HELDENDrei ehemalige Helden des Königreichs, eigentlich schon fast in Vergessenheit geraten, bekommen von König eine allerletzte Aufgabe: Bringt die Prinzessinnen zur Schule! Gleich an diesem Punkt, noch mitten im Intro, bemerkt man den selbstironischen Humor Has-Been Heroes'. Allerdings sollte man sich davon nicht täuschen lassen, denn das Gameplay von Has-Been Heroes hat es in sich und ist sehr herausfordernd.
So sind die drei Helden grundverschieden in ihren Eigenschaften, wie Stärke, Ausdauer und dergleichen, sodass sie sich ergänzen müssen, wenn die Bewältigung der Aufgabe erfolgreich sein soll. Schwierig ist das deshalb, weil es drei Bahnen gibt, auf denen die Gegner teils in Scharen von rechts nach links in Bild laufen. Ähnlich, wie man es aus dem Tower-Defense-Genre kennt.
Da an einer Bahn immer nur ein Held gleichzeitig stehen darf, ist Strategie oberstes Gebot. Der allerwichtigste Faktor ist immer die Ausdauer, welche an jedem Charakter grün dargestellt wird. Egal, ob Held oder Gegner. Bevor ein Charakter also Schaden nehmen kann, muss zuerst seine Ausdauerleiste abgebaut werden. Dies geschieht primär durch Nahkampfangriffe, wobei jeder Hieb die Ausdauer um eins senkt. Hat also ein Gegner zum Beispiel eine Ausdauer von 4, muss man ihn zuerst viermal treffen, bevor dann der fünfte Treffer Schaden anrichten und Energie abziehen kann; außerdem ist der Gegner sogar für einen kurzen Augenblick lang betäubt und rührt sich nicht.
Allerdings darf man auch nicht beliebig oft drauflos kloppen, schließlich haben alle Charaktere eine eigene Schlag-Begrenzung, die festlegt, wie oft man pro Angriff zuschlagen darf. Die Diebin macht eher moderaten Schaden, kann aber dreimal pro Angriff zulangen. Der Krieger-Held aber knallt schadensmäßig derbe rein, kann aber immer nur einmal pro Angriff treffen. Darum ist es vor dessen Angriff ratsam, entweder zuerst mit den anderen Helden die gegnerische Ausdauer abzubauen, oder durch einen entsprechenden Zauber Vorarbeit zu leisten.
Denn einige Zauber setzen die Ausdauer auf einen Sitz direkt auf 0. Andere richten Schaden an und lassen die Ausdauerleiste dabei unangetastet, oder sie richten gar keinen Schaden an, setzen die Ausdauer um ein bis zwei Dutzend Ausdauerpunkte herab. Andere Zauber beamen einen oder mehrere Gegner wieder nach ganz rechts zurück, sodass man Zeit gewinnt, und wiederum andere Zauber können sogar mehrere Gegner auf einmal angreifen oder kurzzeitig betäuben, sodass sie sich für einige Sekunden lang nicht nach links bewegen, was ebenfalls wieder etwas Zeit verschafft.
Wie zuvor schon erwähnt, man kann nicht beliebig oft oder zu jedem gewünschten Zeitpunkt angreifen. Man muss warten, bis die kleine Angriffs-Anzeige sich wieder aufgefüllt hat, denn nach jedem Angriff eines Helden sinkt dessen Angriffsanzeige auf 0 und braucht einige Sekunden, bis sie wieder vollständig gefüllt und damit ein weiterer Angriff möglich ist. Erst jetzt kann er wieder agieren und ist bis dahin vollkommen hilflos - mit Ausnahme von Zaubern, die jederzeit gewirkt werden können, sofern die Abklingzeit des Zaubers vorbei ist. Denn, ja, auch Zauber dürfen nicht endlos verwendet werden.
ÜBERBLICKBereits jetzt wird deutlich, dass bei Has-Been Heroes auf viele Dinge gleichzeitig geachtet werden muss. Überall Anzeigen und Wartezeiten! Wie behält man dabei bloß den Überblick? Vor allem durch das Zeiteinfrier-Feature! Auf der L-Taste kann nämlich beliebig oft und beliebig lange die Zeit eingefroren werden. Das heißt, das komplette Spiel wird pausiert und man kann nun in aller Ruhe alle Anzeigen angucken, im Geiste die gegebenen Möglichkeiten durchgehen, und dann, nach erneutem Drücken von L, das Spiel weiterlaufen lassen und nun die gerade geplanten Aktionen durchexerzieren. Man guckt sich also alles an, überlegt dabei, ob man die Helden vielleicht ihre Bahnen tauschen lässt, welcher Zauber gerade bereit ist, ob man ihn wie einsetzt, in welcher Reihenfolge alles ablaufen soll und so weiter und so fort.
