Mein Charakter kommt in eine japanische Großstadt, die Opfer eines verheerenden Erdbebens wird. Vollkommen fremd und größtenteils orientierungslos streife ich durch die verwüsteten Straßen, begleitet von Zerstörung und unbarmherzigen Nachbeben. Wo ich auch hintrete, sehe ich hilfsbedürftige Mitmenschen. So ein Ereignis bringt das Beste in uns zum Vorschein - oder das Schlechteste.
Bereits vor dem Erstellen meiner Spielfigur werde ich mit dem Kernfeature von Disaster Report 4: Summer Memories vertraut gemacht. Fragen werden gestellt und ich muss diese aus mehreren Antwortmöglichkeiten gewählt nach meiner eigenen Überzeugung beantworten. Spiele ich den selbstlosen Retter in der Not oder sorge ich mich in erster Linie um mein eigenes Wohlergehen? Beharre ich auf Recht und Ordnung oder erfordern harte Zeiten harte Maßnahmen? Solche Fragen stelle ich mir im Spielverlauf immer wieder und sammele durch meine Entscheidungen Moral- oder Unmoralpunkte. Einen direkten Einfluss auf das Spielgeschehen konnte ich dadurch allerdings nicht feststellen. Geskriptete Charaktere und Szenarien bleiben größtenteils gleich, es ist nur meine Entscheidung, ob ich mich meinem Gegenüber öffne oder ihnen von Anfang an die kalte Schulter zeige.
Mehrere Tage umfasst die Handlung in immer wieder kleineren und größeren, abgeschlossenen Gebieten. Hier glänzt Disaster Report 4: Summer Memories auch mit nicht mehr zeitgemäßen Optik durch glaubhafte Charakter- und Gebäudemodelle. Dicke Staubwolken bedecken den Bildschirm, wenn mal wieder ein halbes Haus neben mir einstürtzt - an diesen Stellen gerät die Framerate allerdings gelegentlich mal in die Knie und vereinzelt verzweifelte ich ein wenig an der Kamera. Doch selbst wenn hier und da mal eine Kleinigkeit nicht stimmte, riss es mich nicht aus der Immersion. In diesen begehbaren Dioramen bewege ich mich von einem vorgegebenen Moment zum nächsten, um schlussendlich zum nächsten Areal zu gelangen. Meine Hauptaufgabe ist, bei einem Nachbeben nicht auf den Hintern zu fallen, beziehungsweise den Tod zu finden und möglichst alles nach Collectables zu durchsuchen. Dank fair verteilten Savepoints und sehr großzügigen Rücksetzpunkten gibt es an diesen Stellen kaum Herausforderungen - sofern man den nächsten Punkt zum Fortsetzen der Handlung findet, für welche lediglich Englisch zur Verfügung steht - auch wenn durchschnittliches Schulenglisch ausreicht, um klar zu kommen.
Etwas verzwickter wird es erst, wenn Disaster Report 4: Summer Memories sozusagen videospieliger wird, wie zum Beispiel bei Stealthsequenzen oder Fetchquests. Gelegentlich kommen auch andere Fortbewegungsmittel zum Einsatz. Auf Hunger, Durst und dem Verrichten der Notdurft muss zwar geachtet werden, erhöht allerdings im Endeffekt lediglich den Stresslevel, der die maximale Gesundheit reduziert. Und da dieser Stresspegel an jedem Speicherpunkt zurückgesetzt werden kann, sind diese Systeme eher zweitrangig. Ferner sorgen die vielen Werbemittel für das eigene Spiel in Form von Plakaten oder ähnlichem für eine gewisse Surrealität.
Die Sammelobjekte sind neben Kleindung, Nahrung und Rucksäcken in erster Linie eine ganze Reihe an Kompassen - spielerische Resonanz gibt es allerdings nur in seltene Fällen. Die japanische Sprachausgabe hat eine angeneheme Qualität und wenn Disaster Report 4: Summer Memories mal musikalisch wird, trifft es den richtigen Ton. Die sonstige Untermalung besteht aus Umgebungsgeräuschen, wie prasselndem Feuer, plätscherndem Wasser und dem allseits beliebten Zikadenzirpen.
FAZITWährend des Spielens dachte ich immer wieder, wie gut ich es doch habe, sowas nicht in der Realität miterleben zu müssen. Denn Disaster Report 4: Summer Memories gelingt es, mich mit einem beklemmenden Gefühl der Hilfslosigkeit an den Controller zu fesseln oder mich aufatmen zu lassen, wenn ich daran denke, den Schrecken einfach ausschalten zu können. Das technische Grundgerüst ist vielleicht ein wenig angestaubt, doch dafür bietet Disaster Report 4: Summer Memories eine selten gesehen Mischung aus Dramatik und Unbehagen, gepaart mit diesem gewissen Augenzwinkern. Auf jeden Fall die Demo im eShop anschauen!