Der rote PlanetDie Besiedelung des Mars' rückt weiter in greifbare Nähe. Ich bin Teil des Unterfangens, ihn zu erobern und mache mich in dieser lebensfeindlichen Umgebung daran, eine Kolonie zu gründen. Kein leichtes Unterfangen für einen einzelnen Astronauten, ein paar 3D-Druckern und offiziell lizensierten Baufahrzeugen. Ihr habt richtig gelesen - der Titelzusatz JCB bezieht sich auf einen britischen Hersteller von Bau-, Industrie- und Landmaschinen. So ist es kaum verwunderlich, dass ich nach einer unsanften Bruchlandung auf der Planetenoberfläche nur ein paar Tutorialschritte weiter einen fahrbaren Untersatz finde, den ich daraufhin prompt zu meiner Basis kutschiere und dieser zu meinem treuesten Begleiter auf diesem trostlosen Planeten wird.
Die Entwickler rühmen sich mit dem Vorhandensein wissenschaftlich korrekt implementierter Gefahren auf der Marsoberfläche. Geysire, Staubteufel, Stürme und Meteoritenschauer gehören demnach zur Tagesordnung. Auch radioaktive Substanzen und Lava machen mir das Überleben nicht leicht. Doch neben den Außenwirkungen gilt es auch meine eigenen Grundbedürfnisse zu stillen. Erst einmal meine Gesundheit, aufgeteilt in Lebenspunkte, Sauerstoff, Nahrung und Flüssigkeit. Dazu noch benötigte Energie, um meine Basis und die Lebenserhaltungsfunktionen meines Anzuges am Laufen zu halten. Auf das Verrichten der Notdurft wurde trotz all des angestrebten Realismus mal wieder verzichtet.
Aller Anfang ist schwerIn meiner Basis, die ich im Tutorial auch erstmal reparieren und mit Ersatzteilen versorgen muss, finde ich ein paar Notrationen um mich für einige Spieltage über Wasser zu halten. Doch sollte ich die mir gegebene Zeit dringend nutzen, mich zukünftig selbst versorgen zu können. Das Spiel unterstützt mich ab dieser Phase mit Missionen, die darauf ausgelegt sind, mir nötiges Equipment und Vorrichtungen herzustellen. Doch dafür müssen die fleißigen 3D-Drucker mit Material versorgt werden, welches ich mir auf dem Planeten zusammensuchen muss. Also in mein Fahrzeug gehüpft und los geht die wilde Jagd nach Zink, Aluminium und Kupfer. Diese verstecken sich in Mineralien-Pools, welche ich mithilfe des Greifarms meines Gefährts ausnehmen kann.
Das Buddeln an sich geht recht gut von der Hand, wenn sich auch gelegentlich ein bis zwei Bugs einschleichen, durch die man neu ansetzen muss. Nur die Lagerkapazitäten machen mir schwer zu schaffen. Mein eigenes Inventar ist mit lebenserhaltenden Untensilien schnell gefüllt, mein fahrbarer Untersatz hat auch nur bedingt Platz und die Wohneinheit, sowie die umgebenden Frachtkisten, sind mit allerlei Unsinn vollgestopft, den ich zu Beginn scheinbar nicht gebrauchen kann. Demnach ist das Inventarmanagement ein Graus. Da es kein übergreifendes System gibt, versuche ich ständig irgendwo manuell Platz zu schaffen und selbst das klappt an manchen Stellen nicht, da sich scheinbar auch hier Programmierfehler eingeschlichen haben.
