Harveys neue Augen ist ein Point-&-Click-Adventure im klassischen Stil. Wir spielen die Hauptfigur Lilli, welche in einer Klosterschule lebt. Zu Beginn müssen wir lediglich ein paar Gartenaufgaben erledigen, um die Leitung des Klosters zufriedenzustellen. Diese ist nämlich alles andere als gut auf uns zu sprechen.
Doch schon die erste Aufgabe erledigen wir nicht ausreichend, woraufhin man uns schon die nächste Aufgabe zuteilt, nämlich den naheliegenden Baum von Termiten zu befreien. Wir spazieren also zum Baum und versuchen mit den bisherig verfügbaren Objekte, die Termiten zu vertreiben. Auch unsere beste Freundin Edna ist neben dem Baum und versucht einen Schatz auszugraben. Jedoch fehlt ihr eine Schaufel, welche sich im verschlossenen Keller befindet. Also heißt es, den Kellerschlüssel zu besorgen, um an die Schaufel zu gelangen und den Schatz auszugraben.
Ihr führt in dieser Zeit mit verschiedensten Charakteren Dialoge und müsst euch Schritt für Schritt zur Lösung herantasten. Die gesamte Geschichte hinweg ist Harveys neue Augen so dermaßen abgefahren, dass ihr aus dem Lachen nicht mehr herauskommen werdet. Nachdem ihr schließlich die Schaufel besorgt und den Schatz ausgegraben habt - welcher übrigens eine Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg ist -, stirbt auch schon die erste Figur im Spiel. Da ihr nämlich die Termiten mittels eines Honigbespitzten Pinsels vom Baum befreit habt, fressen diese mir nichts, dir nichts, einfach unseren Mitschüler. Tode dieser Art gibt es haufenweise und alle sind aus eurer Unschuld entstanden. Denn Lilli ist kein einfaches Mädchen, durch ihre "kreative Ader" geraten immer mehr unserer Mitmenschen in solche Unfälle. Aufgrund eures unartigen Verhaltens, müsst ihr euch schon bald einer Gehirnwäsche unterziehen, welche euch verbietet, derartigen Unfug zu treiben.
Jedenfalls: Ihr sammelt alle umliegenden Gegenstände ein und probiert diese an jedem anklickbarem Örtchen aus, um die Story voranzutreiben. Die gesammelten Objekte können zusätzlich kombiniert und jeder Spielfigur vorgezeigt werden. Jedoch kommt man mit logischem Denken oftmals nicht weiter, da die Geschichte und deren Charaktere so skurril geschrieben wurden, dass man an vielen Stellen arg abstrakt denken muss. Ein Beispiel: Eure Aufgabe ist, einen Schraubenschlüssel für den Kronleuchter zu besorgen, um den Ballon herunter zu bekommen, glücklicherweise kommt gerade ein Clown ins Kloster, welcher für euch Luftballontiere formen kann. Also lasst ihr ihn einfach einen Schraubenschlüsselballon formen, mit welchem ihr den Kronleuchter abschrauben könnt. Ungeschickterweise sitzt der Clown direkt unter dem Kronleuchter und stirbt. Unsere Lilli scheint das allerdings wenig zu stören, da ihr die Erzählerstimme stets erklärt, dass ihr ein braves Mädchen seid. Ihr stellt sprichwörtlich am laufenden Band Unsinn an und macht die verrücktesten Dinge.
Jeder Raum ist in irgendeiner Art und Weise miteinander verknüpft, es ist also nicht immer direkt schlüssig, wie es gerade weitergeht. Im zweiten Kapitel des Spiels, nach eurer Hypnose, seid ihr zusätzlich nicht mehr in der Lage dazu, verschiedene Dinge auszuführen. Wie beispielsweise sich den Erwachsenen zu widersetzen oder mit dem Feuer zu spielen. Um diese Aktionen wieder freizuschalten, müsst ihr euch eurer Angst stellen und in eine Art Traumwelt gehen. Hier fängt die Verrücktheit erst so an: Ihr sprechende Tiere, einen sprechenden Schneemann, pokerspielende Hunde und vieles mehr.
Sicherlich, der Artstyle mag nicht jedermanns Sache sein, dennoch darf man sich nicht von ihm beirren lassen. Denn Harveys neue Augen hat so viel mehr zu bieten als nur das. Die Dialoge wurden allesamt vertont und strotzen nur so vor Humor. Die Synchronsprecher leisten hier ganze Arbeit und für jede Figur wurde die passende Stimme vergeben. Die Küchenhilfe, die stets radikale Sprüche raushaut, die Direktorin, welche nur motzt und stänkert, die beiden Freundinnen, die total auf Anime-Serien abfahren, alles ist einfach stimmig.
Die Ortschaften unterscheiden sich voneinander, da sich in jeder Region neue Charaktere mit anderen Bedürfnissen und Aufgaben befinden. Auch optisch heben sich die Gebiete voneinander ab, so seid ihr nicht nur im Kloster, sondern auch im wilden Westen, auf einer Polizeistation und und und. Nichts und niemand scheint hier normal zu sein, was aber auch den Charme von Harveys neue Augen ausmacht.
FazitDer sehr eigene Humor, der teils extrem radikal ist, mag nicht jedermanns Sache sein, trifft aber genau meinen Geschmack. Die Geschichte ist so herrlich verrückt geschrieben und auch die Figuren wirken durch die grandiose Vertonung sehr lebendig und haben Wiederkennungswert. Ich habe mich regelrecht in die Spielwelt verliebt und hatte eine Menge Spaß. Einzig und allein die teils frustierend schweren Rätsel stören den Spielfluss. Gelingt es allerdings voranzukommen, überkommt euch ein Gefühl der inneren Zufriedenheit. Daher kann ich Harveys neue Augen jedem nur wärmstens ans Herz legen.