Cover: Naruto Shippuden: Ultimate Ninja Storm TrilogyBei der Naruto: Ultimate Ninja Storm Trilogy handelt es sich nicht um ein eigenständiges Spiel, sondern um eine Wiederveröffentlichung der ersten drei Teile dieser spezifischen Naruto-Videospielserie (die eigentlich eine Tetralogie ist). Auch, wenn das Naruto-Franchise mit seinen zahlreichen Ablegern auf zig Konsolen mittlerweile geradezu gigantische Ausmaße angenommen hat, so kann ich Neulinge unter euch damit beruhigen, dass bei dieser Trilogie die Story von Null auf aufgegriffen wird und man deswegen keine allzu großen Schwierigkeiten haben dürfte, in die Serie einzusteigen... oder?

Story-Prämisse
In der Welt von Naruto sind die sogenannten "versteckten Dörfer" (jap..: gakure) mit ihren Ninja-Clans von großer militärischer Bedeutung, in denen jeweils die Schatten (jap.: kage) das Dorfoberhaupt darstellen. Naruto selbst ist ein zwölfjähriger Junge, der es sich zum Ziel gesetzt hat, der "Hokage" (dt.: Feuerschatten) seines Dorfes "Konoha-gakure" (dt.: versteckt unter den Blättern) zu werden. Von den Dorfbewohnern wird er generell aus Angst gemieden, da er den neunschwänzigen Fuchsdämon "Kyūbi" in sich trägt. Kurz nach seiner Geburt drohte Kyūbi nämlich das Dorf zu zerstören, sodass sein Vater, der vierte Hokage, den Dämon unter Einsatz seines Lebens in den Körper seines Sohnes verbannte. Die Spieler (Zuschauer?) verfolgen also ganz klassisch die Geschichte eines verstoßenen Jungen und begleiten ihn auf dem Weg, den Respekt seiner Mitmenschen durch Heldentaten zu erlangen.

Jetzt sind ganz schön viele Begriffe gefallen, die man als Einsteiger erstmal verarbeiten muss, nicht wahr? Das hängt damit zusammen, dass viele der im Original verwendeten Begriffe bei der Übersetzung ins Deutsche nicht übersetzt wurden (wahrscheinlich, da die japanischen Wörter deutlich kürzer sind). Das führt dann unweigerlich zu dem Problem, dass Franchise-Einsteiger Probleme damit haben, überhaupt zu verstehen, worum es sich bei den ganzen Begriffen genau handelt: Es gibt nämlich keinerlei Exposition für diese Begriffe.
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Für Personen, die dem Japanischen nicht mächtig sind, ist das aber alles andere als transparent. Da hätte man in der Übersetzung so etwas wie ein Glossar hinzufügen sollen - wer möchte während des Spielens schon die ganze Zeit irgendwelche Wiki-Seiten aufschlagen müssen? Auch für mich war es nicht leicht, mir dieses Muster gleich zu erschließen. Nicht, weil die Schriftzeichen fehlen würden, sondern weil die Transkriptionen einiger Begriffe nicht ganz korrekt sind: Chūnin und Jо̄nin werden bspw. lediglich als Chunin und Jonin übersetzt - was tatsächlich einen großen Unterschied in der Bedeutung macht. Jonin könnte bspw. auch "Frauen-Ninja" bedeuten. Ein zusätzliches Makron hätte nicht schaden können, wenn man die Begriffe sowieso schon unübersetzt lässt.
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Mit Naruto durch die halbe Ninja-Historie
Auch der Rest der Einzelspielerkampagne gestaltet sich zumindest in Teil 1 nicht besonders einsteigerfreundlich. Man befindet sich stets in Konoha-gakure, das quasi das Oberwelt-Hub darstellt. Von dort aus kann man das Dorf erkunden und Missionen annehmen, die man dann anschließend durch das Hauptmenü startet. Die Geschichte wird lediglich durch sogenannte "Flashback"-Missionen vorangetrieben. Diese werden mit einer Art Tagebuch-Eintrag von Naruto eröffnet, dann geht es meist sogleich in den Kampf. Es gibt durchaus ziemlich coole Zwischensequenzen, die man sich ansehen kann, allerdings sind diese so spärlich verteilt, dass man story-technisch in dem Spiel eigentlich nichts geboten bekommt. Die ganzen Nebencharaktere werden auch einfach hingenommen, sodass jemand wie ich, der weder den Manga gelesen, noch den Anime geschaut hat, sich hoffnungslos in dem ganzen Charakter-Wirrwarr verliert. Dieses Spiel ist somit, trotz der Tatsache, dass der Plot von Anfang an aufgerollt wird, eigentlich nur für Fans verständlich. Ein ziemlich seltsamer Umstand, wie ich finde.
