Wieso eigentlich ARMS?Wer sich noch an die alten Wii-Zeiten des Boxens erinnert, könnte in erster Linie denken, es ginge bloß um wildes Herumgefuchtel. Doch weit gefehlt. Offensichtlich geht es in erster Linie ums Boxen. Nehmen wir doch mal die Bewegungssteuerung her, die ebenfalls eine große Rolle spielt. Jeder Charakter besitzt zwei Boxhandschuhe, verbunden mit einer extrem langen Arm-Einheit. Und neben den 10 Charakteren gibt es insgesamt 30 unterschiedliche Boxhandschuhe mit diversen Eigenschaften und Fähigkeiten, sodass es pro Charaktere unterschiedliche Kombinationen gibt.
Zu Beginn jeden Matches kann sowohl für die rechte, als auch für die linke Hand je einer von drei Handschuhen ausgewählt werden. Leider hielt sich Nintendo mit den Informationen zu den Eigenschaften zu bedeckt und so können diese nur umständlich im Menü eingesehen werden. Unwichtig sind sie jedoch nicht, denn es gibt starke und leichte Boxhandschuhe, die zum Beispiel Raketen rausschießen können, oder aus einem Chakram oder einem Boomerang bestehen, welche Gegner auf größerer Distanz treffen oder einfach nur wie eine Abrisskugel jede Menge Schaden anrichten können. Von den Elemenschadensboni ganz zu schweigen, wie etwa Eis, welches den Gegner bei einem Treffer verlangsamt.
Der starke ARM der GötterARMS kann mit allen anderen Controller-Möglichkeiten gespielt werden. Aber wofür auch immer ihr euch entscheidet, das Konzept ist immer dasselbe: Ihr bewegt euch in kleinen Schritten in alle Richtungen, mit der Ansicht hinter eurem Charakter. Bei der Bewegungssteuerung kommt in jede Hand ein Joy-Con, so, dass die Sticks zueinander zeigen. Die Bewegung des Charakters funktioniert jetzt durch Bewegen beider Joy-Cons in die jeweilige Richtung, und durch eine Schlagbewegung könnt ihr die bionischen Arme entsprechend nach vorne sausen lassen, wobei die Arme immer der Vorgabe eurer Schlagbewegung folgen, weshalb ihr beispielsweise auch im Bogen um Hindernisse herumschlagen könnt, oder ihr lasst den einen Arm geradeaus sausen, während der andere im weiten Bogen von rechts kommt. Wenn ihr beide Joy-Cons nach vorn stoßt, könnt ihr eure Gegner packen, zu euch ziehen und ordentlich austeilen. Neigt ihr beide Joy-Cons nach innen, geht ihr in die Blockposition. Die L-Taste dient zum Sprinten und die R-Taste lässt euch Springen.
All eure Aktionen sorgen dafür, dass eure Handschuhe irgendwann zu Glühen beginnen. Ab jetzt ist es möglich, die Elementschläge auszulösen und zusätzlichen Schaden anzurichten. Wenn ein Gegner durch Eis gelähmt wird, kann er sich schlechter bewegen und bietet euch ein leichteres Ziel, Feuer richtet Brandschaden an und so weiter... Den größten Schaden macht aber der Spezialangriff. Nach bestimmten Aktion lädt sich eine Leiste auf und sobald die voll ist, kann mit ZR der Spezialangriff ausgelöst werden.
Wer mit Pro Controller oder einem quergehaltenem Joy-Con spielt, muss sich schon etwas umstellen. Die Schläge mögen zwar etwas präziser kommen, jedoch sind Kurvenschläge erst mit etwas Übung zu meistern. Außerdem wird hier durch durch herunterdrücken des linken Sticks geblockt, was in der Hektik sehr unpraktisch sein kann. Und eine Button-Umbelegung ist leider nicht möglich, schade!
Es gibt nicht nur eine Auswahl von 30 unterschiedlichen Handschuhen, sondern ihr bekommt es in ARMS mit Charakteren zu tun, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Spring Man, der agile Kämpfer mit der Locke, das Cheerleader-Mädchen Ribbon Girl, die sogar Dooppelsprung ausführen kann, Ninjara, der schnelle Ninja mit Teleportfähigkeit, oder Min Min, deren Arme aus Nudeln bestehen und Angriffe aus der Luft heraus abwehren kann. Jeder Charakter spielt sich im Kern natürlich gleich, aber durch seine Eigenschaften doch wieder anders als die anderen. Die wuchtigen, langsamen Chraktere, die mehr Power haben, wie Master Mummy oder Mechanica, müssen anders gehandhabt werden, als vielleicht die flinke Twintelle.
