Cover: CatanCatan für die Switch gelingt es sehr gut, die Brettspielerfahrung wiederzugeben. Das beginnt schon direkt bei der Optik, denn gespielt wird an einem Tisch, auf dem die Rohstoff- und Wasserhexagone präsentiert werden. Um das Spielfeld herum sitzt an je einer Seite des Tisches je eine Spielerfarbe. Drei Parteien müssen es mindestens sein, vier sind maximal möglich. Sollten nicht ausreichend menschliche Spieler/innen mitmachen, schickt der Computer KI-Gegner ins Rennen, die auf drei Schwierigkeitsgraden agieren können.

Allerdings offenbart sich hier bereits ein großer Nachteil Catans für Switch: Es kann nur online im Multiplayer gespielt werden. Es leuchtet natürlich ein, dass es für die Spieleerfahrung nachteilig ist, wenn man sich gegenseitig in die Rohstoff-, Handelswaren- und Aktionskarten gucken kann, weil ja alle immer auf denselben Bildschirm gucken. Aber es wäre schön gewesen, wenn Catan doch wenigstens mit mehreren Switches über die lokale Verbindung spielbar, beziehungsweise eine Hotseatoption vorhanden wäre. Aber na gut, wenigstens kann man lokal den Umweg gehen, dass alle Personen vor Ort mit ihren Switches online gehen und man trifft sich nun in derselben Lobby. Denn das Spielen mit Freunden ist kein Problem, ebenso wie auch mit völlig Fremden, mit denen man dann per Zufall in dieselbe Lobby verfrachtet wird. Trotzdem wäre es cool gewesen, wenn Kinder während der langen Autofahrt per Hin- und Herreichen der Switch, eine authentische Catan-Erfahrung hätten haben können, gern sogar mit hinzuschaltbaren KIs!?

Abgesehen von der Seefahrer-Erweiterung, ist keine andere Regelvariante Catans direkt im Switch-Ableger enthalten - die Erweiterung Städte & Ritter ist aber immerhin für zusätzliche 5,99€ im eShop zu bekommen. Da über die Jahre für das Brettspiel jedoch bereits mehrere Erweiterungen, Ergänzungen und Szenarien veröffentlicht wurden, um beispielsweise nur mal Atlantis, Händler & Barbaren, Entdecker & Piraten oder Der Schokoladenmarkt zu nennen, ist es besonders schade, dass abgesehen von Seefahrer und dem zusätzlich erhältlichen Städte & Ritter, es nicht wenigstens einige Sonderfelder, wie etwa Vulkane oder Dschungel, oder die 5-und-6-Spieler-Erweiterungen in die Switch-Version geschafft haben.
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Das Spielgefühl selbst kommt dem Brettspieloriginal sehr nahe, im Besonderen beim Look and Feel. Ferner können auch keine anderen Parameter geändert werden, wie etwa, ob alle bis zu je 5 Städte oder vielleicht sogar 20 bauen dürfen können. Catan für die Switch hält sich also eins zu eins an das Original-Regelwerk. Das geht sogar so weit, dass man etwa Fortschrittskarten der Sorte "Nimm allen Spielern, die mehr Siegpunkte haben als du selbst, etwas weg", nicht ausspielen kann, wenn es niemanden mit mehr Siegpunkten als man selbst hat, gibt. Das sind im Original ja immer die Momente, in denen man diskutiert, wenn jemand eine Karte ausspielte und dann feststellen muss, dass das gerade rein gar nichts brachte...
