Zurück auf die SchulbankHarry Potter. Als Baby verlor er seine Eltern durch einen Angriff des dunklen Magiers Voldemort, musste fortan bei der unliebsamen Familie seiner einzigen Verwandten aufwachsen und durfte später nach Hogwarts, der angesehensten Schule für Hexerei und Zauberei. Hier erlebt er in jedem der sieben Schuljahre ein spannendes und gefährliches Abenteuer, welches im großen Finale gegen den Mörder seiner Eltern und der Rettung der bekannten Welt endet.
Diese Geschichte sollte allen bekannt sein, welche die LEGO Harry Potter Collection spielen werden. Denn als Ersatz für Bücher und Filme kann sie nicht dienen. Beide hier enthaltenen Titel stammen aus der Zeit, in welcher die LEGO-Spiele von TT Games noch unvertont waren. Das bedeutet die Handlung wird mit Mimik, Gestik und Zuhilfenahme bildlicher Darstellungen nacherzählt. Wer keinen Bezug zum Original nehmen kann, bleibt daher mit vielen Fragen zurück.
Der Titelbildschirm lässt uns gleich die Auswahl: Spiel A befasst sich mit den Schuljahren 1-4, Spiel B nimmt sich die Jahre 5-7 vor. Beim nahtlosen Übergang ist natürlich ein Bruch zwischen den beiden Titeln zu merken, da alle gewonnenen Zauber - freigeschaltete Charaktere und Extras mit inbegriffen - erneut gesammelt werden müssen und die Erklärung dafür im Spiel selbst etwas zu halbherzig umgesetzt wurde.
Erfrischend alt...?Die erhöhte Auflösung täuscht nicht über die gealterten Charaktermodelle oder Umgebungen hinweg, das ist verständlich. Doch der LEGO-Look kaschiert hier größtenteils die in die Jahre gekommene Optik sehr gut. Zwar lag zwischen der Erstveröffentlichung beider Titel nur ein Jahr, doch merkt man im direkten Kontrast einen deutlichen Sprung der Technik von den Jahren 1-4 zu 5-7.
Auch das Gameplay war damals schlanker. Keine ewig respawnenden Gegnerwellen, die am Rätsellösen hindern. Abgesehen von den Bosskämpfen gab es in den ersten vier Schuljahren nur eine handvoll Gegner, die unserer Truppe gefährlich werden konnten. Dadurch rückte der Puzzle Anteil deutlich in den Vordergrund. Auch das stumme Ensemble hat etwas für sich. Es ist schön, nicht ständig mit blöden Sprüchen konfrontiert zu werden und es ist häufig witzig mitanzusehen, wie die Entwickler die Geschichte ohne Worte authentisch wiedergeben wollen. Selbst, wenn das nicht immer hundertprozentig gelingt.
Ferner gibt es zwar wieder dutzende Charaktere freizuschalten, doch der Kern der Handlung bezieht sich fast gänzlich auf das Trio Harry, Ron und Hermine. Besondere Fähigkeiten werden stark zurückgeschraubt und machen Platz für die unterschiedlichen Zaubersprüche und -tränke. Diese beherrschen fast alle Figuren - von den unfähigen Muggeln mal abgesehen - somit kommen wir durch das Absolvieren diverser Unterrichtsstunden bald gut an den Hindernissen Hogwarts vorbei. Doch die Option in die Haut anderer Figuren zu schlüpfen, gibt es natürlich trotzdem. Auch der typische Character-Editor hat es in beide Spiele geschafft.
Hogwarts selbst ist eine erfrischend kleine Oberwelt. Während der tropfende Kessel mit angeschlossener Winkelgasse als Hub mit diversen Einkaufsmöglichkeiten dient, ist die Zaubererschule Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Hier lernen wir in den entsprechenden Klassenzimmern neue Moves und betreten die eigentlichen Level. Es gibt also keine offene Spielwelt mit Kompass, dutzenden Sammelgegenständen und Nebenmissionen. Abgeschlossene Bildschirme mit ihren eigenen kleinen Rätseln, alle über Flure und Treppen miteinander verbunden, stehen anschließend aber dennoch zu genaueren zur Erkundung bereit.
Bekanntes AbenteuerDiesem Diorama-Gefühl in der Welt, dem vereinfachten Fähigkeitensystem und dem dynamischen Splitscreen ist es wohl zu verdanken, dass wir mit nur einem Joy-Con pro Spieler auskommen; Pro-Controller geht aber auch. Somit lässt sich die LEGO Harry Potter Collection ebenso unterwegs problemlos zu zweit genießen.
In den Levels sammeln wir durch kleine Aufgaben die vier Hauswappen der Schule ein, füllen unsere Stud-Anzeige und retten andere Schüler aus misslichen Lagen. Gelegentlich wird das Ganze durch Flugabschnitte oder Verfolgungsjagden aufgelockert. Am grundlegenden Konzept hat sich also nichts geändert. Schon hier gibt es Rätsel, die auch in späteren Werken von TT Games ihren Einzug finden werden. Einzig der Übergang zwischen Oberwelt und Leveln ist hier noch nicht sonderlich gelungen. So merken wir oft erst an der Stud-Anzeige am oberen Bildschirmrand, dass wir gerade einen Level betreten haben und Abschnitte, die wie Level aufgebaut sind, entpuppen sich als Teil der Oberwelt.
Belohnt wird unser fleißiges Sammeln von goldenen Steinen im ersten Teil mit Rätselräumen in der Zaubererbank Gringotts und sogar ein Creator für eigene solcher Mini-Aufgaben. Die Komplexität ist dabei - zumindest für die Erstveröffentlichung Anno 2010 - schon beeindruckend, hat aber in der heutigen Zeit nach LEGO Worlds und Co. kaum noch Relevanz. Im zweiten Teil ist er sogar komplett weg gefallen.
Auch rote Steine haben ihre Präsenz als freischaltbare Extras wie Punktemultiplikatoren nicht eingebüßt. Aber nur in den LEGO-Harry-Potter-Teilen gibt es Scherz-Zaubersprüche zu kaufen. Sie lassen unsere Helden allerlei Schabernack mit Passanten betreiben. Vom Kopf schrumpfen über Farbveränderungen bis zu unkontrollierten Tanzeinlagen lässt sich mit den armen Opfern fast alles anstellen.
Was sich auch nicht verändert hat, sind die vielen Bugs. Charaktere hängen gerne mal in der Luft fest, das Lauftempo verändert sich ohne Zutun des Spielers und auch sonst friert das Spiel gerne mal ein oder stürzt ab. Wir sind es zwar gewohnt und das Autosave-Feature rettet vor allzu großem Frust, doch ärgerlich ist es schon.
FazitDie LEGO Harry Potter Collection ist in ihrer Zurückgefahrenheit von damals wirklich erfrischend. Gute Harry-Potter-Games sind rar und hier ist ein würdiger Vertreter wieder aufgetaucht. Wenn das technische Gerüst doch genauso überzeugen könnte...