Je nach Spieler und Charakter könnt ihr so ganz schön Probleme bekommen. Mein Spielepartner hatte sich auf Kid Cobra speziallisiert, der ziemlich schnell ist. Dadurch hatte ich anfangs immer Probleme einen Schlag zu setzen, bis ich dann eine Technik entwickelt hatte. Ich bin manchmal nicht rechtzeitig mit meinen Waffen an ihn herangekommen und hab immer was auf den Deckel bekommen, bis ich dann die richtige Blocken-Reihenfolge gepaart mit einem Distanz-Handschuh entdeckte. Denn Angriffe können eine Auswirkung auf die Arme haben und sogar außer Kraft setzen. Aber auch große elektrische Kugeln, die in der Arena vorhanden sein können, können euch das Leben schwer machen. Sobald man diese in Richtung Gegner schlägt, fangen sie an zu ticken und können Feuer- oder auch Systemschäden verursachen.
Mit einer Art Schere-, Stein-, Papier-Prinzip könnt ihr das Kampfsystem vergleichen. Wenn euch beispielsweise jemand packen möchte, kann das abgewehrt werden, indem ihr seine herannahenden Arme weghaut. Sind eure Arme aber für einen Moment außer Kraft gesetzt, ist es leicht, euch zu packen. Ebenso müsst ihr aufpassen ob oder wann ihr Schläge blockt. Ein Block hilft euch beispielsweise überhaupt nicht, wenn der Gegner euch zu packen versucht - da ist dann ein Konter oder Ausweichen gefragt.
Räuber und GendARMWie umfangreich ist ARMS eigentlich? Hm, das ist schwer zu definieren, denn es gibt einiges an Modi. Versus ist klassisches 1 gegen 1, im Teamkampf ist es 2 vs 2. Dann gibt es noch einiges an Gimmick-Kämpfen: Beim Volleyball muss versucht werden, den Bombenball auf der Gegnerseite zum Explodieren zu bringen. Im Basketball gilt es, den Gegner zu greifen und wie einen Basketball durch den Korb zu befördern. "Ins Schwarze" ist einfaches Zielscheiben Schießen.... ähh, Schlagen, wobei der Gegner auf der gegenüberliegenden Seite steht und beim Spielen gehindert werden kann. Im Hundertkampf geht es darum, 100 Gegner mit immer schwieriger werdendem Härtegrad zu besiegen, und der Arms-Test verlangt, mit zufällig gewählten ARMS eine Siegesserie hinzulegen.
Der Kampf bietet immer noch das reichhaltigste Erlebnis von allen. An einem Abend habe ich mit einem Freund 5 Stunden am Stück 1 gegen 1 gespielt. Alles andere war eher mau. Der Teamkampf wirkt viel zu hektisch. Die Idee, dass beide Kämpfer mit einem Band miteinander verbunden sind, finde ich genial - wenn also etwa der Partner weggeschleudert wird, fliegt man automatisch hinterher. Aber die Taktiken im Team sind schwierig und der Sieg, falls der Partner zu Boden geht, wird nun so gut wie unmöglich.
Volleyball hat ebenfalls wenig mit dem eigentlichen Sport zu tun und spielt sich im Team ein wenig besser, macht aber auch dann nicht so viel Spaß wie Basketball, welches aber seinerseits auch selten länger als ein paar Minuten unterhält. Zielscheiben schießen war schon bei Smash Bros. ganz witzig für zwischendurch, hält jedoch ebenfalls nicht lange bei Laune. Die Highscore-Jäger unter euch mögen vielleicht mehr Spaß damit haben, ebenso mit Hundertkampf oder ARMS-Test.
Online ist es natürlich möglich, mit und gegen Freunde anzutreten. Es können sage und schreibe 10 Switches miteinander verbinden sein, was Matches mit bis zu 20 Leuten möglich macht. Dafür hat sich Nintendo ein Lobby-System ausgedacht, bei dem die Spieler per Zufall in die Matches gesteckt werden. Somit können 1 gegen 1, Triple Threat (1 vs 1 vs 1), 2 gegen 2 oder "drei gegen einen Bossgegner"-Matches entstehen. Zusätzlich gibt es noch Basketball und Volleyball obendrauf. Somit ist immer jeder irgendwie und irgendwo in Matches verwickelt und bekommt oder verliert nach dem Kampf eine gewisse Punktzahl an Arms-Punkten. Man kann die Modi allerdings nicht selbst auswählen, denn online gibt es stets das eben genannte Zufallssystem für die Matchvergabe. Da hätte ich mir etwas mehr Optionen gewünscht, denn manchmal will man einfach nur in einer Gruppe Kämpfe absolvieren, und nicht in einem manchmal doch sehr zufälligem Volleyball-Ausgang Punkte verlieren.
