Cover: WarioWare Inc.: Minigame ManiaEin ausgelutschtes, lahmes Prinzip?
In der Welt der Mario-Spiele gab und gibt es wohl kaum einen Charakter, der so wandlungsfähig ist, wie der (zumindest ursprünglich) als Bösewicht eingeführte Wario: Angefangen mit Super Mario Land 3: Wario Land auf dem Game Boy, wo er noch eher einen Helm denn eine Mütze trug, wandelte er sich zu seinem wohl bekanntesten Bild in lila Latzhose und schließlich folgte ein Wandel zum Straßen-Rowdie auf seinem getunten Motorrad - Wario kam nun plötzlich mit Jeansjacke, Biker-Helm und vor allem einer Mordsgeschwindigkeit daher.

Aber nicht nur optisch, sondern auch in Sachen Spielegenre erwies sich der Dicke ganz plötzlich als variabel: Nachdem Nintendo scheinbar erkannte, dass Mario der bessere Jump'n Run-Protagonist war, ging Wario neue Wege - was entstand, war eine Serie, deren Titel aus Minispielen - oder besser gesagt Mikrospielen - bestand: Die WarioWare-Serie. Dabei fing auf dem Game Boy Advance alles mit WarioWare Inc.: Minigame Mania an...

Oh Gott! Kaum zu glauben, dass sich hinter einem wahren Markenzeichen Nintendos plötzlich eine Minispielsammlung verstecken soll. Dann wirbt auch noch die Rückseite mit "über 200 Minispielen" - wer sich schon ein paar Tage länger auf dem Videospielemarkt umgesehen hat, wird hier wohl eher argwöhnisch, da es sich bei solcherlei Werbestrategien meist um billig daherprogrammierte Spiele handelt...
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Aber gut, der Reihe nach. Nach dem ersten Starten werde ich zuerst einmal mit der Story konfrontiert, wenngleich sich diese für den eigentlichen Spielverlauf nicht als allzu tiefgründig oder bedeutend herausstellt: Wario sitzt vor der Glotze und erfährt durch diese in den Nachrichten von den explodierenden Verkaufszahlen eines Videospiels. Getrieben von dem Willen, selbst durch die Entwicklung eines Spiels reich zu werden, legt er sich sämtliche erforderliche Gerätschaften an. Da ihm das Programmieren selbst jedoch zu anstrengend ist, ruft er kurzerhand eine Handvoll Freunde an, die ihm dabei behilflich sein sollen...
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Die wahre Idee hinter WarioWare
Dann geht es auch schon los: Im Intro gilt es bereits, einige Minispiele zu absolvieren. Dafür habe ich vier Versuche - wie sich herausstellen wird, muss ich mit diesen insgesamt zehn Minispiele erfolgreich bestreiten, um das Intro geschafft zu haben. An dieser Stelle zeigt sich schließlich auch die wahre Absicht des Spiels: Die Minispiele gehen niemals mehrere Minuten lang, sondern dauern meist nur wenige Sekunden und sind sehr simpel gestrickt. So wird am Anfang von mir etwa verlangt, mit Wario innerhalb kürzester Zeit einige Gumbas zu zertreten oder ihn in eine Lücke im Erdboden zu steuern. Das zehnte Minispiel ist dann schließlich ein Bossspiel - etwas umfangreicher und anspruchsvoller als der Rest.
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Elementar wichtig ist dabei vor allem die Tatsache, dass all das Schlag auf Schlag stattfindet. Statt dass der Spieler nach jedem Minispiel etwa in ein Menü geleitet wird oder Ähnliches, folgt nach kurzer Einblendung des aktuellen Status' sofort das nächste Minispiel. Was in diesem zu tun ist, wird meist in nur einem Wort eingeblendet, das genauso plötzlich jedoch wieder vom Bildschirm verschwindet, was den Spieler auf zack hält - schließlich bleiben ihm nur einige Sekunden, um das Spiel zu verstehen und es letztlich auch zu meistern. Der Reiz besteht also nicht etwa aus einem komplexen Spielprinzip, sondern einer Vielzahl von Minispielen, die beinahe schon mosaikartig zusammengewürfelt werden und erst dadurch ihre volle Funktion erfüllen.
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Aber das Intro ist erst der Anfang...
Ist das Intro mit seinen zehn Minispielen gemeistert, ist das Ganze jedoch noch lange nicht zu Ende - schließlich haben auch Warios Kumpanen fleißig Spiele entwickelt, die es zu bestehen gilt. Was folgt, sind immer wieder einige Minispiele - mal 15, mal 20 oder auch 25 - die der Spieler mit vier Versuchen durchspielen muss. Dabei sind vor allem Übung und ein gutes Reaktionsvermögen erforderlich, wenn es immer wieder darum geht, ein völlig neues Minispiel sofort zu verstehen. Des Weiteren gilt auch noch die Geschwindigkeit des Spiels zu bedenken, die mit weiterem Voranschreiten auf einer der Minispiel-Touren mehr und mehr zunimmt.
