DER MÜLLPLANETMüll. Müll. Müll... Ein Leben in Ordnung und Zufriedenheit... Ach nee, doch nur Müll. Deponia ist eine riesige Müllhalde, auf der sich die Menschen irgendwie eine Zivilisation zwischen all dem Schrott und Unrat aufgebaut haben und mit der sich die meisten arrangiert haben. Doch Rufus ist es leid! Er will nach Elysium, diese ominöse Orbitalstation über der Welt thronend und scheinbar das Paradies selbst. Und dieses Mal wird es klappen! Die anderen Versuche sind keine Rede mehr Wert, da er ja endlich diese trostlose Welt hinter sich lassen und über die Zurückgebliebenen in stillem Gedenken lachen wird. Doch es kommt natürlich wieder mal anders und der selbstverliebte und sich für fehlerlos haltende Rufus zerstört fast das Leben einer unbeteiligten Person - der Elysianerin Goal. Doch hey, sie nach Hause zu bringen ist doch sowas wie ein Freifahrtsschein zu seinem endgültigen Ziel!
Der Cast von Deponia ist wirklich humorvoll und interessant. Allein Rufus Heimatstadt Kuvaq ist mit sovielen skurrilen Charakteren bevölkert, sei es scharfzüngige Exfreundin Toni, die energische Empfangsdame Lotti oder der enthusiastische Barbesitzer Lonzo. Doch auch nachdem die beiden Reisenden die Stadtmauern hinter sich gelassen haben, treffen sie auf weitere einzigartige Bewohner der Welt. Sprachausgabe und Script machen in diesem Falle natürlich einen sehr großen Aspekt aus. Glücklicherweise ist genau dieses eines der besten, selbstironischten und witzigsten aus diesem Genre. Rufus ständige Selbstüberschätzung und seine Unfähigkeit auf andere Leute einzugehen, zieht sich zwar wie ein roter Faden durch die Geschichte, wird aber durch die Glanzleistung seines Sprechers Monty Arnold so gut rübergebracht, dass es schon eine Freude ist, ihm wieder bei einem unlogischen oder sinnlosen Kommentar zu lauschen.
Die Sprachausgabe hat es dabei auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Italienisch geschafft, während die Untertitel in noch ein paar weiteren europäischen Sprachen dazugeschaltet werden können. Auch die akustischen Klänge stehen der Qualität in nichts nach, wenn auch die Abmischung nicht immer stimmig ist. Da wäre die epische Abenteuermusik im Menü oder die sehr thematische Komposition, die sich nach dem Bearbeiten von alten Töpfen anhört. Besonders die Kapitelübergänge, eingesungen vom Erfinder der Serie selbst, tragen viel zur Atmosphäre bei.
REISE IN DEN HIMMELAls typischer Vertreter des Point-&-Click-Genres ist die Spielweise von Deponia eher gemächlich und auf das Lösen von Rätseln fokussiert. Diese sind oftmals ein wenig abstrakt, können aber durch einfaches Herumexperimentieren auch in nicht offensichtlichen Situationen gelöst werden. So müssen zahlreiche Gegenstände aufgenommen, miteinander kombiniert und anderorts wieder verwendet werden, um voran zu kommen. Lösungsansätze und Hinweise werden durch die Interaktion mit Figuren oder der Umgebung preisgegeben - und natürlich wird alles kommentiert. Zur Abwechslung wurden noch ein paar Minispiele eingestreut, um die Adventure-Eintönigkeit etwas aufzulockern. Wem sowas gar nicht liegt oder partout an diesen verzweifelt, kann diese Passagen aber auch überspringen.
Die einzelnen Kapitel haben immer einen Satz an Charakteren und Ortschaften, welche sich kaum überschneiden. Auch werden so gut wie keine Gegenstände in den nächsten Abschnitt übernommen. Über ein Großteil des Spiels ist Rufus auf sich allein gestellt und kümmert sich - für seine Verhältnisse recht liebevoll - um die fast permanent bewusslose Goal. An dieser Stelle sei nochmal erwähnt, wie sehr die Figur das Spiel trägt und sogar eine kleine charakterliche Entwicklung durchlebt, um am Ende mit einem ziemlich starken Cliffhanger zurückzubleiben. Hier bleibt keiner mehr ruhig auf dem Stuhl sitzen, sondern will gleich weitermachen. Zumal es sich ganz offensichtlich erst um den Auftakt einer lebenswichtigen Mission handelt.