Sich darüber stets und ständig Gedanken zu machen, ist alleroberstes Gebot, denn es zählt so gut jede Sekunde im Spiel. Anfängliche Zögereien ohne Zeiteinfrierung können sich 1-2 Minuten später als fatal herausstellen: Die Gegner sind auf einer Bahn durchgebrochen, haben die Ausdauer eines Helden gesenkt, seine Lebensenergie ist auch nicht mehr ausreichend und mit dem folgenden Hieb hauchen sie ihm nun sein Leben aus: Game Over! Das Spiel ist vorbei!
...und man muss wieder von vorn beginnen. Stirbt auch nur ein einziger Held, war es das und die ganze Reise startet komplett von vorn. Alle Zauber sind weg, alle bislang gefundenen Items, das ganze Gold - einfach alles!
Selbiges gilt jedoch auch dann, wenn man es tatsächlich bis zum Endgegner schaffte und diese besiegte. Es gibt eine kleine Happy-End-Sequenz, wir erhalten zur Belohnung einen weiteren Helden zur Auswahl und müssen komplett von vorn anfangen.
Doch ist das Gelangen zum Endgegner ein sehr, sehr steiniger Weg. Die ersten 4-5 Spielstunden wird man sehr, sehr häufig draufgehen und sich ärgern, weil das Spiel sich nicht genug erklärt. Es gibt zwar ein Tutorialszenario, das man jederzeit von neuem spielen darf, aber es erläutert nur die allergrundlegendsten Gameplay-Elemente. Welche Feinheiten vorhanden sind, worauf alles zu achten ist, wie man die jeweilige Situation evnetuell zum eigenen Vorteil ausnutzen kann, selbst, wenn es gerade kritisch aussieht... davon wird nichts erwähnt.
NOCHMAL UND NOCHMALDas muss man sich - hart! - erarbeiten, durch Nochmal-, Nochmal- und Nochmalspielen. Erst im Laufe der Zeit bemerkt man die kleinen Dinge, sieht Zusammenhänge und Möglichkeiten, lernt, wem man am besten welche Items oder Zauber gibt, damit sie im Gefecht effektiv wirken können.
Has-Been Heroes ist also ein Spiel, das man dutzende Male versucht durchzuspielen. Und wenn man es geschafft hat, versucht man es noch einmal... und noch einmal... So könnte man es zwar auf den Punkt bringen, doch wäre das nur die halbe Wahrheit. Wirklich richtig durchspielen kann man Has-Been Heroes nämlich sowieso erst nach mehreren vorher erfolgreichen Durchgängen - und die wird man wahrscheinlich erst hinter sich haben, wenn man viel versagte.
Denn von Anfang an bietet Has-Been Heroes nur drei Helden und nur wenige Items und Zauber. Damit kann man theoretisch bis ganz zum Ende kommen, aber das ist echt schwer - und ich meine schwerer als NES-schwer! Doch durch jeden durchstandenen Kampf erhält man die Seelen der gefallenen Gegner, welche man entweder beim eigenen Ableben oder beim erfolgreichen Besiegen des Endgegners gegen neue Items und Zauber eintauscht, welche jetzt beim erneuten Durchstreifen der Welten in Schatztruhen zu finden oder bei Händerln zu kaufen sind. Welche Eigenschaften diese Dinge mit sich bringen, erfährt man aber erst, wenn man sie erhalten, bzw. gekauft hat - bis dahin zeigt die Eigenschaften-Box nur "?" an.
Da man nun zwangsweise fleißig Seelen sammelt und Items und Zauber erhält und kauft, mehrt sich die Auswahl an Items und Zaubern mit praktisch jedem neuen Versuch, und die Eigenschaften-Box zeigt alle Eigeschaften an, wenn man dieses Item oder diesen Zauber irgendwann zuvor einmal inne hatte. Was es erleichtert, die Entscheidung zu treffen, ob man hier jetzt einen Kauf tätigen möchte, beziehungsweise, welchen der drei Helden man welches Item oder welchen Zauber aufnehmen lässt.
