Cover: Wintermoor Tactics ClubUnser Hauptcharakter Alicia ist Schülerin an der Wintermoor Academy und verbringt ihre Freizeit mit ihren beiden Freunden Colin und Jacob am liebsten im titelgebenden Tactics Club - im Grunde genommen ihre Ausrede, um den Rest des Tages D&D zu spielen. Entschuldigung, C&C (Curses & Catacombs) oder in der deutschen Übersetzung: Kults & Katakomben. Diesem friedlichen Miteinander wird jedoch von einer wahnwitzigen Ankündigung des Direktors Enfield ein jähes Ende gesetzt.

Er hat nämlich beschlossen, den ultimativen Klub an der Schule zu kühren - durch ein Schneeballschlacht-Turnier! Allerdings: Klubs die verlieren oder auch nur weigern teilzunehmen, werden mit sofortiger Wirkung aufgelöst... Ist der Rektor wirklich verrückt geworden? Und was hat es mit der unheimlichen K&K-Miniatur auf sich, die er in seinem Büro versteckt? Es geht offenbar um mehr, als nur die Wahrung des eigenen Hobbys. Vielleicht müssen ein paar Nerds die Schule retten, oder sogar die ganze Welt.

Wintermoor Tactics Club spielt in einer fiktiven Version unserer 80er Jahre. So steckt das Internet noch tief in den Kinderschuhen und nicht jeder Schüler hat ständig ein Smartphone vor der Nase. Verweise auf Literatur, allen voran Tolkiens Werke, lassen eine gewisse Ähnlichkeit zur Realität aufkommen - andere Dinge wurden verständlicherweise aus rechtlichen Gründen abgewandelt. Das zeigt sich selbstverständlich am Hauptaspekt des Spiels, dem eindeutig Dungeons&Dragons entsprechenden Rollenspiel.
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Das Vorlesen aus Regel- und Spielleiterbüchern, Würfelwürfe und aufstellbare Miniaturen, um die Schlacht besser zu visualisiern, wird jedem bekannt vorkommen, der sich schon mal ein wenig damit beschäftigt hat. Doch nicht nur die Kampagnen im Rollenspiel werden so dargestellt, denn durch den cleveren Einfall Alicias, die Schneeballschlachten als eine Kampfhandlung in K&K zu sehen, wird dieses System von uns Spielern auf beide Szenarien angewandt.
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STRATEGEN BEVORZUGT
Eine solche Kampfhandlung besteht aus einem vorgegebenen Schauplatz mit Hindernissen und Gegnern. Das Spielfeld ist in quadratische Felder unterteilt und jede Figur besitzt Angriffs- und Bewegungsreichweiten. Gegner weisen zudem ein bevorzugtes Verhalten auf, wen sie als ihr priorisiertes Ziel angreifen werden. Dazu noch ein paar Werte für Angriffskraft, physische und magische Abwehr, sowie einige kleine Zusatzeffekte. Angriffe der Spielfiguren lösen zudem meist ebenfalls Effekte aus.
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So zieht Colins Paladin Eodwald mit seiner Standardattacke die Aggro auf sich und Jacobs Schurke Rougey spielt liebend gern mit der Position der gegnersichen Figuren, indem er sie wegstößt oder zu sich heran zieht. Solche Standardangriffe generieren Taktikpunkte, welche dann in überlegene Techniken investiert werden können. Alicias Magierin entfesselt dadurch einen Strahl mit beträchtlicher Reichweite und Schaden, der alle Gegner in einer Reihe trifft. Alles abwechslungsreich und taktisch. Das einzige, was ich während des Kampfes zu beanstanden habe, ist die mitunter der Perspektive geschuldeten ungenaue Steuerung des Cursors.
