Bei Fallen Legion: Rise to Glory handelt es sich um eine Edition des Spiels, die die Pfade Sins of an Empire und Flames of Rebellion in einer Ausgabe zusammenfasst, die ursprünglich einzeln auf verschiedenen Plattformen erschienen. Es wird im Prinzip dieselbe Geschichte aus über ein Königreich erzählt, das durch den Tod seines Königs zu fallen droht, jeweils aus einer Perspektive. Man kann entweder die Rolle der Prinzessin Cecille übernehmen, die sich als Frontkämpferin ihres Reichs beweist und die Herrschaft ihrer Blutlinie aufrecht erhalten möchte, oder ihres ehemaligen Untergebenen Laendur, der es sich zum Ziel setzt, das Land stattdessen von seinem Königshaus zu befreien. Das Gameplay bleibt in beiden Pfaden jedoch komplett gleich und stellenweise klappert man auch die gleichen Gebiete mit denselben Bossen ab. Die Hauptabwechslung besteht also in den Hauptfiguren, die man jeweils verkörpert.
Vielviel KämpfeWas man schnell bemerken wird, ist die Tatsache, dass man in dem Spiel eigentlich nur kämpft. Kein freies Herumlaufen und Erforschen der Gebiete zwischen den Scharmützeln, keine tiefergehende Charakterinteraktion außerhalb der festgelegten Zwischensequenzen, nur ein bisschen Herumexperimentieren der Teammitglieder, die man in den Kampf mitnimmt und ausstattet.
Demnach stellt sich natürlich die Frage, ob das Herzstück dieses Spiels sich natürlich überhaupt im Alleingang beweisen kann? Im Kamp steuern wir unseren ausgewählten Anführer, der sich im Hintergrund hält und mit Magie das Kampfgeschehen beeinflusst, während bis zu drei seiner Untertanen die Vorhut bilden und sich im direkten Kampf mit den Gegnern befinden. Jedem Kämpfer ist eine Taste zugeordnet, die über ihn schwebt und von drei Balken umrundet wird. Auf Knopfdruck greift der entsprechende Charakter an und verbraucht dabei einen Balken, der sich mit der Zeit wieder auffüllt. Man kann hierbei weder direkt aussuchen, wen man angreift, noch kann kann man den genau festlegen, welcher Angriff ausgeführt wird. Im Prinzip haben wir ein fast vollständig kontextsensitives Kampfsystem, das die Aktionen davon abhängig macht, in welcher Reihenfolge man die Angriffe ausführt, die in einer Kombo-Leiste unten im Bildschirm aufgeführt werden, und welcher Gegner sich gerade an vorderster Front befindet. Mithilfe von selbstaufladbarer Magie kann der Anführer die Gegner ebenfalls attackieren oder seine Gefährten beispielsweise durch Heilung unterstützen. Ebenfalls von Bedeutung ist die Verteidigungsstellung, die gegnerische Angriffe abschwächt oder bei richtigem Timing sogar zurückreflektiert und Aktionsbalken wiederherstellt. Auf Wunsch kann man auch die Position seiner Charaktere wechseln lassen. In der Regel fängt die Frontfigur die gegnerischen Angriffe ab, sodass es sich anbietet, Charaktere mit weniger Lebenspunkten hinten verweilen zu lassen. Sind alle Untergebenen besiegt, bedeutet der nächste Angriff den Tod des Anführers - man ist also stets komplett auf all seine Kämpfer angewiesen.
Obwohl das Kampfsystem ohne Menüs auskommt und man nur einzelne Knopfdrücke benötigt, um komplexe Aktionen auszuführen, erweist es sich stellenweise doch als ziemlich chaotisch, da die Aktionssymbole sich zusammen mit den Figuren wild herumbewegen und manche Aktionen sich auch ungünstig überschneiden, sodass man beispielsweise nicht richtig abblocken kann. Indikatoren, wie und wann die Gegner angreifen, gibt es nämlich bis auf die Animationen eigentlich kaum. Ein bodenständigeres Interface sowie die Vermeidung von ständiger Parallelität aller Aktionen hätten sicherlich für ein übersichtlicheres Erlebnis gesorgt - immerhin baut das Spiel auf zwar reflexiven, aber dennoch taktischen Entscheidungen auf, die aber in dem Getummel im Moment der Panik zu unwillkürlichen Button-Mashing verkommen.
Trotz seines Look & Feels sind eine Vielzahl der genre-typische JRPG-Elemente in dem Spiel nicht verbaut: So gibt es beispielsweise keine Ausrüstung oder Erfahrungspunkte. Man kann seine Einheiten aufstellen, sie in neue Klassen aufsteigen lassen und kollektive Effekte mit bis zu drei Edelsteinen für den Kampf aktivieren, die sich im Spiel finden lassen. Der Mangel an Komplexität lässt sich, vor alle im Vergleich, dennoch nicht bestreiten. Ebenso die Tatsache, dass es auch nicht so viele Einheiten gibt, die man aufstellen könnte, zeugt nicht gerade davon, dass man konsequent versucht hat, die verbliebenen Features hervorzuheben.
