Cover: Mega Man 5Mega Man ist nun zum fünften Mal unterwegs, um 8 von Wilys Robotern zu schrotten. So gesehen entspricht auf Teil 5 den Vorgängern in absolut allem. Die Roboter geben Mega Man ihre Waffe ab, wenn sie besiegt sind und danach geht's dem bösen Wily an den Kragen... nee, halt... Proto Man ist der Fiesling? OK, nachdem seine Burg dem Erdboden gleichgemacht wurde, enthüllt sich, dass Dr. Wily es war, der einen Proto-Man-Look-alike erschuf. Also geben wir Wily natürlich auch gleich eins auf die Mütze und plätten seine Burg...

...natürlich entkommt Wily auch hier mal wieder, aber alles in allem haben wir Mega Man 5 nun absolviert. Und... ...fühlen wir uns bestätigt und sind zufrieden mit uns selbst, während der Abspann läuft? Hmmm, tja. Nein, irgendwie nicht. Mega Man 5 ist sogar ein wenig langweilig. Es ist, wie ja schon bei Mega Man 4 geschrieben, zu poliert und glatt. Das ist einerseits klasse, denn Mega Man 5 sieht hervorragend aus und die Musiken klingen sehr gut arrangiert, und bis sich die Melodie von vorn wiederholt, dauert es auch viel länger, wie sonst üblich.

Aber die Stages sind zu straight forward, um mich eines Anglizismus zu bedienen. Was mir schon bei Mega Man 4 öfters mal auffiel, trifft bei Mega Man 5 noch häufiger und deutlicher zu. Es fängt zum Beispiel mit dem Mega Buster an. Diesen lädt man auf, indem man die B-Taste gedrückt hält und feuert ihn ab, indem man sie losläst. So ertappe ich mich oft dabei, wie ich schon bei Levelbeginn die B-Taste halte und so der Buster auflädt. Sobald der erste Gegner dann kommt, lasse ich los und halte sofort wieder B für den nächsten Gegner, sobald er sich blicken lässt.
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Und mit dem Mega Buster putzt man 98% aller Gegner in den Levels auf einen Streich weg. Und weil er auch noch breiter ist als die normale Plasma-Kanone, ist es auch leichter, die Gegner damit zu erwischen. Kurz: Durch die meisten Level latscht man fast immer nur in einer Tour durch und nur an Stellen, wo Plattformen und todbringende Stacheln ins Spiel kommen, wird es hier und dort etwas knapp oder man lässt auch mal ein Leben. Lediglich die 8 Roboter-Bosse sowie die Endbosse in den Burg-Leveln am Ende benötigen ein wenig mehr Ausdauer und hin und wieder nimmt man wegen denen auch mal ein Continue in Anspruch.
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Aber abgesehen vom Mega Buster ist mir Mega Man 5 auch einfach zu ordentlich und sortiert und die Sprungpassagen könnten auch kniffliger sein. Allerdings hat Capcom bei allem Aufwand, Mega Man 5 so perfekt wirken zu lassen, wieder die Slowdowns nicht im Griff. In jedem Level gibt es wenigstens eine Stelle, bei der das Spiel merklich langsamer wird, weil die CPU zu viele Objekte gleichzeitig bewegen muss. Es hat einfach den Anschein, als wäre bei Mega Man 5 vor allem die Ästhetik im Vordergrund und solle beweisen, dass NES-Titel auch aufwendig gestaltet sein können. Doch dann hat man gemerkt, dass es ab und zu doch ein wenig zu viel des Guten war - aber man hat das in Kauf genommen.
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Dafür gibt es in mehreren Leveln immer auch irgendwas Besonderes. Einmal fährt man in einem Wasser-Jet-Ski eine Art Hindernisparcours ab, oder das Bild wippt in regelmäßig Abständen kurz auf und ab, um zu simulieren, dass man in einem Zug-Waggon ist. Das ist alles sehr beeindruckend für das NES, aber das Leveldesign als solches wäre mir hierbei wesentlich lieber gewesen. Herausstechen tut da nur die Gravity-Man-Stage, die mit coolen Wechseln in die Kopfüberperspektive aufwartet.
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Als einzige wesentliche Neuerung gibt es in jedem der 8 Roboter-Level einen Buchstaben aufzusammeln: M-E-G-A-M-A-N-V. Gelingt es, in jedem Level den Buchstaben zu erfassen, bekommt Mega Man als Gimmick den Robot-Vogel Beat, den er neben Rush Coil und Rush Jet herbeirufen kann. Beat greift dann vollautomatisch Gegner auf dem Bildschirm an. Auch das ist eine nette Idee, vor allem die Jagd nach den 8 Buchstaben, aber die Buchstaben hätte man geschickter verstecken können und den Nutzen hinterher bestärken. Ich hätte mich z.B. mehr über einen weiteren Schwierigkeitsgrad gefreut, als über ein automatisches Angriffs- und Verteidigungssystem, das die ohnehin schon zu einfachen Level noch einfacher macht.
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Es wird sehr deutlich, dass Capcom zu viel Innovation in die Spielmechanik bringen wollte - was löblich ist, aber es ist das "Wie". Mega Man 2 hatte zwei Schwierigkeitsgrade - warum diese hier nicht auch anbieten und beim schweren dann die Gegner je einen Treffer mehr aushalten lassen und Mega Buster und Beat komplett streichen...? Auffällig ist auch, dass mein Lieblingsmanöver, der Groundslide, noch im Bewegungsarsenal ist, aber kaum Raum lässt, kreativ zu spielen, wie noch bei Mega Man 3 und Mega Man 4, weil er zu wenig gefordert wird.
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FAZIT
Um es auf den Punkt zu bringen: dass Mega Man 5 irgendwie ein wenig zu langweilig ist, liegt für mich daran, dass die Level zu einfach und somit zu flott durchgelatscht sind. Nimmt man dann noch den mechanischen Vogel Beat, die Energie Tanks und vor allem den Mega Buster hinzu, muss man sich schon fragen, ob man jetzt stolz auf sich sein darf, wenn man durch ist.
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Capcom hat es zu gut gemeint und das Wesentliche aus dem Auge verloren. Für ein Videospiel ist Mega Man 5 immer noch die Spielzeit wert, aber als Mega-Man-Spiel bleibt es hinter den Erwartungen zurück und fordert Veteranen nur an wenigen Stellen.
Jörg Singleplayer: 66%

Verfasst von Jörg am 03.08.2014
für bis zu 1 Person/en
Release am 18.11.1993