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Das Tauschen von Rohstoffen und Handelswaren geht über ein übersichtliches Menü sehr gut von der Hand, egal ob mit Gegnern oder der Bank; natürlich wird beim Tausch mit der Bank berücksichtigt, ob man an entsprechen 3:1- oder 2:1-Häfen einen Standort besitzt, oder der Händler auf einem eigenen Feld gastiert. Die KI tauscht übrigens ebenfalls rege mit, trifft aber häufig seltsame Entscheidungen. Beispielsweise fragt sie nach oder bietet eigene Handelswaren (betrifft natürlich nur Städte & Ritter). Oder wenn sie etwa ein Holz geben will und Schaf möchte, man dann als Gegenvorschlag ein Holz und ein Lehm möchte, damit man ein Schaf abgibt, geht sie ab und zu auf den Handel ein, nur um dann direkt einen weiteren Tauschhandel einzuleiten, bei dem sie dann ein Lehm haben will. Ob sie das tut, weil Menschen solche Dinge manchmal auch tun, wenn sie gerade nicht richtig aufgepasst haben, vermag ich nicht zu beurteilen, doch andererseits geht die KI niemals auf einen Handel ein, wenn man als Spieler/in etwas anbietet, das die KI in diesem Augenblick gerade nicht benötigt - selbst, wenn man alle seine Rohstoffe und Handelswaren auf einmal anbietet! -; denn auch das ist ja etwas, das Menschen manchmal tun.
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Dennoch ist die Spielererfahrung gegen die KIs insgesamt recht authentisch, wenn man von Gesprächen, die nebenher stattfänden, absieht. Diese Gespräche hat man darüber hinaus auch beim Spielen via Internet nicht. Es gibt keinen Sprachchat und auch keine vorgefertigten Sätze, aus denen man für rudimentäre Dialoge wählen könnte. Für diesen Zweck sind mehrere Emoticons vorhanden, die beispielsweise "Ich bin ärgerlich", "Etwas Beeilung, bitte!", oder "Da kann man wohl nichts machen!" ausdrücken. Schade ist indes, wenn man mit Leuten spielt, die in jedem ihrer Spielzüge den Timer ausreizen, ganze 60 Sekunden, ohne viel zu tun, teilweise sogar wirklich absolut gar nichts. Da kann man nur sitzen und warten, oder man verlässt die Partie, welche dann aber automatisch als verloren gewertet wird. Für das lange Zögern, eventuelles Emoticonspamming oder Verlassen der Session kann das Spiel natürlich nichts, aber wichtig zu erwähnen ist mir allemal, dass die Qualität des Mehrspieler-Spielerlebnisses von Catan auf der Switch mit Fremden wegen solcher Dinge doch sehr schwanken kann.
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Ein wenig zwiegespalten bin ich mit der Erklärung der Regeln. Es gibt zwar Tutorial-Szenarien, bei denen man Straßen, Siedlungen, Städte und dergleichen errichten muss, und auch der Zusammenhang von Rohstoffen, Rohstofffeldern und dergleichen wird erläutert, doch wirklich was hängen bleibt da eigentlich nicht so recht. Weil es immer Schritt für Schritt vorangeht. Man baut eine Straße, gemäß der genauen Tutorialvorgaben, und schon ist das nächste dran. Gerade bei Städte & Ritter wird das Regelwerk an vielen Stellen umgekrempelt und komplexer, vor allem in Verbindung mit den Städteausbaustufen und den Fortschrittskarten, sodass man immer wieder im enthaltenen Almanach nachlesen muss, wie jetzt nochmal dieses oder jenes war. Für Catan-Kenner/innen natürlich gar kein Problem, die wissen eh bescheid und finden sich direkt zurecht. Aber Neulinge? Oder jene, die Catan länger nicht mehr gespielt haben? Ein wenig kontextorientierter Text zum direkten Nachlesen wäre wünschenswert: Man ist in Situation XY und drückt einfach den Hilfe-Button, der im Almanach sogleich den passenden Passus darstellt. So aber muss man im Almanach erstmal im Text herumscrollen, und sich bei unbekannten oder zunächst unklaren Begriffen etwaiges Kontextmaterial zusätzlich zusammensuchen.
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TECHNIK
Die Grafik ist sehr hübsch und passend zum Catan-Feeling. Keine Darstellungs- oder Clippingfehler - alles wunderbar. Nur die Musik ist so 'ne Sache. Man hört bei jeder Session immer wieder dieses eine Stück, das grob 2-3 Minuten andauert und danach wieder von vorn beginnt. Es handelt sich zwar um eine sehr angenehm ruhige Komposition, die der Konzentration förderlich ist, doch auf Dauer hätte es etwas mehr Abwechslung sein dürfen.