Choose your own adventure?Der oben beschriebene Einzeiler wird oft im Zusammenhang mit dem Spiel gebracht. Während der Scharmützel gerät man in knapp beschriebenen Situationen, über deren Ausgang man durch vorgeschlagene Aktionen entscheidet. Beispielsweise musste man entscheiden, wie man Verbrechern oder desertierten Soldaten verfährt - dies reicht von Gefangenschaft oder Exekution bis hin zur Begnadigung. Die Konsequenzen auf die Statuswerte Kampfteilnehmer sind bei den jeweiligen Entscheidungen jeweils frei einsehbar, der veränderte Lauf der Geschichte lässt sich meist jedoch nur vermuten.
Und obwohl man diese Entscheidungen stellenweise mehrmals pro Kampf treffen muss, ist der Einfluss auf die Handlung selbst eher gering. Ganz selten führt eine Entscheidung dazu, dass man vom vorgegebenen Pfad abweicht, aber solche Abzweigungen halten sich sehr stark in Grenzen. Der Haupteinfluss zeigt sich im Ende des Spiels, in dem gezeigt wird, auf welche Weise man das neu eroberte Reich regiert. Das Spiel wird seiner oft zitierten Punchline also nicht so richtig gerecht, was natürlich angesichts der Tatsache, dass das Spiel sonst nicht viele Features bietet, eine relativ starke Einbuße für das Spielspaßpotential darstellt.
Das Writing an sich ist dafür eigentlich ganz gut! Einen Wermutstropfen haben wir selbstverständlich aufgrund der fehlenden deutschen Lokalisation - das, was man aber auf englisch vorgesetzt bekommt, kann sich durchaus sehen lassen. Ein sehr wortgewandter Erzählstil mit einer soliden britischen Vertonung. Die Sprecher wirken auch tatsächlich motiviert und sich in der Spielwelt hineinversetzt. Da können Kollegen, die beispielsweise für die Vertonung von Xenoblade Chronicles 2 verantwortlich waren, sich durchaus eine Scheibe abschneiden. Etwas nervig sind nur die sich wiederholenen Sprachsamples, wenn Charaktere besimmte Angriffe ausführen - es gibt ebenso wenig Varianz bei den eingesprochenen Einzeilern wie es eben verschiedene Techniken gibt.
Handgemalt, wie schön!Was in der grafischen Gestaltung des Spiels sofort auffällt, sind die pittoresken Artworks, Sprites und Hintergründe, die sich deutlich von dem regelrecht ge-streamline-ten Rest der JRPG-Szene abheben und für ein frisches Erlebnis sorgen. Diese sind nämlich trotzdem professionell ausgearbeitet und geben ein gutes Gesamtbild ab. Von technischer Seite her muss ich allerdings kritisieren, dass die Animations-Frames der Charaktere nicht einzeln animiert wurden, sondern man stattdessen die einzelnen Körperteile sich unabhängig voneinander bewegen, was ein bisschen diesen mühelosen Papierpuppen-Effekt mit sich bringt, der nicht optimal fürs Spiel gewählt ist, wie ich finde. Auch sonst spart man relativ viel mit der Animation - so gibt es keine Lippenbewegungen für die Artworks während der Dialoge, und die Hintergründe sind trotz ihrer malerischen Erhabenheit relativ leblos, weil sich eben kaum etwas bewegt.
Akustisch weist der Soundtrack zwar eine Menge Kitsch auf, weil großer Gebrauch von der J-Rock-typischen Fusion zwischen Geige und E-Gitarre gemacht wird, aber die Melodien selbst haben mir tatsächlich sehr gut gefallen. Ein wenig mehr Individualität in der instrumentalen Gestaltung hätten sicherlich dazu geführt, dass ich soundtechnisch nichts zu Meckern gehabt hätte.
FazitTrotz der lebhaften, zuweilen chaotischen Kämpfe und seiner komplexen Narrative hat Fallen Legion in keinem seiner spärlich aufbereiteten Anzahl an Features Hochglanz beweisen können. Es fehlt an taktischer Tiefe für ein komplexes Kampfsystem, an Übersicht für anständige Reaktionsspielchen à la Mario & Luigi-RPG und letztendlich an Diversität der Handlungsstränge für das wahre Rollenspielerlebnis, wie man es aus West-RPGs kennt. Wem kann ich das Spiel also empfehlen? Ich muss dem Spiel zugute halten, dass das zwanglose Tastengehämmere das Erlebnis durchaus tragen konnte, gepaart mit der originellen audiovisuellen Gestaltung des Spielgeschehens und dem eloquenten Schreibstil. Für jeden Pfad kann man etwa um die 10 Stunden einplanen - wer also so viel Zeit hat, sich mit einem Spiel zu beschäftigen, das nicht sonderlich viel Anspruch, aber dennoch Aufmerksamkeit erfordert, und über die Makel der ansonsten doch recht spannend inszenierten Erzählung hinwegsehen kann, kann sich noch so 5 bis 10 Prozent zur Wertung hinzurechnen. Mehr aber leider auch nicht.