Es ist immer wieder verwunderlich, dass uns Europäern manche Perle der Videospielgeschichte so lang vorenthalten wird. Das 3DS-Remake von Dragon Quest 7: Fragmente der Vergangenheit erschien bereits im Februar 2013 in Japan. Erst jetzt kommt unser Kontinent in den Genuss der Neuauflage. Das Original erschien übrigens im Jahre 2000 für die PlayStation unter dem Titel Dragon Warrior 7.
Bei den Spielen der Dragon-Quest Hauptserie handelt es sich um lupenreine RPGs. Das bedeutet, sie erzählen ausschweifende Geschichten und bieten unzählige Spielstunden. Dabei legt Ihr Euch in rundenbasierten Kämpfen mit Scharen verrückter Gegner an, die kreativer nicht gestaltet sein könnten. Es heißt aufleveln, aufleveln und aufleveln.
Die beinahe unendliche GeschichteDragon Quest 7: Fragmente der Vergangenheit beginnt in dem beschaulichen Fischerdorf Butsbüttel. Als Sohn eines legendären Fischers beginnt Ihr eine Reise zusammen mit Euren Freunden Prinz Gismar und der Tochter des Bürgermeisters Maribel. Doch nach der großen weiten Welt sieht es zunächst nicht aus. Die kleine Insel Estard, auf der unsere Abenteurer leben, ist nämlich angeblich das einzige Stückchen Land der Welt. Ringsum erststreckt sich der endlose Ozean soweit das Auge reicht. Und viel zu sehen gibt es hier auch nicht. Nur das Fischerdörfchen und das Schloss Estard, von dem aus Gismars Vater, der König, über die Insel wacht. Einige der Bewohner glauben nicht, dass Estard wirklich die einzige Insel ist, die existiert. Auch der junge Prinz sucht unaufhörlich nach Beweisen für das Dasein weiterer Inseln. So begab es ich, dass er bei seiner Suche auf ein altes Buch stößt, das von einem Schrein der Ewigkeit im Süden der Insel berichtet. Prinz Gismar, der Fischerjunge und die Tochter des Bürgermeisters machen sich getrieben von Neugierde und angeödet vom allzu eintönigen Leben auf der Insel auf den Weg zu dem Schrein, immer auf der Suche nach Abenteuern. Es gelingt ihnen mit der Kraft ihrer kindlich reinen Herzen, das Tor zu öffnen und Zutritt in den Schrein zu erlangen. Der Beginn einer langen Reise, auf der es um nicht weniger als die größten Mysterien ihrer Welt geht.
Bringen sie die verlorenen Tafelfragmente, die auf der ganzen Welt verteilt sind, zum Schrein zurück, eröffnet sich unseren Helden der Weg in die Vergangenheit. Sie finden sich dann auf Inseln wieder, die in vergangenen Zeiten neben Estard im Meer lagen. Die Bewohner dieser verschollenen Zivilisationen berichten von Monstern, die eine Bedrohung darstellen, von kommenden Naturkatastrophen oder anderen Nöten. Gelingt es Gismar und seinen Kameraden, die Gefahren abzuwenden, steigen die Inseln auch in der Gegenwart neben der Insel Estard wieder aus dem Meer hervor und es scheint, als wären sie nie weg gewesen.
Dragon Quest 7: Fragmente der Vergangenheit erzählt auf diese Weise viele kleine Geschichten unzähliger Charaktere, deren Schicksale zu einer großen, umfassenden Chronik verwoben werden. Ihr dürft eine unterhaltsame Story mit überraschenden Wendungen erwarten.
Das klassische RPGGroße Geschichten zu erzählen, das ist typisch für RPG-Spiele. Doch auch in Sachen Gameplay könnte Dragon Quest 7: Fragmente der Vergangenheit klassischer nicht sein. Ihr bereist eine Oberweltkarte zu Fuß oder mithilfe diverser Transportmittel, etwa mit einem Schiff. Von dort betretet Ihr diverse Dungeons. Höhlen und Tempel, die üblichen Klassiker eben. In den verzweigten Gängen werden die Abenteurer von Heerscharen feindlich gesinnter Kreaturen empfangen. Es gilt, sich in rundenbasierten Kämpfen mithilfe von Waffen und Magien gegen die Scheusale durchzusetzen. Für gewonnen Kämpfe winken selbstredend Erfahrungspunkte, die gesammelt werden wollen, um den Charakter auf das nächste Level zu bringen, immer mit dem Bestreben, die Statuswerte und damit die Kampfkraft seiner Schützlinge zu steigern. So weit, so vorhersehbar.