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Die Bedienung aller Elemente im Spiel ist gelungen, zuerst aber ein wenig einarbeitungswürdig. Das Menü zum Bauen, Ausbauen, Aktivieren von Rittern und dergleichen wird durch Halten der ZL-Taste aufgerufen. Jetzt sieht man einen Ring mit mehreren Punkten, wie Straße bauen, Siedlung bauen etc, die man per linkem Stick anwählt und mit der A-Taste bestätigt. Hier genügt aber kein kurzer Tapser auf A, sondern der Button muss für einen kurzen Augenblick gedrückt gehalten werden. Um zu vermeiden, dass man vorschnell irgendwas wegdrückt oder eine ungewollte Aktion bestätigt. Wie etwa auch das Besiegeln eines Tauschgeschäftes oder das Ausspielen einer Entwicklungs- oder Fortschrittskarte.
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Etwas hakelig ist jedoch manchmal das Navigieren über die Hotspots auf dem Spielfeld. Möchte man etwa den Räuber abstellen, muss man ja auch angeben, wo er hinsoll. Das klappt per se gut, aber man sollte sich doch immer wieder mit einem zweiten Blick vergewissern, ob man auch wirklich die gewünschte Position markierte, denn die Auswahl mit dem linken Analogstick ist nicht immer präzise und anstatt wie gewollt ein Feld runter zu gehen, kann die Markierung auch ein Feld weiter nach rechts oder links rüberwandern - obwohl man nach unten drückt. Später arrangiert man sich mehr und mehr damit, am Anfang aber ärgert man sich doch darüber. Ähnliches gilt für das Navigieren durch die Ansicht des Tauschhandels mit anderen oder der Bank. Der Kartenmarker reagiert nicht sofort, sondern erst einen Moment nachdem das Tauschmenü aufgerufen wurde. Auch kann es sein, dass man den Marker nach rechts bewegt, aber die Eingabe nicht jedes Mal zuverlässig erkannt wird, weshalb man ein zweites Mal nach rechts drücken muss. Umso verwirrender wird das, wenn man den Tausch per Steuerkreuz bedient - das reagiert mal ganz und gar nicht, und mal reagiert es schlichtweg perfekt.
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Über den Tisch, beziehungsweise über das Spielfeld und alle Spielsteine und so weiter, wird mit dem rechten Analogstick gescrollt. Das funktioniert butterweich und ohne Schwierigkeiten. Leider lässt sich die Ansicht zu keiner Zeit zoomen, weder herein, noch heraus, sodass man regelmäßig mal hierhin und mal dorthin scrollen muss. Anmerken möchte ich an dieser Stelle auch noch, dass keinerlei Touchscreen-Funktionen enthalten sind. Catan für die Switch lässt sich ausschließlich nur per Pro Controller oder zweier Joy-Cons im Verbund bedienen, egal ob am Fernseher oder im Handheldmodus.
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Ein wenig mehr Varianz habe ich mir bei den möglichen Hexagon-Verteilungen des Spielfelds gewünscht. Es handelt sich stets um dieselben wenigen Standards bei den Szenarien, die man in der Anleitung des Brettspieloriginals findet. Nichts wird je an der Größe oder der Form geändert, auch die Verteilung der Rohstofffelder sind meist immer wieder dieselben - und die Anordnung der Zahlenchips ebenfalls.
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Wenigstens ist möglich, das Setting des Spieltisches, der Spielfiguren und der Rohstofffelder zu verändern. Dafür aber muss man eine ganze Weile spielen. Für ein verlorenes Spiel erhält man 25 Punkte auf sein Konto, für ein gewonnenes sind es 50. Hat man genug Punkte beisammen, steigt man um einen Level. Und alle paar Levelaufstiege hat man mehr und mehr Zugriff auf die verschiedenen Settings. