Unsere Kapsel ist beschädigt. Wir müssen notlanden. Wir schaffen es so gerade eben. Unser wichtigstes Gut ist der Kristall, ihm darf nichts geschehen. Im Dungeon, in dem wir nun sind, sind viele Räume und jede Tür, die wir öffnen, könnte unser Lebensende bedeuten. Planung hat darum absolute Priorität. Aber wie plant man etwas, das nicht geplant werden kann, weil nicht bekannt ist, was uns wo erwartet? Denn wie es bei Roguelikes nunmal so ist: Alles wird immer wieder völlig neu generiert und unser mögliches Startarsenal wird von unseren vorherigen Erfolgen bestimmt.
So arbeiten wir uns in der Vogelperspektive durch die Raumstruktur des Dungeons. In jedem Raum können sich Items befinden, oder Händler oder Feinde. Aber auch Sockel. Auf den Sockeln können wir Rohstoffquellen errichten. Drei Rohstoffe gibt es: Nahrung, Forschung und Industrie. Sie sind notwendig, um etwa unsere Crew zu leveln und zu heilen, sie dienen als Währung für Ausrüstung oder sie erlauben uns, schneller zusätzliche Rohstoffquellen zu errichten. Öffnen wir eine beliebige Tür im Dungeon, startet eine neue Runde. Sind keine Feinde im sich öffnenden Raum, erhalten wir sofort ein wenig Plus auf die Rohstoffe. Bei Feinden müssen wir diese zuerst besiegen, um das Plus zu ergattern.
Durch dieses Plus wächst unser Rohstoffvorrat an, muss aber auch immer wieder in diverse Dinge investiert werden. Wie das so ist: Das klägliche Plus ist kaum der Rede wert und langt hinten und vorne nicht. Also müssen wir regelmäßig abwägen, ob wir die aktuellen Rohstoffe lieber in etwas invenstieren, wie einen Level-up oder neue Ausrüstung, oder ob wir sie nutzen, um weitere Rohstoffquellen zu errichten, die dafür sorgen, dass unser Plus pro abgeschlossener Runde etwas schneller anwächst. Da wir aber eben nie wissen, wann und wo wir auf viele Feinde stoßen, sollten wir uns nie auf irgendwas verlassen.
Irgendwo im Dungeon ist dann ein ganz besonderer Raum, in den wir unseren Kristall tragen müssen. Wir finden diesen Raum fast immer am Ende der Erkundung und zumeist liegt er weit ab von unserem Startpunkt. Das ist ein Problem, und zwar ein großes. Denn egal, wie gut wir den Dungeon im Griff habenm egal, wie gut wir gerade gelevelt sind - sobald wir den Kristall aufnehmen, um ihn in besagten Raum zu tragen, bricht die Hölle los und eine riesige Schar Gegner erscheint überall im Dungeon und marschiert schnurstracks auf den Kristall zu. Die Gegner alle zu besiegen ist praktisch unmöglich, es sind viel zu viele. Also müssen wir unseren Weg zum Zielraum gut vorbereiten, bevor wir den Kristall in die Hände nehmen und es stressig wird. Wer aus dem Team trägt den Kristall? Dieser Charakter wird nämlich viel langsamer laufen können und bei der Verteidigung nur wenig behilflich sein. Während dieser Charakter auf den Zielraum zuläuft, macht sich der Rest an Ablenkung und Verteidigung. Nochmal: Es geht hier nicht darum, alles niederzuknallen, sondern nur dafür zu sorgen, dass der Kristall ins Ziel gelangen kann. Darum müssen Route, Ausgabe der Rohstoffe für Level-ups und so weiter jetzt sehr sorgsam überlegt werden.
Gelingt es uns nicht, den Kristall in besagten Raum zu tragen, weil die Gegner uns alle gekillt oder den Kristall zerstört haben, ist das Spiel sofort vorbei. Ansonsten aber gelangen wir in die nächste Etage - und das Spiel beginnt von vorne. Nur, dass die Gegnerimmer zahlreicher und der Dungeon verwinkelter und größer wird. Erst nach Beendigung der 15. Etage gilt die Session als siegreich und wir erhalten massig Boni, die wir für einen Neustart des Abenteuers nutzen dürfen. Bis wir allerdings 15 Etagen hinter uns ließen, wird eine ganze Weile durch die Lande streifen und wir können froh sein, wenn wir 5 oder gar 10 Etagen schaffen - das ist nämlich echt gar nicht so übel.
Natürlich wächst unser Team mit der Zeit auf bis zu vier Charaktere an, die alle ihre Vor- und Nachteile haben, in zum Beispiel Geschwindigkeit oder Stärke. Doch gibt es neben der Standardkapsel für zwei Charaktere später auch welche für vier, sodass wir dann direkt mit vier Charakteren starten können. Auch unser Verständnis für das Zusammenspiel der drei Rohstoffgruppen wird solider. Und das ist zwingend notwendig, denn ohne jede Menge frustrierender Fehlversuche geht es anfangs leider nicht. Die Charaktere agieren in jedem Raum völlig selbstständig - wir können allerdings jederzeit bestimmen, in welchen Raum sie gehen sollen. Aber in einem Raum kämpfen sie automatisch gegen dort befindliche Gegner, öffnen Schränke von allein und so weiter.
