Ein kleines Mädchen verarbeitet seine Schuldgefühle im Point and Click Adventure Bear with Me. Amber spinnt sich eine Geschichte zusammen, in der sie mit ihrem besten Freund Ted I. Bär, auch Schnüffler Bär genannt, nach ihrem Bruder sucht. Dabei entwickelt sich Amber teilweise als Kleptomanin, weil sie so ziemlich alles mitnimmt, was ihrer Meinung nach mal nützlich sein könnte.
Bear with Me malt eine gefühlsmäßig etwas drückende, drei Kapitel andauernde Geschichte, untermalt durch das Stilmittel, fast das gesamte Spiel in schwarz-weiß zu präsentieren. So chic das rüberkommt: In diesem Kontrast ist es manchmal schwer zu erkennen, was auf dem aktuellen Bildschirm für Gegenstände herumliegen, mit denen man eventuell interagieren könnte.
In Paper City treibt eine rote Gestalt ihr Unwesen und Amber scheint das Ziel zu sein. Amber selbst sucht nach ihm, weil sie der Meinung ist, er habe etwas mit dem Verschwinden ihres Bruders Flint zu tun. Gemeinsam mit Schnüffler Bär sucht sie zu Hause und in der Stadt nach Hinweisen. Ab und zu müssen mehrere Gegenstände behelfsmäßig kombiniert werden, um einen bestimmte Zweck zu erfüllen. Zu Hause zum Beispiel ist der Dachboden das Ziel, an die Dachbodenluke kommt Amber allerdings weder heran noch kann sie diese sonst irgendwie öffnen. Also sucht sie die Zimmer nach Objekten ab, die an der Öse der Luke angebracht werden können, damit die Luke herabgelassen werden kann. Ein Stück Holz, Klebeband und ein Gewicht, mit einem Haken von der Standuhr sind dafür nötig.
Im Inventar sollen diese Objekte nun kombiniert werden - das klappt leider nicht immer. Zum Einen erwartet das Spiel oftmals eine bestimmte Reihenfolge. Das Gewicht mit dem Haken muss erst an das Holz gesetzt werden. Die Engine weigert sich allerdings, das Holz auf das Gewicht mit dem Haken zu kombinieren. Wurden Gewicht und Holz kombiniert, kommt das Klebeband zum Einsatz. Leider funktioniert dieses Kombinieren auch nicht immer sofort, selbst, wenn man gewünschte Reihenfolge einhält. Manchmal schließt sich einfach das Inventarfenster, wenn man etwas kombinieren möchte. Letzteres ist nervig, ersteres ist sehr unschön.
Bear with Me bietet an manchen Punkten die Möglichkeit, Dinge zu variieren, also bei erneutem Durchspielen einige Begebenheiten zu verändern. Was mir sehr gefällt. Im Abenteuer geschieht es ab und zu, dass man auch andere Figuren steuert. Selbst den vermeintlichen Gegenspieler, die rote Gestalt. In ihrer Rolle hat man die Möglichkeit, Ambers treue Spielzeuggiraffe Millie, vermutlich in der Rolle eines Kindermädchens, das Amber sehr mag, zu töten und dan aus dem Haus zu fliehen oder sofort schnell zu fliehen. Es gibt jedoch eine Entscheidung, die man als einschneidend bezeichnen kann. Von dieser hängt es ab, ob man die Geschichte mit Amber abschließt oder ob die Geschichte von vorne beginnt. Eine fiese Entscheidung, trotzdem ein cooles Konzept. Glücklicherweise darf man jederzeit Speichern.
Ärgerlich ist, dass die Handlung manche Dinge leider nicht mit der Geschichte in Einklang bringt. Zu Hause treten Amber und Bär mehr mals aus einem Raum, woraufhin eine alternative Szenerie des Raumes gezeigt, der vollständig in grau mit rotem Text zu sehen ist. Was es damit auf sich hat, wird nie erklärt. Schade.
Viel zu Schmunzeln gibt es außerdem. Wer auf Details achtet und sich in dem jeweiligen Gebiet auskennt, wird viele Anspielungen vorfinden. So hat Amber in ihrem Schrank eine Hockeymaske, die sie einmal ihrem Freund Jason schenken wollte. Und manche Figuren in der Geschichte haben Merkmale, die man aus diversen Comics oder Cartoons kennen könnte...
In dem im eShop zusätzlich erhältlichen vierten Kapitel zu The Lost Robots, das zeitlich vor Ambers Abenteuer stattfindet, wird mit ihrem Bruder Flint gespielt. Er und Schnüffler Bär ermitteln in Paper City, wer die Robotereinwohner für deren Ersatzteile auseinander nimmt und gewinnbringend verkauft. In dieser Geschichte verarbeitet Flint seine Schuldgefühle bezüglich eines Ereignisses, das in Ambers Geschichte zu ihrem persönlichen Konflikt führt.
Im Spiel gibt es ein paar wenige Einstellungsmöglichkeiten, die sich auf die Lautstärke des Spiels und die Sprachauswahl beschränken. Es ist wünschenswert, die Geschwindigkeit des Zeigers einstellen zu können - leider Fehlanzeige. Man steuert die Spielfiguren indirekt: Ein Objekt zum Einsammeln oder eine Figur zur Unterhaltung angeklickt, und man begibt sich dorthin. Leider ist der Zeiger träge und oft ist es auch nicht einfach, Interaktionselemente anzuvisieren. Außerdem sind manche Gebiete größer als der Bildschirm, das heißt, man muss auf eine leere Stelle am Boden klicken, damit die Spielfigur weiter hinein geht - und auch das dauert länger als es müsste.
FAZITBear with Me hat eine clever verpackte Story, die auf mehreren Ebenen zu verstehen ist, und welche vollgestopft ist mit jeder Menge Referenzen zu bekannten Unterhaltungsprodukten. Ein bisschen hakeln tut es zwar hier und dort, aber insgesamt überwiegt der Spielspaß eindeutig. Wer Point and Click Adventures mag, sollte zugreifen!