WEIT GEFEHLT!Ihr kennt das, oder!? Ihr seid gerade voll auf "Pokémon" und dabei, sie Euch alle zu schnappen - wie die Werbung es immer sagte ("Schnapp sie Dir alle! / Gotta catch 'em all!"). Also nix wie den Game Boy (oder auch Game Boy Advance oder Nintendo DS - je nach dem) gegriffen und fleissig trainiert und gesammelt... Das hatte und hat für viele ganz bestimmt seine Reize, nicht wahr!?
Doch was ist, wenn Ihr eines Tages an einem geheimnisvollen Strand aufwacht? Eben noch bewusstlos, werdet Ihr von einem freundlichen Pokémon geweckt. Ihr wundert Euch, wo Ihr Euch befindet - und noch viel mehr, wie Ihr überhaupt hergekommen seid. Und was Ihr schon gar nicht verstehen könnt: Warum seid Ihr auf einmal ein Pokémon!? ...sind das nur die Phantasien eines 11jährigen, der zuviel gezockt hat? Der Tag-Traum einer 14jährigen mitten in der Englischstunde, die jetzt viel lieber ganz wo anderes wäre?!
Weit gefehlt! ;) Das seid Ihr selbst, beim Spielen von "Pokémon Mystery Dungeon: Erkundungsteam Dunkelheit" oder "Erkundungsteam Zeit" (kurz: PMD:ED&EZ)...
EINSCHALTENGanz zu Beginn des Spiels werdet Ihr gebeten, ein paar Fragen zu Eurer Person zu beantworten. Darauf erfolgt eine Berechnung und Ihr erhaltet das Ergebnis, welches Euch erklärt, welches Pokémon Ihr aufgrund Eurer Persönlichkeit sein würdet (bei mir war es Panflam). Jetzt erfolgt eine kleine Einführungssequenz und Ihr findet Euch am soeben erwähnten Strand wieder - in Gestalt eines Pokémon (bei mir also das erwähnte Panflam).
All Eure Erinnerung ist fort: Wieso Ihr an diesem Euch unbekannten Strand seid, warum Ihr ein Pokémon seid, etc. Doch zum Glück schliesst Ihr sofort Freundschaft mit einem anderen Pokémon (bei mir war es Chelast), welches Euch soeben geborgen hat. Bald schon wächst Eure Freundschaft ein wenig und Ihr beschliesst, ein Erkundungsteam zu gründen und Euch dafür ausbilden zu lassen. Darum sucht Ihr sofort die Knuddeluff-Gilde auf und bittet Knuddeluff, Euch doch zu einem 1A Erkundungsteam auszubilden.
MITTENDRINUnd schon seid Ihr mittendrin: Ihr erkundet Dungeons (vornehmlich Höhlen), erledigt viele Rettungs- und Botenmissionen, levelt und vergrößert Eurer Team, indem sich Euch nach und nach immer mehr Pokémons anschliessen und kommt dem Geheimnis Eurer Pokémongestalt weiter auf die Spur.
Das bedeutet, bei PMD:ED&EZ handelt es sich quasi um ein RPG-Dungeon-Crawler im Pokémon-Style. Das Gute daran: Ihr werdet NIE dasselbe Dungeon zweimal sehen! Denn sobald Ihr ein Dungeon ein weiteres Mal betretet, wird es von der CPU völlig neu berechnet. Man kann also ein und das (theoretisch) selbe Dungeon immer wieder spielen, und doch ist es stets ein anderes.
Das Schlechte daran: Alle Dungeons, egal, in welchem ihr unterwegs seid, sehen immer gleich aus. Dieselben Texturen, dieselben Hintergründe, dieselben Gegner. Ausserdem ist kein einziges der Dungeons auch nur ansatzweise verschachtelt oder übermäßig groß. Weiterhin reist Ihr nicht wirklich von Dungeon zu Dungeon, sondern Ihr geht zurück zur Pummeluff-Gilde und wählt dort per Cursor einfach das nächste Dungeon aus - und schon seid Ihr drin... Von einer echten Erkundung kann da nicht wirklich die Rede sein.
ZUR HILFESolltet Ihr einmal in einem Dungeon versagt haben, könnt Ihr über die WiFi-Connection einen Hilferuf an andere Spieler/innen absenden, die Euch dann zur Hilfe eilen können. Eigentlich ein tolles Feature, welches obendrein den Hintergrund von PMD:ED&EZ aufgreift: Dungeons erkunden und Hilfesuchende retten. Schade nur, dass die rettende Person einfach an die Stelle, an der Ihr versagtet, hinlaufen muss - und schon seid Ihr wieder im Rennen.
Toll ist dafür, dass Ihr, wenn Ihr einmal besiegt wurdet, beim letzten Spielstand weiterspielen könnt und keine Erfahrungspunkte verloren gehen; doch Ihr verliert einige Eurer Items und Euer gesamtes(!) Geld. Somit ist der Frust nicht zu hoch, wenn Euch Unerwünschte passiert, aber Ihr seid andererseits auch ständig bemüht, es nicht so weit kommen zu lassen, denn der Verlust von Barem und Items ist bitter genug.
Da man sich also nicht wirklich retten lassen kann, muss der sogenannte Multiplayer ja auch ein "Multiplayer" sein, oder? Nur wo ist der Multi-Player(!), wenn man einfach seine Pokémon an seinen Freund verschickt und die Pokémon dann komplett von der CPU gesteuert werden!? Sehr schwach!