Im Staub tretenGespielt wird wahlweise aus der Ego-Perspektive oder per Schulteransicht. Zwar haben die Entwickler hier Energiebalken am Anzug plaziert, das HUD wird allerdings nicht ausgeblendet, sodass ich im Endeffekt doppelte Angaben über meinen Zustand bekomme. Die Steuerung selbst ist zu Fuss recht intuitiv, in Fahrzeugen ist sie allerdings ungewöhnlich schwammig. Gut, wir sind auf dem Mars. Da kann ich etwas andere Gravitation als auf der Erde vermuten, doch trotzdem eiere ich nur herum. Wirkliche Kontrolle habe ich über die Räder nie und muss mich für einen gekonten Stillstand auf die Handbremse verlassen. Besonders wenn ich mich auf eine starke Lizenz für meinen Fuhrpark stütze, sollte doch besonderes Augenmerk auf Optik und Physik der Fahrzeuge gelegt werden. Hier ist beides nicht der Fall. Die Texturen sind verwaschen, die Räder drehen sich wohin sie wollen und mehr als einmal überschlug sich mein Gefährt grundlos.
BasenbauBedauerlicherweise reißen die Probleme nicht ab. Beim Bau meiner Kolonie werde ich mit Werten und Upgrade-Trees nur so zugeschmissen, was aber wie und wo eventuell sinnvoll ineinander greift, wird mir nicht erklärt. Die anfänglich erwähnten Missionen geben mir zwar kleine Hilfestellungen und belohnen mich mit Erfahrungspunkten und Finanzmitteln, doch im Grunde genommen bin ich vollkommen auf mich allein gestellt. Dazu noch diese ewigen Laufwege für Ressourcen, Itemmanagment und Reparaturen. Und über all dem schweben in meinen Kopf bei fast jedem neuen Schritt die Fragen: "Mache ich das jetzt richtig?", "Brauche ich das überhaupt?" oder "Warum funktioniert das jetzt auf einmal nicht mehr?!"
Eine einzelne Bauphase sieht beispielsweise wie folgt aus: Ich brauche vier Mineralien in unterschiedlichen Mengen. Dafür fahre ich schon mal ein ganzes Stück zu einem Mineralienpool und grabe, bis mein Fahrzeug beinahe aus allen Nähten platzt. Dann fahre ich zurück und gebe die benötigten Stoffe ab. Nur um zu merken, dass ein bis zwei Einheiten fehlen. Also das Ganze wiederholen. Doch mittlerweile ist mein Inventar erneut halb voll und anstatt dem benötigten Eisen bekomme ich mehr Kupfer. Zurück zur Basis und meinen Frachter leeren - die Frage ist, wohin mit dem Zeug!? Doch zur Not verkaufe ich ein paar nutzlose Sachen oder werfe irgendwas einfach weg. Wieder zur Ausgrabung und auf dem Rückweg merke ich, dass Sauerstoff und Energie meines Fahrzeugs zur Neige gehen. Demnach stelle ich das Gefährt in der Garage ab, um es automatisch auftanken zu lassen und bringe die Sachen per pedes zum Drucker. Wenn nicht das Inventar meines Raumanzugs voll wäre... Ihr seht also wie dröge und repetativ der Prozess für einen Neubau zu Beginn sein kann.
Finanzmittel investiere ich in neue Bauprojekte und Fahrzeuge, während Upgrade-Punkte benutzt werden, um jedes einzelne Gebäude, Fahrzeug, Produktionsstätte und sogar meine Raumanzüge zu verbessern. Doch da die Punkte limitiert sind, stehe ich ständig vor der Wahl, wohinein ich wirklich investieren möchte. Im einfachsten Schwierigkeitsgrad spielt das glücklicherweise selten eine Rolle. Die höheren Grade laufen allerdings auf pure Quälerei hinaus. Besonders der Permadeath-Modus grenzt schon an Folterei, da hier kein einziger Fehler verziehen wird und das Ableben gleich das Ende der gesamten Partie nach sich zieht.
FAZITJCB Pioneer: Mars kommt ungemein schleppend in die Gänge und lässt viele Fragen einfach unbeantwortet. Erst sehr spät beginnen sich Fortschritte einzustellen, was sich aber eher durch die Erfahrung des Spielers, als aus dem Spiel selbst ergibt. Dem wissenschaftlichen Ansatz und der Ingeneurskunst stehen zudem mangelhafte Technik und Optik im Weg - und einige Entscheidungen rund ums Spieldesign sind schlicht nicht benutzerfreundlich. Lassen wir den Mars lieber so wie er ist.