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In Teil 2 und 3 ist die Einzelspielerkampagne hingegen deutlich besser ausgearbeitet. Der Produktionswert ist deutlich gestiegen, wodurch wesentlich mehr Zwischensequenzen zu bestaunen sind, die allesamt sehr schön animiert sind und den Flair des Anime gut wiedergeben. Auch die Spielweise hat sich geändert: Man klickt sich nicht mehr von Mission zu Mission, sondern läuft tatsächlich durch die Spielwelt, wie in einem typischen JRPG. Das steigert die Immersion enorm und macht auch deutlich mehr Spaß, als noch durch das recht sterile und leblose Konoha-gakure in Teil 1 zu laufen. Der Erkundungsfaktor ist jedoch wiederum recht unterschiedlich: In Teil 1 lässt sich noch ein großes Dorf komplett ohne Ladezeiten entdecken, in Teil 2 hat man lediglich vorgerenderte Hintergründe, und in Teil 3 hat man zwar eine 3D-Welt, die aber in mehrere Karten aufgebrochen ist und sich daher auch nicht komplett frei erkunden lässt, wie es noch in Teil 1 der Fall war. Insgesamt sind die Einzelspielerkampagnen nicht sehr konsistent innerhalb der Spielserie, aber vielleicht ist das ja ein Grund mehr, sich mal die gesamte Trilogie zu Gemüte zu führen?
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Kämpfe ohne Ende
Das eigentliche Herzstück des Spiels sind natürlich die Kämpfe. Zwar gibt es ein paar Minispiele, in denen man sich durch ein Walddickicht kämpfen oder entlaufende Katzen suchen muss, aber diese Spielereien sind so repetitiv und belanglos, dass sie kaum der Rede wert sind.
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In typischer Beat 'em up-Manier liefert man sich ein hitziges Duell mit seinem Gegner, um seine Energieleiste schlussendlich auf 0 zu reduzieren. Neben der Energieleiste gibt es eine sogenannte Chakra-Leiste: "Chakra" wird die spirituelle Kraft genannt, die man benötigt, um mächtige Ninja-Künste (jap.: jutsu) zu aktivieren. Die Tastenbelegung hierbei ist sehr überschaubar: Die vier Haupttasten sind aufgeteilt in Angreifen, Springen, Chakra und Wurfsterne. Mit den oberen Schultertasten ruft man seine Teamkameraden zur Hilfe, mit den unteren kann man die gegnerischen Attacken entweder blocken oder ihnen ausweichen. Schlussendlich stehen noch diverse begrenzt einsetzbare Werkzeuge zur Verfügung, die man mit den Pfeiltasten einsetzen kann.
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Das Alleinstellungsmerkmal der Kämpfe in Naruto ist definitiv das Chakra. Damit greift man auf eine Vielzahl an weiteren Techniken zu. Zum Aufladen von Chakra hält man ganz simpel die Chakra-Taste gedrückt. Drückt man die Taste nur einmal und kombiniert sie mit einer anderen Aktion, werden diese sehr viel effektiver. So kann man beispielsweise einen Schnellsprint zum Gegner einlegen und ihn damit zu Zeiten der Unaufmerksamkeit überraschen. Zu guter Letzt verfügt jeder Charakter über eine "Ultimative Technik", der man zwar aufgrund der Ausholzeit relativ leicht ausweichen kann, aber wenn sie trifft, dann verursacht sie verheerenden Schaden.
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Eine tiefergehende Mechanik stellt das sogenannte "Tausch-Jutsu" dar. Mithilfe dieser Kunst kann man sich aus dem Angriff eines Gegners herausteleportieren, indem man den eigenen Platz mit dem Platz eines anderen Gegenstandes tauscht (was in den meisten Fällen ein Holzscheit ist). In Teil 1 und 2 kann man, wenn man die Blocktaste kurz vor einem gegnerischen Treffer drückt, die Tausch-Jutsu aktivieren, was allerdings ein wenig Chakra benötigt und auch nicht immer zwangsläufig funktioniert, wenn der Gegner eine nahtlose Combo einlegt. In Teil 3 hingegen kommt eine Tausch-Jutsu-Leiste hinzu, mit der man insgesamt viermal unter Garantie die Kunst einsetzen kann. Dafür ist sie dann aber danach für temporäre Zeit gar nicht mehr verfügbar. Statt Timing ist dann also Ressourcen-Management gefragt - dadurch verkommen die Kämpfe bisweilen aber auch öfter zu einer Wette, wer zuerst die Tausch-Jutsu-Leiste verbrauchen wird. Wenn man dann nämlich von einer gegnerischen Combo getroffen wird, bleibt man auch bis zum Ende drin.