DIE GESCHICHTE VOM BESIEGT WERDENWie könnt Ihr eigentlich besiegt werden!? Nun, während Ihr Dungeon um Dungeon erkundet, trefft Ihr immer wieder auf Gegner, die Euch angreifen oder nicht ohne Auseinandersetzung vorbeilassen wollen. Also müsst Ihr ihnen auf die Glocke hauen. Das funktioniert rundenbasiert und in Echtzeit. Euer Team und Eure Gegner dürfen jeweils eine Aktion machen (ein Feld laufen, Item verwenden, Angreifen, etc) - immer der Reihe nach; schade nur, dass Eure CPU sich dabei ungefähr so klug anstellt, wie ein Ast am Baum. DAS wäre vielleicht noch zu verkraften, wenn die CPU nicht zusätzlich sich selbst und Euch dabei ständig im Weg stünde.
Leider ist auch das Kampfsystem selbst sehr simpel, denn neben dem Einsatz von Items und soweiter, drückt Ihr die meiste Zeit nur die A-Taste für einen Standardangriff oder die L- und A-Taste gemeinsam für eine Spezialattacke. Viel Taktik ist in den meisten Fällen nicht von Nöten: Vor den Gegner stellen und ein paar Mal die A-Taste drücken, das war's... Eher selten müsst Ihr Euch mal davonstehlen oder eine Spezialattacke ausführen.
WIR FORDERN FORDERUNGDas Spiel ist demnach einfach nicht fordernd genug, was leider die Schwäche im eigentlich sehr unterhaltsamen Gameplay ist - in den etwa 25-30 Stunden Gesamtspielzeit wurde ich gerade zweimal besiegt und die sonstigen Auseinandersetzungen mit Gegnern waren nicht unbedingt knapp oder spannend - eher eintönig, monoton, langweilig.
Ein weiteres Problem sind die Dungeons selbst: Das Erkunden derselben macht die ersten 3-4 Stunden durchaus Spaß, doch habt Ihr oft den Ausgang flott gefunden (und nicht selten generiert Euch die CPU ein Dungeon und setzt Euch den Ausgang dann die direkt vor die Nase!).
DAS MENÜ DES TAGESWas wirklich unpraktisch bis zum geht-nicht-mehr ist, ist jedoch vorallem die Steuerung: Wer hat sich das nur ausgedacht!? Ein Beispiel von vielen: Eines Eurer Team-Mitglieder soll auf die Schnelle eine Heilung verschaffende Frucht bekommen, die soeben im Dungeon aufgetaucht ist. Wie stellt Ihr das an?
Tja, jetzt wird's bunt: Euer Inventar ist voll? OK: Ruft Euer Menü auf, legt kurzzeitig ein Item ab, verlasst Euer Menü, sammelt die Frucht auf, geht in Euer Menü, verschiebt die Frucht an das entsprechende Mitglied. Mist, dessen Inventar ist auch voll. Also das Menü verlassen, in das Menü des Mitgliedes, ein Item kurzzeitig ablegen. Jetzt wieder in das eigene Menü, die Frucht verschieben. Verlasst Euer Menü, geht in das Menü des Mitgliedes und lasst es die Frucht essen - abschliessend noch die beiden Items wieder einsammeln...
Ich denke, hierzu muss ich nicht mehr viel erklären - das spricht für sich selbst! Wäre es so kompliziert zu programmieren, einfach sagen zu können: "Mitglied X soll noch beim Aufheben die Frucht A essen!"...!?
POKÉMON-FANSVersteht mich richtig: Es liegt überhaupt nicht an den Pokémon! Man muss nicht Fan der Pokémon sein, um theoretisch Spaß am diesem Spiel haben zu können. Gäbe es eine klügere CPU, kompliziertere oder verwinkeltere Dungeons und hin und wieder andere Texturen für dieselben, sähe das vielleicht ein wenig anders aus, aber so tut Ihr fast nichts anderes, als immer wieder in Dungeon 1, Etage 2 zu laufen, um dort Person 3 Item 4 zu übergeben. Ihr drückt immer wieder die A-Taste, ohne, dass Ihr das befriedigende Gefühl habt, eine Quest erledigt haben (obwohl sie das dann natürlich ist) und dass die Belohnung dafür redlich verdient sei. Nur die Story und die Dialoge sind es, die die Euch bei der Stange halten. Man möchte halt wissen, wie es ausgeht...
Die Stärken von PMD:ED&EZ liegen viel mehr im Bereich der Story, die einige witzige, spannende oder rührende Momente für Euch bereit hält, und im Bereich des Pokémon-Look-&-Feel. Das Gameplay selbst ist eigentlich gut, aber die verhunzte CPU-Intelligenz und dass öfters mal ein generiertes Dungeon praktisch sofort absolviert werden kann, lässt einfach nicht genug bindende Elemente beim Spielen entstehen. Dazu das Manko, dass alle Dungeons zwar anders aufgebaut sind, aber immer alle gleich aussehen...
Natürlich, die Pokémon sind ein Franchise, welches eher für die Jüngeren unter uns gedacht ist, doch könnte PMD:ED&EZ durchaus auch für RPG-Fans im Allgemeinen sehr interessant sein, wenn es einfach etwas höhere Anforderungen an Euch stellen würde.
Für Pokémon-Fans und weniger erfahrene RPG-Einsteiger/innen, die erste Erfolgserlebnisse suchen, vermutlich ein seicht unterhaltsamer Titel, der locker erzählt wird und sehr verständlich das Prinzip von RPGs näherbringt; andererseits wäre es auch möglich, dass man als RPG-Neuling schnell abgenervt ist, weil die CPU wirklich selten unklug reagiert und die Menüführung häufig vollkommen unpraktisch ist, und man danach deshalb vielleicht nie wieder ein RPG anfassen mag.