Die Harry Potter Reihe hat sein Ende gefunden und um den Genuss der Geschichte nur ein wenig zu verlängern, könnt ihr das Spiel spielen. Während die ersten Teile noch kindlicher verliefen, mit bunten Zaubergegenständen, lustigen Szenen usw., geht es mittlerweile ans Eingemachte. Klar, dass die letzten Teile keine lustigen Knobelspiele sein würden, konnten wir uns alle denken. Genaugenommen ist Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2 ein reines Actionspiel. Aber arbeiten wir uns mal Stück für Stück durch.
Der, dessen Story nicht ausführlich erzählt werden darf!So kann es euch bei diesem Spiel zumindest zwischendrin einmal ergehen, wenn ihr viele Handlungsinformationen erwartet. Denn so wahnsinnig viel wird euch nicht erzählt. Wer beim Film schon dachte, dass die eine oder andere Information oder Handlung gefehlt hat, die für Fans sowieso immer wichtig sind, der wird beim Spielen noch viel weniger erfahren. Wenn ihr euch die Szenen genau anseht, werdet ihr feststellen, dass es zwar die Filmhandlungen sind, größtenteils jedenfalls, diese aber stark verkürzt wurden. Längere Dialoge wurden stark gestaucht, manche Dinge, die gesagt werden, sogar dazu erfunden. Alles in allem läuft das Ganze auch sehr zackig ab. Kaum ist Dobby beerdigt und der Kobold befragt, hängt ihr in Gringrotts Tunnelsystem. Kurz am Drachen vorbeigeschlichen und rapp-zapp seid ihr im Verließ von Bellatrix Lestrange. Dann schaut ihr zu, wie Harry sich durch die sich verdoppelnden Gegenstände wühlt, die komischerweise anfangen zu glühen und heiß werden (ich hab den Film dreimal gesehen, nicht einmal glühte es!).
Statt daraus nun also eine interessante Spielszene zu machen, hat man uns eine Videoszene verfälscht vorgelegt. Fängt ja gut an. Das ist nicht unbedingt tragisch, aber wenn man solche Dinge schon einbringt, dann sollte daraus auch wenigstens eine Spielhandlung entstehen und nicht nur ein Video. Egal ob man die Geschichte von Harry Potter nun kennt oder nicht, ihr werdet nicht drumherum kommen, fragend und kopfschüttelnd vor dem Spiel zu sitzen, aufgrund der zumeist merkwürdigen Änderungen der Story. Ansonsten wird euch so wenig Information geboten, dass jemand, der die Geschichte nicht kennt, kaum erkennen kann, warum es so endet, wie es endet. Auch als Kenner tut man sich da etwas schwer. Dafür werden Spielhandlungen durch Gegnermassen künstlich in die Länge gezogen und was die fehlenden Informationen wohl ausgleichen sollen.
Geballer auf ZaubererartDieser Harry Potter zeichnet sich weitestgehend dadurch aus, dass ihr wie wild Horden von Gegnern mit euren Zaubern aus dem Weg räumt. Je nachdem, wie viele Gegner ihr gerade so vor euch habt, könntet ihr dem Glauben verfallen, einen herkömmlichen Ego-Shooter gekauft zu haben. Wenn ihr also nicht gerade ereignislos irgendwo hergeht (was nicht oft vorkommt) und den Dialogen eurer Begleiter lauscht, dann geht ihr hinter Zäunen, Möbeln oder Mauern in Deckung und zaubert, bis euch der Arm abfällt. Im Laufe des Spieles stehen euch dabei immer mehr Zauber zur Verfügung, die aber der Art des Spieles oder dessen Ausführung allerdings nichts verändert.
Die KI der Gegner und Figuren ist eher durchwachsen. Entweder eure Begleiter bewegen sich keinen Meter weiter, bevor ihr nicht nach vorn stürmt und dadurch auch gleich wisst "jetzt geht das Geballer wieder los!", oder sie stehen plötzlich mitten im Gefecht aus ihrer Deckung auf und warten mal ab, was passiert. Gegner von weitem angreifen gelingt dabei leider auch nicht. Wenn ihr die Gegner aus der Ferne bereits entdeckt habt und nun versucht, etwas vorzuarbeiten, bleiben eure Begleiter inaktiv stehen und warten, bis ihr zu einem bestimmten Punkt nach vorn geht, oder die Gegner nah genug heran kommen. Scripting in seiner reinsten Form sozusagen.
