BOMBERMAN MIT EINEM SCHUSS SPLATOONFlip Wars war ursprünglich bekannt als Project Mekuru, wurde dann aber in Battle Sports Mekuru umbenannt - während wir in Europa aber Flip Wars sagen. Liest sich ein wenig holprig, doch überträgt sich das, wenn auch leider, sehr passend auf das Gameplay, das nicht so recht aus dem Quark kommt. Die Prämisse aus ganz viel
Bomberman mit einem Schuss
Splatoon klingt zwar sehr vielversprechend, doch bereits in den allerersten Spielminuten setzte bei mir eine gewisse "Wie? Das ist schon alles!?"-Ernüchterung ein.
Man spielt zu, zweit, dritt oder viert in einer Art Arena, die aus mehreren weißen Kacheln besteht. Jede/r Spieler/in schlüpft in einen der vier Charaktere und bekommt so die Farbe Rot, Blau, Grün oder Gelb zugewiesen. Man läuft nun mit seinem Charakter durch die Arena und muss durch Springen möglichst viele Kacheln in die eigene Farbe wechseln lassen, sodass man, wenn der Timer abgelaufen ist, am Ende die meisten Kacheln in der eigenen Farbe vorweisen kann - was dann natürlich den Sieg bedeutet.
Zu allererst haben alle Charaktere noch Standardwerte, doch durch Items, die hier und da aufploppen, kann man mit der Zeit etwa schneller laufen, pro Sprung mehr Kacheln in die eigene Farbe umdrehen und so weiter. Steht man allerdings auf einer Kachel, die gerade in dem Moment zu einer feindlichen Farbe wechselt, fliegt man für einen kurzen Augenblick auf der Arena und verliert all seine Items, die jetzt verstreut für alle sichtbar in der Arena herumliegen und selbstverständlich von den Anderen schnurstracks eingesammelt werden - was für einen gravierenden Nachteil sorgt: man verliert Zeit, die anderen färben derweile einige der eigenen Kacheln um, man läuft langsamer und so weiter. Somit wird man auch viel leichter das Ziel der Anderen, weshalb die Wahrscheinlichkeit steigt, dass man erneut erwischt wird und kurzfristig herausfliegt.
DÄMPFERHier fängt es für mich bereits an. Bei einem Titel wie
Bomberman hat man dadurch, dass die Bomben nur nach oben, unten, links und rechts detonieren, und dass es unzerstörbare Blöcke gibt, bei einem virtuellen Ableben immer die Chance, trotz verlorener Zeit und Items, die Partie für sich zu entscheiden, wenn man wachsam und clever ist. Bei Flip Wars aber sind die Arenen jederzeit zu allen Seiten hin offen und es gibt nur ganz wenige Bereiche, in deren Nähe man vorübergehend und eventuell Schutz suchen und auch bekommen kann. Mit anderen Worten: Gerade in Partien zu dritt oder viert ist an allen Ecken und Enden etwas los und man kann unmöglich dauernd die Übersicht behalten oder mal kurz durchschnaufen und sich eine neue Taktik überlegen - und schon wurde man wieder erwischt. Wohingegen es bloß zu zweit so übersichtlich ist, dass jede Art von Spannung verloren geht, weil man seine/n Gegner/in stets im Auge hat - und wer irgendwann zuerst rausflog, hat nun einen zusätzlichen Nachteil.
Doch auch ohne diesen Gameplay-Dämpfer käme kaum Freude auf, weil taktisch kaum etwas möglich ist. Sicher, man kann ausweichen oder sich diebisch freuen, wenn man jemanden beim Umdrehen von Kacheln erwischt hat, aber bei all dem Chaos wirkt das alles reichlich zufällig und es fehlen Momente - wie vor allem bei
Bomberman -, in denen man seine Gegner/innen in eine Falle lockt, oder man selbst in eine läuft, in der man doch noch geschickt ausweicht und den Spieß umdreht. Man läuft herum, färbt eilig Kacheln um, sammelt immer mal wieder Items auf und alles andere geschieht in all der Hektik einfach so.
Als zusätzliche Gameplay-Varianten gibt es neben dem gerade geschilderten "Kachelkampf" noch "Abflugkampf" und "Lebenskampf" - wobei es sich im Kern aber um dieselbe Idee handelt: Beim Abflugkampf wird gespielt, bis der Timer abgelaufen ist. Wobei nun gewonnen hat, wer die Anderen am häufigsten aus der Arena herausbugsierte - die Menge der eingefärbten Kacheln ist unerheblich (außer, am Ende herrscht Gleichstand). Beim Lebenskampf ist es dasselbe Prinzip, wobei es hier darum geht, die Leben der Gegner/innen durch Rauswürfe aufzubrauchen. Wer keine Leben mehr hat - also zu oft aus der Arena geflogen ist -, ist ausgeschieden.
