FIFA ist nunmehr seit mehr als einem Jahrzehnt wohl DIE Fußball-Referenz überhaupt - Lizenzen und gutem Gameplay sei Dank. Doch über die Jahre hinweg wurde die Kritik an der Serie immer lauter. Vorgeworfen wurde, dass Neuerungen im Grunde genommen komplett ausbleiben und Jahr für Jahr lediglich ein Namens-Update der Spieler erscheint, das aufs Neue für den Vollpreis verkauft wird. Der neue Ableger in diesem Jahr heißt FIFA 12 - und wie der abschneidet, erfahrt ihr im Test.
Die FIFA-Stadt Kaum startet ihr das Spiel zum ersten Mal, erfahrt ihr auch sofort etwas über die Spielmodi und deren Auswirkungen auf euren Speicherstand. Zuallererst müsst ihr eine fiktive Mannschaft erstellen, die ihr in eine ebenso fiktiven Stadt setzt - im Prinzip also eure FIFA-Stadt. Nun geht es darum, eure Stadt populär zu machen und deren Einwohnerzahl zu erhöhen, um am Städteturnier teilzunehmen. Was zunächst eher nach
SimCity klingt, ist eigentlich ganz simpel und auf Fussball-Logik reduziert worden: für verschiedene Errungenschaften (z.B. der erste Sieg im Spielmodus X, die erste Meisterschaft im Spielmodus Y, etc.) erhält der Spieler einen bestimmen Populationszuwachs.
Die Spielmodi... Wie bereits erklärt, stellt einer der Spielmodi das so genannte "Städteturnier" dar - ein Modus, in dem der Spieler - unterstützt von prominenten Fußballern - gegen andere Städte zuerst auf der Straße, und dann im Stadion antritt. Am Ende, wenn alle gegnerischen Mannschaften besiegt wurden, winkt schließlich der Städtepokal - und je nach Population eurer FIFA-Stadt schaltet ihr Powerups oder neue Spieler für euer Team frei. Was zunächst ganz interessant klingt, ist jedoch im Grunde genommen nichts weiter als eine Hand voll Spiele, die ihr nacheinander gewinnen müsst - ohne viel hintergründige Taktik für den Städtezzuwachs oder großes Ligen- oder Turniersystem; einfach nur die Spiele gewinnen.
Ein weiterer Spielmodus stellt der Managermodus dar. In diesem werdet ihr zum Trainer einer real existierenden Fußballmannschaft und anschließend geht es natürlich darum, mit diesem Team die Meisterschaft bzw. den Pokal zu gewinnen. Dazu können auch Transfers vollzogen, sowie das Stadionumfeld ausgebaut werden. Dieser Modus krankt allerdings leider an einer sehr groben Umsetzung - doch dazu später mehr.
Beim dritten großen Modus, "Von der Straße ins Stadion", müsst ihr einen Spieler erstellen, mit dem ihr anschließend als Straßenfußballer beginnt. Ziel ist es, über fünf Saisons hinweg den Weg zu einem großen Verein zu finden und dort erfolgreich zu sein. Im Grunde genommen ist das jedoch nichts weiter, als das reguläre FIFA-Konsolen-Gameplay, bei dem ihr aus einer anderen Kameraperspektive eben nur einen Spieler steuert.
Dass abgesehen von diesen Spielmodi auch die Möglichkeit besteht, schnelle Spiele - sowohl auf der Straße, als auch im Stadion - sowie Turniere zu absolvieren, versteht sich von selbst; egal, ob allein oder mit bis zu vier Personen.
... und warum sie nur wenig taugenKommen wir zu den Problemen in den Spielmodi. Beim Managermodus liegt dieses wie bereits angedeutet darin, dass die Umsetzung nur sehr grob ausgefallen ist - selbst in früheren FIFA-Spielen war dieser bereits detaillierter. So spielt ihr zwar eine komplette Saison mit eurem Verein, was sowohl die Liga als auch den nationalen Pokal einschließt, doch internationale Pokale werden nicht ausgespielt.
Darüber hinaus existieren zwar Finanzen bei den einzelnen Vereinen, doch auch diese sind wenig detailliert aufgeführt - so müsst ihr zwar Geld für neue Spieler bezahlen, doch diese selbst kriegen ganz offensichtlich kein Gehalt. Finanzplanung bleib also ebenfalls aus. All diese Kleinigkeiten können im Endeffekt auch kein Training oder den Ausbau des Stadionumfeldes entschuldigen, denn im Grunde genommen kann sich jeder kaufen, wen er will, und dann die Saison durchziehen.
Beim "Von der Straße ins Stadion"-Modus" liegt das Problem darin, dass dieser zwar den Werdegang und die Karriere eines Profifußballers simulieren will, daran aber letztendlich scheitert. Sollte der Spieler nämlich den Weg in eine höhere Liga geschafft haben - was meist recht schnell geschieht - so wird diese beispielsweise nur bedingt realistisch simuliert: Von Anfang an seid ihr nämlich Stammspieler, rote Karten oder schlechte Spiele wirken sich nicht darauf aus, ob der Trainer euch in Zukunft aufstellt, und irgendwann könnt ihr das gesamte Team ohnehin selbst aufstellen, wie ihr wollt. Zudem wird hier nicht einmal eine Saison simuliert, sondern es kommen scheinbar zufällig zusammengewürfelte Spiele nacheinander - ohne Tabelle oder sonst etwas. Dass es hierbei ebenfalls keine internationalen Wettbewerbe gibt, ist klar...
