Ich setze den Vergleich von Faeria mit Blizzards Hearthstone gleich mal zu Beginn, damit er aus dem Weg geräumt ist. Ja, die Karten sehen sich sehr ähnlich. Ein hübsches Artwork in der Mitte, oben links die Beschwörungskosten und am unteren Rand die Werte für Angriffskraft und Lebenspunkte. Auch gewisse Sonderfähigkeiten sind nicht nur im Wortlaut übernommen. Wer also schon einmal ein Sammelkartenspiel in den Händen hatte, dem erleichtert das den Einstieg.
Denn an diesem Punkt hören die Gemeinsamkeiten mitunter schon auf. Während man in Hearthstone und anderen TCGs seine Karten beispielsweise in eine Kampfzone ablegt, muss in Faeria erst einmal der eigene Pfad auf dem Spielbrett geformt werden. Zu diesem Zweck ist nicht nur das Ausspielen von Karten aus der Hand wichtig, sondern auch deren Positionierung und Bewegung auf den Spielfeldern. Aber am besten beschreibe ich mal wie ein Spiel vonstatten geht.
WIE MAN SPIELTZu Beginn stehen sich die beiden Avatare mit je 20 Lebenspunkten gegenüber. Zwischen ihnen befindet sich ein Meer, auf dessen sechseckigen Spielfeldern wir abwechselnd Teile eines Kontinents erschaffen. Natürlich gelten hier ein paar Regeln. Beispielsweise dass die Felder vom Avatar ausgehen müssen und immer an ein eigenes Feld angrenzen müssen. Es können wahlweise zwei Weidenfelder gebaut werden, oder eines der vier Spezialfelder. Diese Terrains bestehend aus Wald, See, Gebirge und Wüste sind für viele Karten Voraussetzung um überhaupt aufs Feld kommen zu können.
Der direkte Weg zum Gegner ist mit fünf Feldern dazwischen eigentlich schnell gelegt. Um die wichtige Ressource Faeria zum Beschwören meiner Karten zu erhalten und somit mehrere und stärkere Karten in meiner Runde auszuspielen, sind an den Ecken der Karten Faeria-Brunnen verteilt. Ist daneben eine Einheit platziert, erntet sie jede Runde einen Extrapunkt. Denn schon früh reichen die drei Punkte zu jedem Rundenbeginn nicht mehr aus. Habe ich genügend Faeria über die Runden gespart, spiele ich die Karten aus meiner Hand aus.
Grundlegend gibt es drei Arten von Karten. Events sind eine Art Zauberkarte, die unabhängig vom Spielfeld gespielt werden können. Ihre Auswirkungen treten in der Regel sofort in Kraft. Daneben gibt es Structures. Immobile Einheiten, die gewisse Boni oder Mali mit sich bringen solange sie auf dem Feld sind. Und am vermutlich wichtigsten die Creatures. Das sind die Karten, die über das Feld geschickt werden und gegnerische Karten, sowie den Avatar schlussendlich zu Fall bringen sollen. Werden sie ausgespielt, müssen sie in der Regel bis zum nächsten Zug warten, ehe sie sich bewegen und attackieren können. Viele Karten erfordern sogar eine gewisse Anzahl an besonderem Terrain und können dann auch nur auf diesen Feldern beschworen werden.
EINSTEIGERFREUNDLICHIch gebe zu, anfangs war es leicht überfordernd. Auf einmal spielt die CPU vor mir Kreaturen, die fliegen oder schwimmen können und somit nicht mehr auf Land angewiesen sind. Aber dank des Kartenlogs und der Möglichkeit, mir jedes Feld mit der darauf platzierten Karten anzusehen, verschaffe ich mir Überblick. Sonderbegriffe, wie etwa Haste, Dash oder Death Cry, werden in einem kurzen, verständlichen Satz über jeder entsprechenden Karte angezeigt. Auch die Sprachbarriere sollte mit Schulenglisch-Niveau leicht zu überbrücken sein.