Die geschilderten Modi sind allesamt an derselben Konsole spielbar, ebenso, wie sie lokal per an mehreren Konsolen spielbar sind - lokal allerdings nur ein/e Spieler/in pro Konsole! Obendrein gibt es auch noch die Onlinefunktion, die alle drei Spielmodi gestattet. Jedoch mit dem Haken, dass man mit seinen Gegnern keinerlei Kommunikation herstellen kann. Nicht einmal fertige Textbausteine wie in
Mario Kart 8 Deluxe sind vorhanden, oder die Möglichkeit, eine Serie von Matches festzulegen. Stattdessen kennt man seine Gegner/innen nicht und nach jedem Match bekommt man völlig neue Gegner/innen zugewiesen. Jeder Sieg und jede Niederlage verpufft also im Nichts - keine echte Freude, keine echte Häme, kein "Dem zeig ich's jetzt!"...
INSTABILIm Gegenteil: Da man nicht festlegen kann, wie gut die Verbindung zu anderen Onlinern mindestens sein soll, damit Lags möglichst vermieden werden, bekommt man online stets irgendwelche Gegner/innen serviert - und wenn nur eine/r davon zufällig seeeeeehr weit weg wohnt, spielt man beinahe in Zeitlupe und hat als netten Bonus noch die dauerhaft rot und groß eingeblendete Info im Bild, dass die Verbindung instabil sei; nebst der Gefahr, dass das Match dann plötzlich mittendrin abbricht und das Spiel jetzt entschuldigend erklärt, die Verbindung sei instabil gewesen und man solle eventuell seine Interneteinstellungen überprüfen, wenn das wieder passiere - und glaubt mir: Es
wird wieder passieren.
Doch auch sonst gibt es keinerlei Punkte oder Belohnung für einen Sieg - egal, welcher Modus und egal ob off- oder online. Nichts, das man freispielt, keine Achievements, keine Medaillen - gar nichts. Ebenso gibt es keinerlei Story-Modus. Es gibt nur die drei Kampf-Modi - die man auf Wunsch auch mit zuschaltbaren CPUs in diversen Schwierigkeitsstufen spielen kann.
Als wäre das nicht schon herbe genug, sind in der Menüstruktur derzeit auch noch mehrere Punkte deaktiviert, mit dem Hinweis "Bald verfügbar". Und die Arenen, obwohl sich in geringen Maßen durchaus unterscheidend, sind sich letztlich wieder viel zu ähnlich. Warum keine größeren Arenen - wieso sind die alle so klein? Warum gibt es keinerlei Etagen? Warum keinerlei Bereiche, die nur durch schmale Pfade erreichbar sind? Warum unterscheiden sich die Arenen nicht durch spezielle Gegebenheiten, wie etwa, dass alle Charaktere sich extrem schnell bewegen, oder dass einige der Kacheln nach zu häufigem Draufspringen zerbrechen, oder sowas?
TECHNIKGrafisch ist Flip Wars in Ordnung, und die Musik geht auch ok - ist mir allerdings manchmal etwas zu hektisch und aufdringlich. Die Steuerung funktioniert soweit gut, schade bloß, dass das Pro-Controller-Steuerkreuz nicht zur Eingabe akzeptiert wird.
Der Umfang ist mir zu dünn - zumindest für den verlangten Preis. Es gibt nur die zwei(einhalb) Spielmodi, die Arenen unterscheiden sich nicht, das Gameplay ist zu planlos, und es gibt keinerlei Anreiz am Ball zu bleiben; gerade beim Onlinespielen, wo jede Motivation, mit anderen zu spielen, abhanden kommt.
Dabei könnte Flip Wars echt richtig Bock machen - es fehlt nur noch dieses gewisse Etwas, das dem Ganzen erst den Pepp gibt. Das Clevere, das Taktische, das "Doch noch das Ruder herumreißen", das Auskosten können des Sieges oder das Bedauern des Versagens hinterher.
FAZITFlip Wars mangelt es an allem möglichen: An Abwechslung im Gameplay und bei den Spielmodi, an Möglichkeiten und Raffinesse, die man den Spielenden abverlangt, an Motivation, noch eine und noch eine und noch eine Partie spielen zu wollen. Ferner sind rund 25% des Spiels erst "Bald verfügbar" - und ich bin ganz ehrlich: Selbst wenn noch Dinge wie beispielsweise Highscorelisten, Onlinetournaments oder sonstwas hinzukämen, ich glaube nicht, dass das viel am Spielspaß ändern würde, denn zu allererst ist das eigentliche Gameplay das Problem. Und das lässt Flip Wars wie eine Art simplifizierten
Bomberman-Klon erscheinen!
Ein wenig Spaß macht Flip Wars darum nur, wenn man zu viert(!) spielt, alle Teilnehmer/innen im selben Raum sind und sich gegenseitig lautstark die Siege und Niederlagen um die Ohren hauen können. Für alle anderen Umstände halte ich Flip Wars darum für ungeeignet!