Die KI der Gegner hingegen geht recht aggressiv vor. Besonders die Todesser rücken euch direkt auf den Pelz, wenn ihr sie nicht schon vorher beseitigt. Das steigert ein wenig den Schwierigkeitsgrad an. Ob das nun ein Grund zur Freude ist, weil man so mehr vom Spiel hat, oder ob es eher dem Cruziatusfluch gleicht, bleibt euch überlassen.
Steuerung, Grafik, MusikDie Steuerung ist so ein Zauber für sich. Mich düngt es, als hätte Voldemort persönlich diese Steuerung erfunden, denn sie ist so gar nicht zauberhaft. Bei einem Zauberstab könnte der Eine oder Andere unter euch auf die Idee kommen, dass vielleicht durch Bewegung gezaubert werden darf, was bei der Wii ja auch nicht so abwegig erscheint. Da muss ich euch leider enttäuschen! Die Bewegungssteuerung dient einzig und allein dem Zielen auf Gegner und der Richtungszuweisung, wohin euer Charakter zu laufen hat. Ist soweit ganz nett, wenn da nicht noch ein "Aber" wär'.
Bei diesem actionreichen Gezaubere kann es nämlich häufiger passieren, das ihr falsch zuckt und sich ruckartig die Blickrichtung verändert. Dann zielt ihr plötzlich nicht mehr auf einen Todesser, sondern auf das tolle alte Fenster weit über oder auf die Hauswand links von euch usw. In der Hektik des Gefechts, braucht ihr dann einige Sekunden, um das Ziel wieder zu erfassen. Wenn ihr Pech habt, ist in der Zeit ein Gegner zu euch gelaufen und zaubert euch in Grund und Boden.
Gezaubert wird übrigens nur via Knopfdruck, was nicht immer krampffrei verläuft. Auf dem Steuerkreuz wählt ihr den Zauber aus, den ihr Zaubern wollt. Nach unten bedeutet zum Beispiel Stupor und nach links schaltet ihr auf Expelliarmus. Gezaubert wird auf B und nun stellt euch einmal vor, wie das Ganze abläuft: Wenn der Gegner einen Schutzschild benutzt (das könnt ihr auch - auf C) dann müsst ihr erst Expelliarmus anwenden, um den Schutz zu zerstören. Dann ist schnelle Reaktion gefragt, denn es muss direkt auf Stupor gewechselt werden, um dem Gegner Schaden zuzufügen. Es dauert dann nicht lang, bis er sich wieder mit einem Schild schützt, um euch näher zu kommen, also wieder Umschalten auf Expelliarmus usw. Das alles, bei dem ihr nebenbei auch ab und zu in Deckung gehen müsst, weil die Gegner ja auch zurückschießen und euer Schildzauber nicht so stark ist, wie derer. Mal abgesehen davon, dass Expelliarmus ja eigentlich ein Entwaffnungszauber ist und dem Gegner den Zauberstab aus der Hand reißt und nicht irgendwelche Schilde bricht, ist diese Art des Zauberns sehr mühsam und fördert Krämpfe in den Fingern.
Aber ich will nicht nur stänkern, sondern auch mal etwas Nettes berichten. Die Grafik ist nämlich, gerade für die Wii, ausgesprochen gut gelungen. Die Charaktere sind den Filmschauspielern wirklich sehr ähnlich und ihr könnt sie erkennen, ohne dass erst die Namen genannt werden müssen. Auch die Zaubereffekte können sich sehen lassen, wenn es auch nicht ganz so viele sind. Atmosphärisch kommt die Stimmung des Filmes gar nicht schlecht herüber. Schade finde ich, dass man viele Schauplätze nicht so genau erkunden kann, da die Wege doch stark vorgegeben sind. Wenn man auf dem Weg zur Kammer des Schreckens durch die Tunnelsysteme geht, kann man sich zum Beispiel gar nicht verlaufen, da theoretische alternative Wege immer versperrt sind. Erkundungsmöglichkeiten hätten dieses Spiel durchaus nochmal aufgewertet, denn welcher Fan würde nicht gern mal durch Hogwarts streifen?