Das macht es nicht auf magische Weise leichter die Kämpfe zu gewinnen, denn diese gewinnt man nur, wenn man seine gegebenen Mittel sinnvoll nutzt, jederzeit alles im Blick hat und kluge Entscheidungen trifft. Doch hilft es beim Kaufen und Verteilen der Items und Zauber ungemein, wenn man bereits Vorarbeit leistete. Und je mehr Vorarbeit man leistete, desto besser hat man es beim aktuellen Versuch. Was sich in der Tat als lohnend herausstellt, denn mit jedem Durchspielen, verlängert man das nächste Durchspielen und eine weitere Welt mit vielen Kämpfen und Verwinkelungen auf der Übersichtskarte, sodass die Reise länger und beschwerlicher wird.
Außerdem führt Has-Been Heroes Listen, die genau aufzeigen, welche Items, Zauber und Helden man bereits freigeschaltet und welche man davon bereits erhalten oder gekauft hat. Selbiges gilt für besiegte Gegnertypen, bereiste Arealtypen (Wald, Winterlandschaft usw.), Gesamtspielzeit, beste und schlechteste Durchgänge und dergleichen mehr. Hierdurch entsteht ein hohes Maß an Motivation: Zum Einen will man natürlich so weit wie möglich durchspielen, zum Anderen möchte man möglichst alle Listen vervollständigt haben.
TECHNIKHas-Been Heroes macht technisch einen hervorragenden Eindruck. Die Grafik ist liebe- und detailvoll gestaltet, keine Ruckler oder Zuckler, die Musik ist auch super, und der deutsche Kommentator und Märchenerzähler (in den verschiedenen Sequenzen), macht einen wunderbaren Job. Auch die Steuerung ist einfach nur zu loben. Zunächst wirkt alles etwas überladen, weil wirklich jeder Button, beide Analogsticks und das Steuerkreuz genutzt werden. Doch man fuchst sich da sehr schnell rein und bald schon flutscht es von den Fingern. Lediglich Schriftart und Schriftgröße lassen bisweilen zu Wünschen übrig: Zu klein und dann noch ohne Serifen - da muss man schon mal etwas näher ran und einen Moment lang den Text entziffern. Naja, man gewöhnt sich irgendwie daran, aber optimal ist es keineswegs.
Doch was Has-Been Heroes absolut falsch macht, ist, sich nicht zu erklären. Wie erwähnt gibt es zwar ein jederzeit spielbares Tutorial für das Allernötigste, aber wie genau das Ausdauer-System arbeitet, und was es mit den Items und Zaubern auf sich hat, die am Ende immer explizit als freigeschaltet deklariert werden, aber dann irgendwie doch nicht im Inventar, sondern eben "bloß" im zukünftigen Spielverlauf zu finden sind. Das alles muss man sich mühsam anlernen. Es gibt allerdings auch sonst noch viele Elemente, die man nicht erklärt bekommt, oder schnell mal nachlesen könnte. Zum Beispiel, welchen Vor- oder Nachteil es hat, Gegner mit Wasserzaubern einzunässen und dazu Pfützen entstehen zu lassen. Nein, da muss man die erste Zeit einfach auf "Gut Glück!" drauflosspielen und hoffen, dass man es irgendwann herausgefunden haben wird.
Und genau diese mir unverständliche Verschwiegenheit könnte in so manchem Gamerherz Has-Been Heroes keine Liebe finden lassen. Die ersten Stunden waren geprägt von schlechter Laune, Frustration und Schimpftiraden - aber auch von Motivation. Ich maulte zwar fleißig, startete aber trotzdem immer wieder ein neues Spiel. Und naja, mittlerweile habe ich den Bogen raus und es macht einfach nur noch Spaß. Sehr schwer ist es immer noch, aber ich weiss nun, wie ich agieren und reagieren kann und muss, worauf ich zu achten habe. Deshalb bin ich mit dem Gameplay nun auf Augenhöhe, und kann es total genießen.
FAZITAbsolut geniales Spiel, das ich noch eine ganze Weile zocken werde. Aber verdammt nochmal, waren die ersten Stunden anstrengend - weil das Gameplay über Stunden mühsam verstanden werden muss, statt sich einfach mal zu erklären.