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Das Kampfsystem in Teil 1 birgt einige tiefergehende Mechaniken, die aus irgendeinem Grund in den späteren Teilen nicht mehr integriert wurden. Darin enthalten sind die Möglichkeiten, Gegner am Boden anzugreifen, Partner zur Hilfe zu rufen, um entweder die eigene Combo abzuschließen oder die gegnerische Combo gar zu vereiteln, und die Möglichkeit, die ultimative Technik des Gegners durch ein heftiges Tastenduell abzubrechen. Ein ähnliches System gibt es auch, wenn zwei mächtige Chakra-Angriffe aufeinanderprallen, wo das Tastenduell dann bestimmt, welcher Angriff gestoppt wird und welcher sich durchsetzt. Dies sind alles Mechaniken, die das Kampfsystem eigentlich ein wenig komplexer gemacht haben. Mit dem Entfernen dieser Features hat man das Kampfsystem dadurch simpler gemacht, als es ja eigentlich sowieso schon war. Eine sehr fragwürdige Entscheidung, die von den Entwicklern da getroffen wurde.
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In Teil 2 und 3 fügen die aufwendig inszenierten Bosskämpfe dem Spielgeschehen eine weitere Dimension hinzu, indem während der Kämpfe zu cineastischen Zwischensequenzen gewechselt wird, die der Spieler durch typische Quick-Time-Events vorantreiben muss. Diese simple Spielmechanik bewirkt, dass der Spieler aktiv den Kampf weiterverfolgt, dabei gleichzeitig aber in Ruhe die dynamischen Zwischensequenzen betrachten kann - relativ gut gelöst, wie ich finde. Teilweise bieten diese Kämpfe auch leicht abgeändertes Gameplay, indem neue Aktionen ermöglicht werden, das Kampfgebiet durch Zerstörung neu strukturiert wird oder man sich gar komplett anders fortbewegen muss, bspw. von Dach zu Dach springt, während eine große Monstrosität die Stadt angreift. Diese Kämpfe werten den Einzelspielermodus ungemein auf, wodurch dieser sich nicht wie eine notwendige Last wie in Teil 1 anfühlt, um alle Inhalte freizuspielen zu können. Hier merkt man den Spielen auf jeden Fall ihren hohen Produktionswert an.
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Umfang und Inhalt
Das bringt mich in ein kleines Dilemma: Vom Umfang und Inhalt her sind Teil 2 und Teil 3 dem Erstling deutlich überlegen. Eine spaßigere Einzelspielerkampagne, wirklich tolle, vollvertonte Zwischensequenzen, super inszenierte Bosskämpfe sowie eine sehr große Auswahl an spielbaren Charakteren (von nur 25 zu 44 bis hin zu 81). Aber bei den Kampfmechaniken müssen wir schrittweise Einbuße in Kauf nehmen, indem deutlich weniger Reaktion von den Spielern abverlangt wird. Das macht es einem doch irgendwie schwer, die Nachfolger besser einzustufen als die Vorgänger. Das macht die Teile 1 und 2 gegenüber 3 nicht irgendwie ebenbürtiger, sondern frustriert mich als Spieler eher, weil ich mir dann denke: Eine Mischung aus diesen Teilen würde eigentlich das perfekte Naruto-Spiel ergeben. Warum hat man also diese merkwürdigen Design-Entscheidungen getroffen? Ich werde es nie verstehen können...
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Der Einzelspielermodus ist jeweils etwas mehr als zehn Stunden lang in allen drei Teilen. Das ist eine annehmbare Spielzeit für ein Beat 'em up, wo doch eher der Mehrspielermodus im Vordergrund steht. Teil 1 ist missionsbasiert, Teil 2 ist stark vom JRPG-Genre inspiriert und Teil 3 enthält typische Hack 'n Slay-Elemente. Abwechslung ist definitiv geboten, wobei man dem ersten Teil durch seine Trägheit zuweilen noch definitiv sein Alter anmerkt. Dummerweise verlangt ausgerechnet das Spiel mit dem eher langweiligeren Einzelspielermodus, dass man diesen durchspielt, um alle Charaktere freizuschalten. In Teil 2 und 3 lassen sich hingegen fast alle Charaktere einfach durchs "Freie Kämpfen" freischalten. Perfekt für diejenigen, die hauptsächlich mit ihren Freunden sich gegenseitig vor den Kopf stoßen möchten.