Auch optisch macht die Schuttansammlung eine sehr gute Figur. Die Umgebung steht selten still; immer ist irgendwas in Bewegung. Dies hat allerdings einen kleinen Nachteil, da die oft vollgestopften Bildschirme gerne mal keinem klaren Muster folgen und somit Neueinsteiger vielleicht den ein oder anderen Zugang zu einer weiteren Ebene verpassen könnten. Die meisten Charaktere haben zumindest kleine Idle-Animationen erhalten um nicht zu plastisch in der Gegend herumzustehen. Besonders hervorheben muss ich an dieser Stelle natürlich Rufus selbst, welcher mitunter einige einmalig verwendete Animationen an den Tag legt. Außerdem sind im Verlauf noch ein paar Zwischensequenzen zu bewundern, die stilsicher übertragen wurden.
KONSOLENANPASSUNGDie Deponia-Reihe ist auf so gut wie allen Gerätearten vertreten. Die Switch ist nun die letzte große Heimkonsole, welcher die Deponianer einen Besuch abstatten - die Steuerung wurde dem Controller entsprechend angepasst. So steuern wir unseren Helden direkt und wählen die Hotspots in seiner Nähe mit dem rechten Stick an oder schalten mit den Schultertasten zwischen ihnen um. Das Menü wird via Steuerkreuz bedient und durch das Quick-Menü ist es auch nicht nötig, städig dasselbige zu öffnen, um die Gegenstände in der Umgebung anzuwenden. Auch die Facebuttons haben alle ihre eigene Funktion zum Inspizieren, Interagieren und Kombinieren. Das funktioniert soweit sehr gut, nur im Tutorial wurden einige sprachliche Erklärungen durch Textboxen ersetzt, da sie sich auf Mausklicks und ähnliches bezogen. Abgesehen davon und etwas Gewusel während der Minispiele, fällt die angepasste Steuerung im regulären Spielverlauf kaum ins Gewicht. Nur hatte es am PC Vorteile die Maus über eventuelle interaktive Objekte zu fahren oder mit einem Doppelklick auf den Bildschirmrand gleich zur nächsten Szene zu springen. Letzteres ist immerhin mit einer schnelleren Laufanimation kompensiert worden.
An sich läuft das Spiel sehr gut und kommt sogar ohne Ladezeiten aus. Hin und wieder hakte es etwas, aber soweit ich mich erinnere, war das schon auf der PC-Version an den jeweils selben Stellen der Fall. Ferner ist mir die Software während eines Minispiels einmal abgestürtzt, aber dadurch bin ich auf eine scheinbar implimentierte Auto-Save Funktion gestoßen. Löblich! Was mich allerdings mit Enttäuschung zurücklässt, sind die fehlenden Funktionen und Inhalte. So ist der Touchscreen wieder einmal vollkommen ungenutzt - ein Makel, welches ich in Point-&-Click-Adventures immer wieder unverständlich finde. Ferner haben wir es hier nur mit dem ersten Teil einer vor sechs Jahren abgeschlossenen Trilogie zu tun, die vor drei Jahren noch einen vierten Teil spendiert bekam. Für den Preis der Nintendo-Switch-Version bekomme ich auf anderen Plattformen alle vier Teile plus einigen Anpassungen und Extras, wie beispielsweise den unglaublich humorvollen Entwicklerkommentaren.
FAZITIch liebe Deponia von ganzem Herzen, ohne Frage. Die Umsetzung ist technisch sauber - wenn auch ohne Touchscreen-Unterstützung - und der Unterhaltungsfaktor reißt an kaum einer Stelle ab. Dennoch werden gerade Neulinge wohl ein paar Probleme haben, sich im Gewusel zurechtzufinden. Und etwas mehr Umfang in Form von Bonusmaterial oder weiteren Kapiteln hätte der Switch-Version zum hier verlangten Preis sicher nicht geschadet.