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Langzeitmotivation und Zusatzinhalte
Irgendwann ist das Ganze Spektakel jedoch vorbei und die über 200 Minispiele wurden dann alle schon wenigstens einmal bespielt - aber das ist bei WarioWare noch lange kein Grund zur Trauer, denn die Langzeitmotivation ist sicherlich eines der größten Stärken des Titels.
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Dies liegt daran, dass die einzelnen "Touren" nach dem ersten Durchspielen nicht nur nochmals bewältigt werden können, sondern bei diesem erneuten Durchgang einige Variationen bereit halten. So verfügen etwa alle Minispiele über drei Schwierigkeitsstufen - und an der Stelle, an der der Spieler beim ersten Durchgang die Tour geschafft hat, folgen weitere Minispiele auf der zweiten Schwierigkeitsstufe. Nachdem dann irgendwann die dritte und letzte Stufe gefolgt ist - vorausgesetzt, der Spieler kommt so weit - nimmt die Geschwindigkeit der Spiele permanent zu, was das Ganze zum Schluss beinahe unmöglich macht. Aber gerade diese enorme Geschwindigkeitszunahme ist es auch hier, die das Spiel so extrem fesselnd gestaltet und den Spieler voll in den Bann zieht. Des Weiteren kann der Spieler auch in den Minispielen als Einzeldisziplin antreten und für jedes dieser Spiele einen Highscore aufstellen. Normalspieler werden den Titel lieben, Highscore-Fans werden ihn verehren.
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Darüber hinaus hält das Spiel auch noch eine Hand voll Zusatzinhalte, die freigespielt werden können, parat. So finden sich im zunehmend erweiterten Menü einige größere Minispiele, die oftmals an einzelne Mikrospiele angelehnt sind, wieder. Diese laden ebenfalls zur Highscorejagd ein und beschäftigen dabei auch gerne einmal über eine längere Dauer. Tipp: Das Spiel enthält auch "Dr. Wario", das identisch mit dem bekannten Titel "Dr. Mario" ist - wer beim Kauf von "Dr. Mario" sparen will, kauft sich also wohl eher WarioWare Inc.: Minigame Mania, und hat abseits von "Dr. Wario" noch eine ganze Menge mehr Spaß.
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Ein absolutes Novum stellt außerdem der Multiplayer-Modus dar. Bei diesem handelt es sich im Grunde genommen lediglich um vier Minispiele - die Besonderheit liegt jedoch auch eher darin, dass sich diese Spiele an nur einem Handheld spielen lassen, indem jeder Spieler eine Hand anlegt und mit dieser die Schultertaste betätigt, denn außer dieser ist kein weiterer Knopf für die Multiplayer-Spiele nötig. Dass es sich hierbei jedoch eher um eine kleine Dreingabe als um einen ernstzunehmenden Multiplayer handelt, versteht sich von selbst.
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... aber einen kleinen Beigeschmack gibt es doch
Bis an diese Stelle klingt alles super - und im Grunde genommen ist es das ja auch. Der kleine Beigeschmack, der bei WarioWare jedoch bleibt, tritt mit zunehmender Spieldauer ein und bezieht sich auf die Gestaltung der Minispiele. "Über 200 Minispiele" klingt zwar absolut super, doch diese ähneln sich zum Teil doch sehr gravierend: Ich habe es nicht gezählt, aber es gibt doch einige Minispiele, die einfach nur auf dem Prinzip basieren, dass der Spieler etwa den A-Button wiederholt drückt oder selbigen zu einem bestimmten Zeitpunkt betätigt. So wird man das Gefühl oft nicht los, dasselbe Minispiel schlicht in einem anderen Design zu spielen.
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FAZIT
WarioWare Inc.: Minigame Mania ist ein hervorragender Start einer großartigen Serie. Das Konzept der Mikrospiele in schneller Abfolge geht voll auf und weiß lange zu fesseln - Highscorejäger vermutlich ewig. Die Sache mit den "Ein Prinzip zu vielen Minispielen" ist zwar auffällig, stört aber im Gesamtbild, das das Spiel erzeugt, nicht weiter.
«Blicker» Singleplayer: 85%
Multiplayer: 59%


Verfasst von «Blicker» am 03.04.2014
für bis zu 2 Person/en
Release am 23.05.2003