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In Teil 2 und 3 ist zudem ein Online-Modus erhalten, der aber nicht sonderlich aktiv zu sein scheint. Wenn man bedenkt, wie alt die Spiele eigentlich sind, und auf wie vielen unterschiedlichen Konsolen sie bislang schon erschienen sind, verwundert mich dieser Umstand aber nicht wirklich. Bis auf die üblichen Input-Lags sind aber keine großen Unterschiede zum lokalen Mehrspielermodus festzustellen. Da Teil 1 aber keinen Online-Modus enthält, kann ich mir auch ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, dass sich da eine besonders große kompetitive Szene drumherum aufbauen würde. Immerhin ist es ja das Spiel mit dem komplexesten Kampfsystem.
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Technik, Grafik und Sound
Technisch gesehen ist Teil 1, der 2008 erschien, ein wenig hinterher, das merkt man dann doch schon ein bisschen. Die Hintergründe sind ein bisschen schal und in dem Oberwelt-Hub wird oftmals dasselbe Charaktermodell für verschiedene NPCs verwendet. Von den Charakter-Animationen her sind allerdings alle Teile hervorragend: Dynamische Spezialeffekte und nahezu perfektes Cell-Shading lassen die Spiele bisweilen weitaus spektakulärer aussehen, als der Anime selbst! Vor allem die ultimativen Techniken sind jedes Mal ein wahrer Augenschmaus, geradezu ein Fest der Sinne! Sie sehen nicht nur gut aus, sondern sind auch durch ständige Kamera-Fahrten und Wortgefechte äußerst dynamisch in Szene gesetzt. Zudem lassen sich auch öfter viele Eastereggs finden, wenn man bestimmte Charakterkombinationen wählt bzw. bestimmte Charaktere gegeneinander antreten lässt - als würde man eben einen Anime schauen! In puncto Grafikgestaltung braucht sich das Entwicklerstudio definitiv nicht verstecken, denn selbst heute sehen die Spiele noch grandios raus. Auch die Hintergründe sind vor allem in Teil 2 und 3 sehr schön anzusehen und vermischen sich gut mit den Charaktermodellen.
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Das Spiel läuft auf konstanten 30fps auf 900p im TV-Modus bzw. 540p außerhalb des Docks. In beiden Fällen hat man eine ordentliche Bildqualität, und das Gesehen lässt sich auch im Tischmodus noch gut mitverfolgen, wenn man mal unterwegs Lust hat, mit einem Freund sich ein paar Duelle auszuliefern.
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Die Musik in dem Spiel beweist vor allem in den Zwischensequenzen ihre Stärke, wo die Stücke nicht nur sehr gut gewählt sind, sondern auch vom Klang her ordentlich reinhauen. Die Grundthematik stellt japanische Folklore dar, die entweder von einem sanften, aber temporeichen Klavier begleitet wird oder durch das Hinzukommen von rockigen Gitarren neu interpretiert wird. Die Soundeffekte sind nahezu die gleichen, die im Anime verwendet werden, was ein nettes Easteregg darstellt. Im Menüführung wird mit klassischer japanischer Perkussion unterlegt, und ab und zu hören wir ein lautes, jaulendes "YOOOH!", das man vor allem aus dem populären Nо̄-Theater kennt. Insgesamt besticht das Spiel soundtechnisch durch seine Authentizität und ergänzt diese mit moderner Komposition und einigen dynamischen Instrumenten.
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Fazit: Die Trilogie
Die Spiele sind vom Aufbau und ihrer Story-Präsentation her nicht sehr konsistent und die einzige Konstante stellen eigentlich das Franchise selbst und die Tastenbelegung in den Kämpfen dar. Eine endgültige Wertung, die für alle enthaltenen Spiele der Trilogie gilt, wird man darum nicht treffen können. Denkt euch einfach ein paar Prozente in der Singleplayer-Wertung für Teil 1 hinunter bzw. für Teil 2 und 3 hinzu. Und im Multiplayer wiederum ein paar Prozente auf und ab, je nachdem, welche verworfenen Aspekte des Kampfsystems aus Teil 1 man misst und welche Design-Entscheidungen von den Entwicklern man tatsächlich begrüßt. Die Serie als Ganzes würde ich dann einfach als grundsolide bezeichnen, mit einem kleinen Tränchen im Auge, da die Fusionierung der besten Aspekte aus allen Teilen sicherlich ein Meisterwerk hätten werden können.
«Ligiiihh» Singleplayer: 75%
Multiplayer: 75%


Verfasst von «Ligiiihh» am 09.05.2018,
bemustert durch Bandai Namco
für bis zu 2 Person/en
Release am 26.04.2018