten auf einer projezierten Feldmatrix einige Felder weit hierhin und dorthin, lassen sie angreifen, verteidigen, flüchten oder verfolgen, dann tun die Aliens dasselbe, dann sind wir wieder dran, dann die wieder Aliens... Solange, bis wir die Mission erfüllt oder dabei versagt haben.
Wie das so üblich ist, bekommen wir bei jedem Angriff natürlich sofort eine Retourkutsche, denn wenn wir ein Alienschiff attackieren, es aber mit diesem Angriff nicht endgültig zerstören können, kontert es seinerseits mit einem Gegenschlag. Deshalb müssen wir geschickt planen, welche unserer Streitkräfte wir wohin schicken, welche dieser Streitkräfte wann angreift oder verteidigt, oder sich lieber erstmal verdünnisieren sollte...
FINESSENDoch das ist nicht immer so leicht, denn die Schiffe verbrauchen natürlich Treibstoff, und wenn der irgendwann einmal ausgegangen ist, sitzt man fest! Da hilft nur rechtzeitiges Nachtanken. Dies tut man in speziellen Häfen, die bei vielen Missionen auf den Karten zu finden sind. Allerdings kann man die Häfen natürlich nicht mal eben so anschippern und hat sofort wieder alles auf volle Pulle aufgeladen. Auch gibt es oft kleine strategische Finessen, die durch die Häfen möglich werden, denn erreicht eine bestimmte Schiffsklasse (z.B. die Schlauchboote) die Häfen, können sie dort auch mal ein neue Schiffsklasse ins Rennen schicken.
Die Schiffsklassen selbst sind recht zahlreich und sie reichen von kleinen Booten, die nur 1x1 Feld groß sind, über mittlere, die 2x2 Felder groß sind, bis hin zu riesigen Gebilden, die 3x3 Felder belegen. Die Unterschiede in all den möglichen Schiffen sind natürlich vor allem Geschwindigkeit, Feuerkraft, Standfestigkeit und Sichtradius. Problematisch ist allerdings auch, dass nicht jedes Schiff überall entlangfahren kann, denn ist ein Meeresabschnitt beispielsweise durch zwei große Berge abgeriegelt, der deshalb nur 2 Felder breit ist, passen unsere 3x3-Schiffe dort nicht hindurch.
Wichtig ist auch, von welcher Seite man selbst ein gegnerisches Schiff angreift. Steht man mit dem Bug oder dem Heck zum anzugreifenden Kreuzer? Und welche Seite zeigt dieser Kreuzer seinerseits? Es kann also auch lohnen, vielleicht einen Zug mehr einzuplanen, um so weitere Felder zurückzulegen und dann mit mehr Feuerkraft draufhalten zu können; jedoch muss man bedenken, dass zwischen zwei Zügen ja auch noch der Feind ziehen darf - und wenn der dann seine Kanonen sprechen lässt, kann das böse für uns enden...
Leider mangelt es aber an einer ausgefeilten Spieltiefe, wie man sie etwa aus Fire Emblem kennt. Um ein Beispiel zu nennen: in der Nähe befindliche allierte Einheiten ballern nicht mit auf einen Feind, wenn der angreift, sondern bleiben stumpf stehen und nur der angegriffene Dampfer selbst feuert eine Salve zurück. Das mag man nun ebenfalls als taktische Finesse auslegen, ich finde es aber unsinnig, denn ich habe z.B. 10 Schiffchen alle sehr dicht beisammen stehen, ein Alienmutterschiff wagt sich vor und feuert - und nur ein einziges Schiff übt Vergeltung.
Warum sollte man also auch mal in der Gruppe vorgehen? Genau solche Vorgehensweisen beim Spieler zu unterbinden oder ermöglichen, sollte Aufgabe einer gut gestrickten Mission sein, nicht die der schlicht nicht vorhandenen Möglichkeit.
TECHNIKSoweit also zum Inhalt, der unterhaltsam ist. Dies wird auch von einer hübschen, allerdings bei näherem Hingucken etwas kantigen Grafik unterstrichen. Bei einem Nicht-HD-Draufsicht-Titel mag man fehlendes Antialiasing ja noch verschmerzen, aber wirklich versäumt hat das Entwicklerstudio, eine Zoomfunktion anzubieten. Man kann auf der Karte weder rein- noch rauszoomen, sondern nur herumscrollen. Auch hat man nur eine kleine Minikarte am Bildschirmrand, allerdings keine kurzzeitig aktivierbare Vollbildkarte für einen besseren Überblick.
Der Sound ist dafür wieder "voll ok". Nichts, was lange hängen bleibt, und das Drumherum ist ohnehin eher Militärisch gehalten, aber an Atmosphäre mangelt es jedenfalls nicht.
Mangeln tut es vielmehr an einer wirklich bequemen Steuerung. Sie funktioniert durchaus und man hat auch keine Probleme, sich zurechtzufinden, aber irgendwie wirkt mir das Ganze unvollkommen, denn gespielt wird vor allem mit der Wiimote, die man in einer Hand hält. Wahlweise kann man auch noch einen Nunchuk anschließen, und mit diesem die Karte scrollen oder flink zwischen allen eigenen Einheiten wechseln lassen.
Dennoch bleibt der Hauptteil der Arbeit in jedem Fall am Wiimote-Steuerkreuz und dem A-Button hängen. und es ist einfach unkomfortabel, wenn man dauernd die Haltung des Daumen ändern muss, um bequem das Steuerkreuz, die A-Taste und manchmal auch noch die 1-Taste bedienen muss. Ferner geht es massiv gegen meine Gewohnheit als Gamer. Es klingt nicht schlimm, und wenn es man nur mal so 1-2 Minuten "trocken" auf der Wiimote übt, stört es nicht. Aber spielt so mal 2-3 Stunden am Stück, nervt es gewaltig.
Dummerweise kann man die Wiimote nicht auf eine Querhaltung umstellen und auch keinen Classic Controller anschließen, denn DAS wäre perfekt gewesen und hätte dem Spiel auch locker nochmal 5% Spielspaßpunkte mehr eingebracht, kein Zweifel.
FAZITSo bleibt ein solides Spiel, das rein vom Gameplay her schon zigmal dagewesen ist, aber trotzdem seinen Reiz hat, allerdings nicht ganz die taktische Tiefe diverser Genrekollegen bietet. Dafür stimmt der Schwierigkeitsgrad. Denn aufgrund der mangelnden Tiefe ist der Titel widerum für Genreeinsteiger geeignet und der nicht zu hohe Schwierigkeitsgrad passt hier gut dazu.
Wirklich reinreißen tut's nur die Steuerung. Sie funktioniert gut, ist aber umständlich zu handhaben und man wünscht sich sehr bald, die Wiimote einfach quer oder einen Classic Controller bedienen zu können.
Netter Titel mit Schwächen, aber nicht ganz uninteressant.