Die Geschichte beginnt im August 1939, zur hart umkämpften Zeit kurz vor dem zweiten Weltkrieg. Ich verkörpere einen britischen Agenten, der seine Kontaktperson in der Schweiz treffen soll. In vier Akten geht es quer durch den neutralen Staat. Konfrontationen mit den Gegenparteien sind dabei selbstverständlich nicht auszuschließen. Die erzählerische Perspektive bedient sich dabei einer Nacherzählung.
Mein Spion hält seine Erlebnisse für eine Person namens Audrey fest und schildert sein Vorgehen. Dieses bestimme ich selbst durch mehrere Auswahlmöglichkeiten. Besonders das gewählte Medium sticht hier ins Auge. Die Berichte sind auf Postkarten festgehalten, links mit fließendem Text und rechts eine Darstellung des Gesprächspartners oder meines Agenten selbst. Die wählbaren Antworten werden als Briefmarken eingeblendet und auch wenn die Antworten nicht immer Rückschlüsse auf die Konsequenzen geben, sind mögliche Aktionen in Kategorien unterteilt. Die Marke mit der roten Axt beispielsweise steht für rabiateres Vorgehen, während die violette Katze für Heimlichkeit steht.
MALERISCHE OPTIKDieser artistische Ansatz wird durch das ganze Spiel getragen. In einem Journal lassen sich bisherige Ereignisse nachschlagen und auf der Karte führen gestrichelte Linien zum nächsten Ort, der dann mit einem roten Stift eingekreist wird. Auch die kurz animierten Bilder der Umgebungen sind zauberhaft gemacht. Sie erinnern, sehr passend, an stilisierte Postkartenmotive. Selbst die Menüs fügen sich in das übergreifende Thema ein. Die Soundkulisse muss ich ebenfalls lobend erwähnen. Es gibt zwar kaum Musik, doch die Umgebungsgeräusche von Lokomotiven, Kuhglocken und Stimmegewirr im Gasthof tragen ungemein stark zur Atmosphäre bei.
Spielerisch gibt es recht wenig zu tun. Meine Hauptaufgabe besteht darin, mir die nächste Reaktion zurechtzulegen. Jedoch gibt es ein paar Kniffe mit der Polizei im Nacken. So führen manche Entscheidungen dazu, dass ich Fußspuren hinterlasse oder eine Ablenkung generiere. Nach dem Ortswechsel werden diese Ereignisse addiert und ich kann der Polizei entkommen oder sie schaffen es, mich einzuholen. Dafür aber lädt Over the Alps eindeutig zum mehrmaligen Spielen ein. Je nachdem, wie ich mich entscheide, bekomme ich es mit unterschiedlichen Gestalten zu tun und natürlich kann ich mich selbst anders geben. Bin ich ein einem Durchlauf der britische Gentleman mit der silbernen Zunge, kann ich im nächsten Versuch ein einsilbiger Griesgram sein, der seinen Auftrag vor alles andere stellt.
Die deutschen Texte sind gut übersetzt und meines Erachtens sogar der Zeit entsprechend. So wird die deutsche Spionin ständig als Fräulein bezeichnet und wurde dementsprechend gramatikalisch mit 'Es' und 'Seinem' richtig umgesetzt. Nur gelegentlich gibt es ein paar kleinere Patzer, wie etwa Trennungsfehler auf der Karte. Im Handheldmodus lässt sich Over the Alps zudem komplett über den Touchscreen bedienen.
FAZITDie Präsentation mag auf den ersten Blick schlicht anmuten, trotzdem sprechen die Produktionswerte eindeutig für sich. Over the Alps ist ein packendes Spionageabenteuer, mit welchem ihr frei nach dem altbekannten Choose-your-own-Adventure-Prinzip eine Menge Spaß haben könnt. Wer dem Lesen nicht abgeneigt ist, darf sich den Titel auf die Wunschliste setzen.