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Die Auseinandersetzungen während des Turniers ziehen in der Regel eine Erweiterung der Kämpferriege nach sich. So gesellen sich Mitglieder aufgelöster Klubs zum Taktikklub und bringen neue Charaktere mit anderen Fähigkeiten hervor, von denen dennoch immer nur drei an einer Schlacht teilnehmen dürfen - Nebenquests und spezielle Herausforderungskampagnen machen Ausrüstungsgegenstände zugänglich.
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Zwar kann jede Figur nur eine Änderung bei sich tragen, diese wirken sich mitunter aber gewaltig auf die Strategie aus. So wird ehemals physischer Schaden zu magischem Schaden, Parameter wie Bewegungs- oder Angriffsreichweite werden erhöht, die Gegner werden mit Mali versehen oder in seltenen Fällen bekommt ein Charakter einen vollkommen neuen Angriff. Ihr seht also, dass hier tatsächlich reichlich strategische Tiefe zu finden ist und ausweglose Situationen mit der richtigen Kombination aus Kämpfern und Fähigkeiten gelöst werden können. Wem das alles aber zu viel ist, kann in den Optionen die eigenen Lebenspunkte erhöhen und/oder die der Gegner senken, um besser durch das Spiel zu kommen. Im optionalen No-Fail-Mode ist der Ausgang einer Schlacht schon fast egal und man kann sich vollumfänglich auf die Story konzentrieren.
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HERRLICHES WINTERMOOR
Und diese Story fesselte mich die gesamte Spielzeit über. In den sieben Kapiteln bis zum Finale des Turniers erleben unsere Freunde die eine oder andere Überraschung. Die bereits erwähnten Nebenquests geben den Akteuren ein wenig mehr Hintergrund und die Hauptgeschichte gefällt durch ihr übergreifendes Mysterium, das sich mit der Erfindung des K&K-Spiels selbst beschäftigt. Besonders zu loben ist die teils packende Musik mit ihrem großartigen Abenteuerflair. Die deutsche Lokalisation ist mit nur ein paar wenigen Ausrutschern makellos und fängt sowohl die Geschichte, als auch die einzelnen Charaktere gut ein. Eine Sprachausgabe gibt es jedoch nicht.
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Eine Übersichtskarte des Schlugeländes verbindet die sechs Schauplätze miteinander. Dort angekommen steuern wir Alicia aus der isometrischen Sicht durch den Schulflur, die Bibliothek oder die Außenanlage. Alles in allem macht Wintermoor Tactics Club sehr guten Gebrauch von seinen 2D-Spielfiguren. So ist jede Figur aus anderen Winkeln animiert und die Hauptfiguren und Klubmitglieder glänzen durch große Charakterporträts. Auch hervorzuheben ist an dieser Stelle das alternative Outfit im K&K-Stil, wobei die drei ursprünglichen Taktikklubmitglieder etwas aus dem Rahmen fallen. Colin, Jacob und Alicia merkt man ihren Porträts entsprechend an, dass sie sich nur schnell Kostüme überwarfen, während spätere Teilnehmer ein fast vollständig neues Charaktermodell bekamen.
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FAZIT
Ich hatte beim Anwerfen von Wintermoor Tactics Club gleich Flashbacks, wie ich damals Stunden über Stunden in Final Fantasy Tactics Advance versenkt habe - besonders aufgrund der Schneeballschlachtthematik. Auch wenn es nicht ganz dessen solche taktische Tiefe und Herausforderung wie das erwähnte Beispiel bietet, habe ich jede Minute mit Wintermoor Tactics Club genossen. Daher möchte ich Wintermoor Tactics Club vollumfänglich allen empfehlen, die auch nur im Ansatz mit Pen&Paper-Rollenspielen etwas anfangen können. Und dank der anfängerfreundlichen Optionen musst man im Zweifel nicht einmal gut in Videospielen sein.
Simon Singleplayer: 88%

Verfasst von Simon am 14.09.2020,
bemustert durch Plan of Attack
für bis zu 1 Person/en
Release am 10.09.2020