Ehe mich Faeria überhaupt gegen menschliche Spieler antreten lässt, bewältige ich den Missionsmodus. Dieser dient als Tutorial und belohnt mich mit Starterdecks für die vier verschiedenen Kartenfarben. Augeteilt sind diese nach ihren Terrains - Wald (Grün), See (Blau), Gebirge (Rot) und Wüste (Gelb). Die fünfte Farbe ist schwarz und kann neutral gespielt werden. Natürlich ist es mir möglich, die Starterdecks zu bearbeiten oder eigene Decks zu erstellen. Auch an nur eine Farbe bin ich nicht gebunden und kann fröhlich alle Fraktionen mischen - ob das ratsam ist, ist eine andere Frage. So erhöhe ich nach und nach meinen Spielerlevel und bekomme kleine Belohnungen dafür.
Neben den Missionen gilt es in einem der Puzzle-Modi eine vorgefertigte Situation in nur einem Zug zu lösen. Im Pandora-Modus stelle ich mir ein Deck aus zufällig vorgegebenen Karten zusammen und versuche, eine Siegesserie hinzulegen. Im Oversky-Modus gehe ich zusammen mit einem Partner auf Welteroberung. Dazu noch die World Bosses, welche mit ihrem Schwierigkeitsgrad die Deckbaufähigkeiten und Strategie ins Extreme ausreizen und die Dragon's Lair, die mit täglichen Herausforderungen für einen oder zwei Spieler lockt. Ach ja, ich rede nur vom Soloinhalt! Die Möglichkeit, sich online mit anderen in Casual oder Ranked Matches zu messen, gibt es natürlich auch.
LOB UND KRITIKEin kleiner Downer ist an dieser Stelle das Levelsystem. Mit meinem Level 7 stehe ich kurz davor, die World Bosses freizuschalten, doch für die Dragon's Lair muss ich schlussendlich bis Level 20 warten. Gut, ich soll Erfahrung sammeln und mich nicht von unnötig schweren Aufgaben frustrieren lassen, wenn ich noch nicht die passenden Karten besitze. Apropos Karten, da gibt es auch eine Besonderheit. Meine Sammlung fasst maximal drei Exemplare von einer Kartenart. Habe ich diese Anzahl erreicht, wird mir das Spiel keine dieser Karten mehr zukommen lassen und mich mit anderen Karten versorgen. Es kommt also irgenwann zu dem Punkt, an dem ich meine Sammlung zwangsläufig vervollständigt habe. Einzelne Karten oder Schatztruhen mit vier zufälligen Karten gewinne ich durch diverse Aufgaben. Und wenn ich die gesuchte Karte immer noch nicht bekomme, crafte ich mir sie einfach selbst. Alle sechs Stunden bekomme ich einen Crafting-Point (maximal sechs Punkte) und kann mir abhängig von Seltenheitswert und Level die Karten selbst herstellen.
Ferner gewinne ich immer wieder Kristalle. Und wie sollte es anders sein, sie dienen als Währung im InGame-Shop... Ein neuer Avatar, ein paar Emotes, spezielle Kartenrücken oder anders designte Faeria-Brunnen gefällig? Immerhin sind diese Kleinigkeiten nicht Spielrelevant und den einzigen Vorteil kann ich mir in Form eines XP-Boosts zulegen. Über diese Form der Finanzierung lässt sich ja bekanntlich streiten. Aber immerhin pflastert Faeria den Menübildschirm nicht mit tollen, zeitlich begrenzten Angeboten zu und geht mit dem Shop eher dezent um.
Oh, ehe ich es vergesse. Zum Spielen ist eine permanente Onlineanbindung nötig und somit (leider) auch eine Mitgliedschaft von Nintendo Switch Online. Die Steuerung auf dem Controller ist etwas gewöhnungsbedürftig und ich hätte den Gebrauch des Steuerkreuzes für meine Handkarten bevorzugt, statt sie mit den Schultertasten durchzublättern. Der Touchscreen wird lobenswerterweise voll unterstützt. Leider gab es diverse Male Verzögerungen bei der Umsetzung eines Touchbefehls und ich kann den Kartentext nicht lesen, wenn ich mit meinem Finger draufpatsche...
FAZITDie 19,99€ und der Zwang zur Nintendo-Switch-Online-Mitgliedschaft können für ein Spiel dieser Art eine große Einstiegshürde darstellen. Dazu noch der InGame-Shop für kosmetische Erweiterungen und an Level gebundene Fortschritte. Doch abseits dieser Kritikpunkte bietet Faeria umfangreichen Inhalt für Solisten und Duellanten gleichermaßen. Wer TCGs mag, wird mit Faeria gewiss gut bedient.