Im vorhandenen Tutorial wird zwar ein wenig von jenem und ein wenig von diesem erklärt, aber so manches wird nicht mal ansatzweise erwähnt - wie eben, dass bei Aufnahme des Kristalls überaupt nicht gegen die Massen von Gegnern bestanden werden kann, egal, wie gut man ausgerüstet wäre. Nur der schnelle Transport und Überleben ist wichtig. Auch wird nicht erklärt, wie die drei Rohstoffe auf was wirken und wofür sie letzten Endes gut sind.
Auch sind manche Erklärungen bei Verbesserungen von Ausrüstung und Waffen eher verwirrend. Gilt der Heilrate-Bonus von Item X beim Bau ab sofort immer, oder nur, wenn es errichtet wurde, oder auch nur dann, wenn man im selben Raum ist, wie Item X? Dungeon of the Endless macht es seinen Spielern und Spielerinnen also leider unnötig schwer. Denn nach jeder Menge Ärger im Blut und ein wenig Lektüre im Netz verstand ich so manches viel besser und konnte weitaus sinnvollere Entscheidungen treffen, statt einfach irgendwas aus dem Instinkt heraus zu tun - ahnungslos, was genau ist da eigentlich gerade mache, oder wozu. Ich gab jede Menge Rohstoffe für Dinge aus, von denen ich nicht wusste, was sie mir bringen, oder von denen ich nicht wusste, ob es der Richtige Zeitpunkt sei, jetzt zu aufzuleveln, oder was für eventuelle Sofort-Heilungen aufzusparen.
Dazu kommt die Steuerung. In ruhigen Momente funktioniert soweit alles. Man hat ja auch Zeit und selbst ein Versehen bei der Eingabe ist nicht weiter schlimm. Nervig sind die kleinen Vertuer aber trotzdem. Wirklich ätzend ist es aber, wenn die Gegner bei Etagenende auf uns einbrechen. Da kann eine Fehleingabe das sofortige Aus bedeuten. Man will Charakter X hierhin schicken und Charakter Y heilen, aber stattdessen hat man den Raumauswahlcursor verschoben und bestätigt, weshalb die Kamera schlagartig vom aktuellen Geschehen wegspringt. Ich habe mehrfach in den Optionen geschaut, ob ich die Sektion zum Umbelegen der Buttons nicht vielleicht doch nur übersehen habe - aber nein, habe ich nicht. Und das ist ein Punkt, der mich häufig Verwünschungen Richtung Entwicklerteam murmeln ließ.
Doch selbst, wenn man sich mit der anfangs äußerst steilen Lernkurve und der unintuitiven Buttonbelegung arrangieren kann, bleibt, dass Dungeon of the Endless sich nicht planen lässt. Jede Tür, die geöffnet wird, kann jederzeit das Spiel beenden oder uns wenigstens herbe Verluste einfahren lassen. Wir wissen ja nicht, wo was ist, wann was kommt. Das hat, zugegebermaßen, seinen Reiz, aber oft ist es so, dass es nicht zu herben Verlusten, sondern direkt zum Spielende führt. Und Roguelike hin oder her, desöfteren habe ich mir gewünscht, mir durch irgendetwas ein Continue verdienen oder erkaufen zu können, um eine zweite Chance mit meinem Team zu haben, um nicht gleich alles zu verlieren und von vorn anfangen zu müssen.
Grafik und Sound sind in Ordnung. Wobei das Spiel einer Gammakorrektur bedarf. Alles ist derartig dunkel, dass ich an meinem TV-Gerät sowohl Helligkeit als auch Hintergrundbeleuchtung auf Maximum schrauben muss, um mich zurechtzufinden. Und "Sound" bezieht sich auf Soundeffekte, eine Musik im eigentlichen Sinne gibt es selten. Eigentlich nur, wenn Gegner kommen und es hektisch wird - dann aber wird die Musik ebenfalls hektisch und nervt. Ansonsten bleibt es bei einer Art atmosphärischem Wabern. Die Steuerung ist responsiv, ja, aber die Buttons sind ungünstig belegt - wenn man in kurzer Zeit viele Dinge nacheinander möchte, muss man sich auf wenigstens 2-3 Fehleingaben gefasst machen und hoffen, dass sie nicht spielentscheidend sind.
FAZITJetzt, wo ich Dungeon of the Endless verstanden habe, macht es richtig Spaß. Es hat seinen Reiz, nie zu wissen, was hinter der nächsten Tür lauert - da schwingt ständig ein bisschen Nervenkitzel mit. Doch, Himmel, ein anständiges Tutorial ist unbedingt erforderlich und eine Möglichkeit, die Buttons nach eigenem Wunsch umzubelegen, sollte auch schnellstmöglich nachgepatcht werden. Denn so wird ein ohnehin schweres Spiel quasi unfair. Kurzum: Dungeon of the Endless ist nur für wahrhaft hartgesottene Naturen geeignet, die aber werden nach ein wenig Übung sicher ihren Spaß damit haben.