Und wo wir bereits beim Stichwort "International" sind: Nationalmannschaften gibt es im Spiel zwar, doch zugehörige Turniere fehlen leider. Aber die würden die zu den Weltmeisterschaften jeweils separat erscheinenden FIFAs ja auch nur überflüssig machen, denn sonst hätte man sich z.B. FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010 sparen können.
Langeweile auf dem Rasen, Chaos auf der Straße Nun gut, die beiden Spielmodi sind zwar etwas unausgereift, doch das spricht noch lange nicht gegen ein gutes Spiel. Vielmehr ist es doch so, dass die FIFA-Serie mit zwei Arten von Fußball - auf der einen Seite regulär auf dem Rasen mit elf Mann, auf der anderen Seite in der Halle oder auf der Straße mit fünf - mehr zu bieten hat, als es bei einigen früheren Ablegern der Fall war.
Im Endeffekt sieht die Sache jedoch nicht ganz so rosig aus. Der Spielmodus auf der Straße klingt zunächst zwar sehr reizvoll, leidet aber vor allem dann, wenn besonders schnelle Spieler aufgestellt sind, an viel zu viel Hektik. Straßenfußball steht für fußballtechnische Finessen und Tricks, die hier zwar auch ausgeübt werden können - doch die Steuerung erweist sich letztendlich als zu unpräzise, als dass die ganzen Spielereien locker von der Hand gehen. Das Ergebnis ist auf der Straße somit nichts weiter als ein hektisches Hin- und Hergebolze. Daran ändern auch die drei Steuerungsvarianten - nur per Wiimote, Wiimote + Nunchuk oder Classic-Controller - nichts.
Beim Spielmodus auf dem Rasen bewies EA wesentlich mehr Routine - was schließlich auch zu erwarten ist, ist die Serie doch bereits recht alt. Hier funktioniert auch wie immer alles einwandfrei: Pässe in den Raum, Spieler irgendwo hinschicken und eine ganze Menge anderer Funktionen, die es erst einmal zu überblicken gilt, ermöglichen schöne Spielzüge und ein realistisches Fußballerlebnis.
Aber warum dann die Überschrift "Langeweile auf dem Rasen"? Nun, ganz einfach - das Spiel gegen den Computer ist schlichtweg viel zu einfach. Zwar gibt es drei Schwierigkeitsgrade - Leicht, Mittel und Schwer - doch selbst auf dem höchsten fordert das Spiel kaum und es ist keine Seltenheit, dass der Spieler ganz einfach durch die Abwehrreihen spazieren und schießen kann. Hier wurde einfach viel zu niedrig angesetzt, denn wer von vornherein auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad spielt, darf nicht beinahe jedes Spiel mit fünf oder mehr Toren Vorsprung gewinnen. Gegen Kumpels allerdings macht FIFA natürlich jedoch Spaß wie eh und je.
EA parodiert sich selbst Der allergrößte Patzer ist jedoch die Präsentation. An sich sieht das Fußballspiel ganz passabel aus, doch im Detail zeigen sich die Schwächen in der Modellierung der Spieler. Zudem ist es keine gute Möglichkeit, den Ruf von "Die bringen jedes Jahr das gleiche Spiel raus, nur mit neuen Namen" loszuwerden, wenn mir die Jubelszenen zum Teil aus FIFA 06 für den GameCube bekannt vorkommen - ein klarer Fall von Selbstparodie...
Worauf ebenfalls Wert bei einem Fußballspiel zu legen ist, ist die Stadionatmosphäre. Auch hier besteht jedoch Einschlafgefahr, denn davon ist nur wenig zu spüren. Hey, EA, selbst bei FIFA 2002 für den PC - und das Spiel ist immerhin zehn Jahre älter als euer FIFA 12! - schwenken Fahnen auf den Zuschauerrängen! Und, übrigens - heutzutage kann auch ein lebendigeres Publikum auf den Bildschirm gebracht werden! Stattdessen gibt's jedoch nur billiges Pappfiguren-Publikum, das die ganze Zeit die Arme auf und ab bewegt. Ein gewohnt schlechter Reporter, der früh zu nerven beginnt, weil er sich dauernd nur noch wiederholt, verbessert das Fußball-Feeling ebenfalls nicht. Das einzig gute Haar, was ich an der Präsentation lassen könnte, sind eine Hand voll Fangesänge - aber da ist nichts mehr zu retten.
FazitDie Modi sind zu unausgereift, der Schwierigkeitsgrad zu niedrig und die Präsentation war schon vor einem Jahrzehnt besser. Trotzdem funktioniert das Gameplay zumindest auf dem Rasen wieder einwandfrei und macht durchaus Spaß. Wäre der Schwierigkeitsgrad zumindest höher, wäre also mit Sicherheit viel mehr Dauermotivation drin gewesen - so bleibt jedoch ein Spiel, was ich Fußball-Einsteigern und Multiplayern empfehlen kann, das aber sonst nur bedingt empfehlenswert bleibt, weil vorallem der Online-Multiplayer fehlt!
... und wisst ihr was? Auch nächstes Jahr wird EA kein astreines FIFA veröffentlichen. Wenn nicht die Fehler von FIFA 12 drin sind, kommen eben neue rein. Stellt euch nur vor, es würde das perfekte FIFA geben - das würde eine jährliche Fortsetzung der Serie noch überflüssiger machen, als sie ohnehin schon ist.