Wir schauen mittlerweile auf 18 Jahre Kingdom Hearts zurück. Obwohl diese Reihe grob durchnummeriert letztes Jahr erst mit Teil Drei auftrumpfte, trägt jedes Spin Off und jede Nebenerzählung zur überladenen und konfusen Gesamtgeschichte bei. Kingdom Hearts: Melody of Memory macht nun zweierlei Dinge - es feiert die gelungene Hochzeit von Square Enix und Disney und dient gleichzeitig als kleine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse in diesem verwirrenden Spiel zwischen Licht und Dunkelheit.
Ich werde mich an dieser Stelle garantiert nicht dazu überreden lassen, die Geschichte bis hierher nachzuerzählen. Das würde den Rahmen eindeutig sprengen. Vermutlich würde ich nicht mal alles richtig auf die Reihe kriegen... Doch das ist auch nicht weiter nötig, um Kingdom Hearts: Melody of Memory genießen zu können. Im Kernstück des Spiels, der 'Weltenreise', werden frei nach Releasezeitpunkt der vorherigen Spiele immer neue Welten freigeschaltet.
So arbeite ich mich von Destiny Island aus dem ersten Kingdom Hearts über Kingdom Hearts II, Birth by Sleep und Dream Drop Distance bis zum aktuellen Finale durch und bereise dabei bekannte Disney-Welten. Abgesehen von gut einem Dutzend offizieller Disney-Songs kommt dieses Rhythmus-Spiel mit den Eigenkompositionen aus dem Hause Square Enix daher. Was allerdings nur unterstreicht, dass die Reihe - zumindest musikalisch - ganz gut ohne den Konzert mit der weltberühmten Maus zurecht kommt.
BLEIB IM TAKTEin Großteil der Lieder wird auf einem Rundkurs durch die jeweilige Themenwelt abgehandelt. Das dreiköpfige Protagonistenteam läuft ihren Weg entlang und schlägt die eintreffenden Gegner im Rhythmus zur Musik. Die visuellen Effekte helfen dabei das richtige Timing zu erwischen. Neben den Angriffen (mit A, L und R) muss der Teamanführer gelegentlich auch mit dem X-Knopf zaubern oder mit dem B-Knopf springen bzw. gleiten um gewisse Gegner oder Notenreihen zu erreichen. Daneben gibt es dann noch die Erinnerungstauchgänge und sogar Bosskämpfe, welche beide eher an klassische Rhythm-Games erinnern und mehr Gebrauch vom Analogstick machen.
Um in der Weltenreise voran zu kommen, müssen je drei Aufgaben in einem Song bewältigt werden. Sind diese anfangs noch kein Problem, ist später auch mal Grinding angesagt um beispielsweise einer bestimmte Gegnerklasse den Gar auszumachen. Jeder Song kommt zudem in drei Schwierigkeitsgraden daher und hilfreiche Items können mitgebracht werden um etwa die LP der Gruppe zu heilen oder Micky für die Stage an seine Seite zu rufen.
Gelegentliche Gastcharaktere, wie Peter Pan oder Simba, sind auch mit von der Partie. In der Liederauswahl lassen sich zudem noch weitere Einstellungen vornehmen. Für Anfänger eignet sich der Einzel-Modus, bei dem nur ein Knopf für alle Aktionen verwendet werden muss, und Profis freuen sich über den Performance-Modus, der mit der Einbindung zusätzlicher Tasten mehr Kombimöglichkeiten und somit Punkterekorde mit sich bringt.
TYPISCHE AMBITIONENMit gleich zwei Multispieler-Modi kommt der Musik-Ableger daher. An einer Konsole können die Songs im Co-Op angegangen werden, online lassen sich VS-Kämpfe bestreiten. Online oder gegen die CPU kämpfe ich mit meinen Kontrahenten um die höhere Punktzahl und wir behindern uns gegenseitig mit gemeinen Tricks. Gegner werden geschrumpft, die Sichtweite eingeschränkt oder ähnliches. Die Switch hat sogar einen lokalen Modus für bis zu acht Spieler spendiert bekommen. Dort streiten sich alle um die höchste Punktzahl und zu viele Fehler führen zum Ausscheiden.
Die gesamte Präsentation des Spiels bleibt der Vorlage treu und erweitert es um bekannte Elemente. So ist fast jeder Levelrundkurs einmalig, auch wenn sich einige Welten wiederholen, und der Ladebildschirm kommt mit den Protagonisten im Stil von Theatrhythm Final Fantasy daher. Zwar wurden ein paar grafische Abstriche vorgenommen, diese fallen aber besonders bei den Charaktermodellen nicht ins Gewicht.
Kingdom Hearts: Melody of Memory wäre natürlich kein Kingdom Hearts, wenn es nicht so einige fragwürdige Features einbauen würde. Dass auch mit diesem Titel eine Brücke zur Haupthandlung geschlagen wird, sollte Fans von vorne herein klar sein. Die Wahl aus vier unterschiedlichen Teams ist großartig. Warum diese allerdings über ein Erfahrungspunktesystem verfügen müssen, ist mir schleierhaft. Auch die vielen Sammelgegenstände kommen oft in zwei Varianten vor - Gold und Platin.
Die Sammlung zu vervollständigen, hat somit einen Nachgeschmack von Spielzeitstreckung. Und wo ich gerade beim Meckern auf hohem Niveau bin, so vermisse ich doch ein paar bekannte Gesichter - allen voran Winnie Puuh oder Jack Sparrow - und bekomme mitunter oft zwei oder gar drei Versionen desselben Songs präsentiert. Ferner scheint Square Enix sehr stolz auf ihre Cutscenes in Kingdom Hearts III zu sein, bestehen die Level aus diesem Teil doch überwiegend ledglich aus Zusammenschnitten derselbigen.
Mein mit Abstand größter Kritikpunkt ist jedoch die mangelnde Erkennung meiner Eingaben. Zu oft reagierte ich mit einem entnervten "Ich hab doch gedrückt!", wenn mir mal wieder eine gute Serie an Treffern misslang. Da ich dieses Phänomen sowohl am Fernseher mit dem Pro Controller, als auch auf meiner Switch Lite hatte, muss ich es entweder mir selbst oder der Technik zurechnen.
FAZITGanz typisch für diese überambtionierte Serie hat Kingdom Hearts: Melody of Memory einen eigenen Kniff ins Musikspielgenre gebracht. Dies funktioniert dank der circa 11stündigen Kampagne, den vielen Collectables und den Mehrspielerkomponenten ganz gut. Musikliebhaber und Serienfans sollten sich den Kauf nicht zweimal überlegen. Wer eine plausible Zusammenfassung der Geschichte sucht, wird mit diesem Spiel allerdings nicht schlauer und auch die Disney-Komponente fällt dieses Mal sehr gemächlich aus.