Doch Dragon Quest hat auch einige Finessen im Petto! Ähnlich wie Final Fantasy 3 oder Bravely Default bietet Dragon Quest 7: Fragmente der Vergangenheit ein Berufe-System. Die gewählte Berufung ermöglicht es dem Charakter, bestimmte Zauber und Kampftechniken zu erlernen. Zu Beginn stehen 10 einfache Berufungen zur Auswahl. Darunter Krieger, Hirte, Matrose und Gaukler. Manche Berufung kann erst dann gewählt werden, wenn zuvor andere gemeistert wurden. Gladiator etwa, kann nur derjenige werden, der zuvor die Laufbahn als Krieger und die als Kampfkünstler abgeschlossen hat. Zu den 10 einfachen Berufungen und den anspruchsvollen Berufungen gesellen sich noch die sogenannten "Monster-Berufungen". Mithilfe von Monsterherzen können die Fähigkeiten von Gegnern genutzt werden. Mit Sicherheit werden viele Stunden ins Land gehen, bis Ihr die optimale Kombination von Berufungen für Eure Truppe gefunden habt.
Von der PlayStation auf den 3DSIn der Neuauflage von Dragon Quest steckt eine Menge Herzblut! Früher, auf der PlayStation, bot das Game ansehnliche 2D-Grafik aus einer isometrischen Vogelperspektive. Die 3DS-Version wirkt wie eine Frischzellenkur und kommt mit 3D-Optik und Tiefeneffekt daher. Auf der Oberweltkarte wechselt das Geschehen in eine dynamische Third-Person-Perspektive. Auch in 3D wirkt das Art-Design aus der Feder von Akira Toriyama, dem Zeichner von Dragon Ball Z, äußerst passend und individuell. Nicht umsonst gehen viele weitere Spiele und Anime-Serien auf sein Konto und machten seinen Stil weltbekannt.
Die zweite, wesentliche Änderung ist das Fehlen von Zufallskämpfen. Man wusste im Original nie, wann einem ein Gegner in den Rücken fällt. In der neuen Version sind alle Angreifer auf der Karte und in den Dungeons sichtbar. Wenn sie Euch entdecken, heften sie sich an Eure Fersen. Entkommt Ihr nicht, beginnt ein Kampf.
Um mit der Zeit zu gehen und die Hardware des 3DS zu nutzen, implementiert Square Enix außerdem die "Transit-Tafeln". Mit ihrer Hilfe erlangt man Zutritt zu speziellen Verließen, die von starken Monstern bewohnt werden. Der Clou: Diese Tafeln können über die StreetPass-Funktion oder über das Internet getauscht werden.
Nicht ganz zeitgemäß wirkt indes die Menüführung. Die verzweigten Untermenüs und die sehr umständliche Verwaltung des Inventars scheint ein Relikt aus PlayStation-Tagen zu sein. Hier hätte es dem Spiel sicherlich gut zu Gesicht gestanden, den Touchscreen des 3DS zu nutzen.
FazitDragon Quest 7: Fragmente der Vergangenheit genießt nicht umsonst einen guten Ruf. Im Hause Square Enix, das auch die Final Fantasy-Reihe kreiert hat, versteht man eben, wie gute RPGs gemacht werden. Das Remake steht dem Titel sehr gut, auch wenn die Menüführung wie von gestern wirkt.
Wer noch nie ein RPG gespielt hat, kann mit Dragon Quest 7: Fragmente der Vergangenheit seinen ersten Versuch wagen. Es dauert sehr lang, bis der Schwierigkeitsgrad anzieht. Wer genug Geduld mitbringt, um den langatmigen Prolog durchzusehen, den erwartet ein umfangreiches und anspruchsvolles Abenteuer und eine ausgeschmückt erzählte Story. Der Titel hat nichts von seinem Charme verloren!