2010 kam ein Film in die Kinos, beispielhaft für meine Generation. Nicht nur hob er den Regisseur für mich in den siebten Himmel - er zählt heute noch zu meinen liebsten Filmemachern - ich musste natürlich auch die Graphic Novel besitzen, auf der eben dieses Werk beruht. Das passende Videospiel lieferte Ubisoft... leider für Konsolen, die ich zu dem Zeitpunkt nicht besaß.
Titelheld Scott Pilgrim verliebt sich in Ramona Flowers. Doch nicht nur, dass er derzeit eigentlich jemand anderen datet, um Ramona für sich zu gewinnen, muss Scott sich ihren sieben bösen Ex-Freunden stellen. In Scott Pilgrim vs. The World: The Game - Complete Edition mündet das in einem handfesten Beat'em Up à la Streets of Rage oder Turtles in Time. Man könnte auch den NES-Titel River City Ransom als Inspiration nennen, denn genauso wie damals kaufen sich Scott und Co. in diversen Läden Upgrades und Hilfsgegenstände für ihre Prügelorgie. In sieben Stages geht es durch die Straßen vom verschneiten Toronto, welche sich thematisch an den Schauplätzen der Vorlage orientieren und am Ende mit einem Bosskampf gegen einen der Ex-Freunde aufwarten. Dabei muss sich Scott nicht alleine herumschlagen. Ihm stehen seine beiden Bandkollegen Kim und Stephen Stills, sowie Ramona selbst zur Seite. Zudem kamen damals sein zynischer Mitbewohner Wallace und Ramonas Nebenbuhlerin Knives hinzu, welche in dieser Version von Anfang an zur Verfügung stehen. Und da es in Zeiten wie diesen schwer ist, drei Mitspieler auf derselben Couch zu versammeln, gibt es neuerdings einen Online-Mehrspielermodus.
Doch Moment! Ich habe nur fünf Charaktere zur Auswahl? Und will ich online gehen, bekomme ich nur eine Texttafel angezeigt? Genau, denn wer Knives freischalten und über das Internet spielen möchte, MUSS seinen Account mit Ubisoft Connect verbinden. Den Umfang auf diese Weise zu beschränken, ist zwar kein Weltuntergang, ich finde es dennoch äußerst frech. Und dabei ist der Online-Modus nicht einmal sehr angenehm. Charakterwahl und Anzahl der Mitspieler müssen vor dem Erstellen der Lobby festgelegt werden. Beim Start eines Levels wird dann so lange gewartet, bis alle Spielerplätze belegt sind, ansonsten geht es nämlich gar nicht erst los. Drop In - Fehlanzeige. Eine Lobby mit Fremden zu finden, erweist sich dadurch als schwierig. Und wenn es mal funktionierte, lief es schleppend oder die Verbindung wurde scheinbar unterbrochen. Komischerweise konnte ich in solchen Fällen dann doch alleine weiterspielen, bekam aber keine Mitspieler mehr zugeteilt.
In Puncto Einsteigerfreundlichkeit zieht Scott Pilgrim vs. The World: The Game - Complete Edition ebenfalls den Kürzeren. Anfangs können die Charaktere kaum mehr als einen schnellen und harten Schlag. Erst mit steigender Erfahrung werden hilfreiche Techniken freigeschaltet und das dauert... Besonders zu Beginn bin ich ein Boxsack für die Gegner, welche gerne mal in Gruppen angreifen. Dann bin ich im Hitstun, liege am Boden oder die Gegner liegen am Boden und mir fehlen die nötigen Fähigkeiten ihnen konstant zuzusetzen. Der Spielfluss zieht sich besonders für Solisten wie Kaugummi. Das Fortschritts- und Levelsystem ist zudem charaktergebunden, also bleibe lieber bei deiner ersten Wahl. Die zusätzlichen Spielmodi sind - abgesehen vielleicht vom Boss Rush - auch nicht der Rede wert.
Immerhin sieht es nach wie vor wunderbar aus, was wohl dem tollen Pixel Artstyle zu verdanken ist, und der Soundtrack ist sehr gut. Neben Videospiel- und Popkulturreferenzen, gibt es für Franchisekenner ebenfalls so einige nette Sachen zu entdecken. Ein Ersatz um die Handlung der Comics oder des Films zu folgen, ist es allerdings sicher nicht. Es macht eindeutig mehr Sinn, sich vorher damit zu befassen.
FAZITWar der Hype übertrieben, oder ist der Zahn der Zeit nicht spurlos an Scott Pilgrim vs. The World: The Game - Complete Edition vorbei gegangen? Der Einstieg ist - besonders für Solospieler - zäh, der online-Multiplayer und die Zusatzmodi wirken hinzuaddiert und versprochener Content wurde hinter einer Registrierung versteckt! Grafisch und musikalisch zeitlos greifen Fans des Franchises zu, um ihre Sammlung neben Comics und Film zu vervollständigen. Insgesamt durchaus ein gutes Spiel, aber ein runderes Gameplayerlebnis gibt es mittlerweile bei Genre-Geschwistern wie
Streets of Rage 4 oder River City Girls.