Die Musik ist ebenfalls positiv hervorzuheben, da es sich dabei um den originalen Filmsoundtrack handelt, der die Stimmung wunderbar untermalt und sich auch ins Spiel gut eingefügt hat. Die Synchronisation ist ebenfalls gelungen, wenngleich die Charaktere nicht immer sinnvolles zu berichten haben und sich häufig wiederholen.
Bertie Botts BonusbohnenDie berühmten Bohnen von Bertie Bott, die es in jeder Geschmacksrichtung gibt, finden die Zauberschüler in Hogwarts super. Bei jeder Geschmacksrichtung, stoßen sie auch auf nicht so tolle Dinge oder gar ekelige Dinge. Nicht so toll sind auch die Boni, die diesem Spiel zugefügt wurden. Genaugenommen, bringen sie nicht viel her. Durch schwer zu übersehende Symbole, die ihr im Spiel einsammeln könnt, schaltet ihr den Herausforderungsmodus für einen Level frei, findet einen Song aus dem Soundtrack oder schaltet den dritten Schwierigkeitsgrad frei. Nun die Herausforderungen sind meistens nicht sonderlich spektakulär. So spielt ihr meist exakt die Spielesequenzen nach, nur schneller. Denn es geht darum, seinen Zeitrekord zu brechen, der auch noch online veröffentlicht wird. Wer also unbedingt das Spiel zweimal durchackern möchte, der kann sich mit seinen Spitzenzeiten gegenüber der anderen messen. Die einzelnen Soundtracktitel zu sammeln bringt aber leider wenig Spaß, da man sich wohl kaum ständig vor die Wii setzt und im Spiel die Musik hört. Hier bliebe also nur der Ehrgeiz alle zu sammeln, wenn auch eher sinnlos.
Und das war es dann auch schon. Mehr als diese drei Zusätze gibt es nicht. Sehr bedauerlich finde ich auch, dass es keine Möglichkeit gibt, dieses Spiel zu zweit zu spielen. Immerhin gibt es so viele verschiedene Charaktere und häufig arbeiten mehrere zusammen, dass dies durchaus umsetzbar gewesen wäre. Und wenn dieses Spiel schon so einen Ego-Shooter-Charakter hat, warum gibt es dann keinen Online-Finalschlachtmodus? Gerade hier, kombiniert mit einer besseren Steuerung, wäre einiges an Potential gewesen, um daraus ein befriedigendes Spiel zu produzieren!
FazitDie Spieleumsetzung der finalen Schlacht gegen Voldemort ist leider mehr Frust als Lust. Schon nach einer halben Stunde ging mir das "Geballer" auf die Nerven und habe es wieder ausgeschaltet. Ich musste mich regelrecht zwingen weiterzuspielen, weil ich so viel mehr erwartet habe, als mir geboten wurde. Als Fan ist das somit eine doppelte Enttäuschung, da die Geschichte auch nicht gescheit erzählt wird. Obwohl Spielszenen durch viele Gegner in die Länge gezogen wurden, ist das Spiel selbst mit knappen 6 Stunden unglaublich kurz. Es bietet wenig Abwechslung und auch die Boni sind nicht herausragend. Lediglich die Grafik und die gute Synchronisation werten das Spiel ein wenig auf. Wer Ego-Shooter mag, wird hier vielleicht sogar etwas mehr auf seine Kosten kommen.
Der zusätzliche Schwierigkeitsgrad mag nochmal ein Anreiz sein, es erneut durchzuspielen. Schöner wäre jedoch ein Onlinemodus gewesen oder wenigstens ein Zweispielermodus. Für Fans ist dieses Spiel jedenfalls eine harte Probe!