Vinyl City - eine Stadt, in der Musik regiert. Und das sogar wortwörtlich. Die Firma NSR hält nicht nur die Energieversorgung der gesamten Stadt aufrecht, ihre Musiker verwalten die einzelnen Stadteile. Was CEO Tatianna sagt, gilt als Gesetz und wer Musiker sein will, muss bei ihr vorspielen. Das tut auch das Rockduo Bunk Bed Junction, wird jedoch gnadenlos abgeschmettert. Doch nicht nur das, NSR erlässt einen Verbot von Rockmusik und drosselt die Stroumzufuhr. Das schreit nach einer Revolution - Rock-Revolution!
THE POWER OF ROCKBunk Bed Junction besteht aus Gitarristin Mayday und Drummer Zuke. Spielerisch unterscheiden sich die beiden nur minimal. So ist Mayday der Haudrauf, mit dem man sich keine großen Gedanken machen muss, während Zuke eher rhythmusbasierend seine Angriffe mit Spezialtechniken kombiniert. Einzelspieler wechseln jederzeit zwischen den Protagonisten. Wer jedoch zu zweit zockt, muss sich vorher über die Charakterwahl klar werden. Im exklusiven Drei-Spieler-Modus für die Nintendo Switch übernimmt ein dritter Spieler zudem die Rolle über Zukes zahmen Hausalligator. Dieser Modus ist jedoch - ähnlich wie die Touchscreen-Unterstützung - lediglich eine nette Dreingabe und bereichert das Gameplay minimal. So das Aufsammeln von Power-ups oder das Umwandeln von Requisiten auf größere Distanz möglich.
Um bis zu NSR vorzudringen, müssen die beiden die Stadtteile der entsprechenden EDM-Musiker übernehmen. Kurzerhand kapern sie also deren Konzerte. Dieser Vorgang besteht aus zwei Phasen. Abgesehen vom ersten Boss müssen Mayday und Zuke sich dem Ziel erst annähern. Hier werden Plattformer- mit Beat'em-Up-Elementen gemischt, um die Sicherheitslevel zu durchbrechen. Anschließend kommt es zum mehrphasigen Bosskampf selbst. Immer wieder begleitet von dem wohl schmissigsten Soundtrack, den ich in jüngster Zeit beiwohnen durfte. Diese Tracks kommen sogar in verschiedenen Varianten daher.
Und wie ich No Straight Roads genossen habe. Die Charaktere sind top. Vom Design, über das Writing, bis zur Sprachausgabe. Was hier abgeliefert wurde, übertraf meine Erwartungen immer wieder aufs Neue. Maydays Frei-Schnauze-Attitüde lässt auf den ersten Blick erkennen, worum es ihr geht, und der ewig gechillte Zuke ist das perfekte Gegenstück. Die Schreiber überraschten mich dennoch mit wirklichem Tiefgang und nachvollziehbaren Charakterzügen. Das trifft auf den gesamten Cast zu. Selbst wiederkehrende Figuren auf der Straße und die anderen Musiker haben ihre liebenswerten Eigenheiten. So hängt DJ Subatomic Supernova mit seinem Kopf in den Sternen, der Freestyle-Rapper DK West redet sich den Mund fusselig und der Manager der Boyband stellt sich als traumatisierter Kriegsveteran heraus. Ein Applaus verdient zudem CEO Tatianna - beste Villian-Performance seit langem!
STYLE OVER SUBSTANCEDoch warum muss die Sache einen Haken haben...? Ich erwähnte bereits, dass die Switch-exklusiven Extras nicht wirklich etwas zum Spielerlebnis beitragen. Doch da reißt der Faden leider nicht ab. Matschige Texturen und ständige Pop-ins gehören zur Tagesordnung. Besonders auf der Oberwelt kommt es mit der überempfindlichen Kamerasteuerung immer wieder zu solchen Problemen. Die etwas zu träge Steuerung und eine fragwürdige Kollisionsabfrage tun dem Spiel ebenfalls nichts Gutes. Besonders, weil das Gameplay sehr auf Rhythmus ausgelegt ist. Wobei: Ist es das überhaupt? Zumindest wird es offiziel so angepriesen - in der Realität hatte ich jedoch meist arge Probleme, diese Rhythmen zu erkennen.
Und dann sind da noch die Schwierigkeitsspitzen, die es ebenfalls in sich haben. First Tries hatte ich so gut wie nie. Stattdessen musste ich mich in neuen Phasen erst auf die Veränderungen einstellen und hatte dann wiederum mit Steuerung, Übersicht und Rhythmus so viel zu tun, dass mir die Lebensenergie schneller abhanden ging, als ich gucken konnte. Ganz besonders das Rap-Battle-Minigame bereitete mir und meinen Mitspielern Kopfzerbrechen. Zu allem Überfluss lassen sich nur dadurch die mächtigen Coop-Manöver freischalten! Nach jedem erfolgreichen Bosskampf schalte ich nach und nach die höheren Schwierigkeitsgrade frei. Durch deren Bewältigen erhält die Band neue Fans, was in No Straight Roads Erfahrungspunkte sind. Um also den Skilltree vollkommen freizulegen, ist es unabdingbar, die schweren Modi zu meistern.
Was mir zudem fehlt, ist eine Gallerie. Zwar konnte ich Sammelgegenstände und ähnliches gewinnen, aber die coolen Plattencover und - mir ganz besonders unverständlich - die geile Musik sind nicht einfach zum Reinschauen bzw. -hören verfügbar. Ich schüttle immer noch den Kopf deswegen.
FAZITCharaktere, Story, Style und vor allen Dingen die Musik - es stimmt einfach alles! Leider reicht das allein nicht, denn ein Videospiel möchte man bekanntlich gut spielen können. An dieser Stelle hapert es bei No Straight Roads reichlich. Meine Empfehlung lautet daher: Schnappt euch 'nen Kumpel und seit etwas gnädiger mit dem Titel und euch selbst. So könnt ihr mit No Straight Roads doch noch die Bude rocken!