Beim lokalen Multiplayer gibt es die Möglichkeit, eine Lobby zu erstellen und mit bis zu 8 Leuten zu spielen. Hier, aber auch in anderen Modi, gibt es bestimmte Boni in den Matches, die ihr aber auch ausstellen könnt. Es gibt unter anderem grüne Kapseln, die einen Bereich aufspannen. Steht ihr drin, füllt sich eure Energieanzeige wieder auf. Anders die orangene Kapse, die sukzessive eure Spezialleiste auffüllt.
Anders ist es beim Ranglistenkampf. Dieser klappt nur allein und lässt auch in der Weltrangliste auf- oder absteigen. Das Coole an dem Modus ist, dass während der Suche von Online-Gegnern solange der Versus- und Grand-Prix-Modus gespielt werden können.
Die große Hoffnung meinerseits war der Grand-Prix-Modus. In der Nintendo Direct gab es ja den Kommentator Armadeus - der ist auch in ARMS dabei! Generell macht der Grand Prix Modus im eigentlichen Sinne nicht viel falsch, aber Armadeus leitet den Kampf ein, spricht etwas über den Kontrahenten, dann gibt es 2 Siegesserien pro Match und am Schluss das Finale im 10. Match. Aber das war es auch schon. Armadeus macht nur ein bisschen "Brrpp blublubb blubb" und spricht nicht so locker flockig, wie man es aus der Direct kennt. Nicht mal während der Matches, was eine coole Sache gewesen wäre. Die Charaktere haben so viel Potenzial eine tolle Hintegrundgeschichte zu entfalten, wieso sie im Grand Prix sind, was sie antreibt und all das - aber leider bleibt das alles verborgen.
Dafür hat man am Schwierigkeitsgrad reichlich zu knabbern. Es gibt 9 Stufen - und die haben es in sich! Wer ohne Probleme mit Stufe 3 zurechtkommt, herzlichen Glückwunsch! Aber trotzdem: Ihr glaubt nicht, wie geil es ist, wenn man den Gegner mit letzter Kraft ausgetrickst hat und zu Boden haut! ARMS gelingt es, einen Gefühlshöhepunkt zu schaffen, weil viele Kämpfe so knapp und gigantisch enden können!
Besser ARM ab, als arm dranWas sind diese Arms-Punkte eigentlich? Mit den Arms-Punkten könnt ihr ins ARMS-Depot gehen und ein kurzes, mittleres oder langes Zielscheibentreffen durchführen, um für den gewählten Charakter weitere Boxhandschuhe freizuspielen, was am Ende über 9000 unterschiedliche Boxhandschuhkombinationen ergibt.
Was gibt es zum Style und vor allem zur Musik zu sagen? Nun, Nintendo hat sich selbst übertroffen. Die Arenen sprießen nur so von Kreativität, denn jeder Charakter hat seine eigene Stage. Die Ninja-Akademie gefällt mir vom Design her am besten, da dieses Duell-Feeling sehr gut rüberkommt und vor allem der Höhenunterschied, da sich der Kampf auf einer Treppe an einem alten Tempel abspielt. Sogar in einer Ramen-Schüssel wird gekämpft, in deren Mitte sich ein Trampolin steht. Auf dem Schrottplatz befinden sich Stahlsäulen, hinter denen man sich gut verstecken kann, bis die Trümmer der Säulen aufgrund eurer Boxaktivitäten in Stücke zerbrochen sind. Die Charaktere sind nach wie vor der Knüller. Die Haare bewegen sich, die Arme sehen klasse aus, die Bewegungen jeder einzelnen Personalität ist einfach klasse in Szene gesetzt und Ribbon Girl singt sogar ab und zu wenn sie gewinnt.
Doch nicht nur die Arenen und Charaktere haben Charme, nein, auch der Soundtrack. Die treibenden Bongo-Trommeln lassen oft brasilianisches Olympia-Feeling aufkommen und der Titel-Song geht sowas von ins Ohr, ich sing den sogar unter der Dusche noch weiter! In den Arena gibt es immer wieder Jubelschreie zu hören, es ist also auch noch Publikum anwesend. Also alles tipp-top! Nur bei Armadeus hat mich enttäuscht, dass er keine Sprachausgabe bekommen hat und hippe Sprüche während des Matches abliefert.
FAZITARMS hat mich von Anfang an fasziniert. Jeden Charakter zu testen, die Tricks mit dem Aufladen der Boxhandschuhe und dem richtigen Ausweichen und Springen zu timen, ist angenehm anspruchsvoll, was man dem Titel zugegebenermaßen nicht sofort anmerkt, sodass man sich erst eine kleine Weile mit ihm beschäftigen muss, bis sich plötzlich jede Menge Aha!-Momente ergeben. Und ab dann bietet ARMS viel Tiefgang. Inhaltlich wird einiges geboten, aber das meiste ist nicht wirklich spannend. Der Online-Modus gehört noch etwas aufpoliert und etwas mehr Abwechslung darf es auch gerne sein, denn wirklich genial sind eigentlich nur die 1-gegen-1-Matches.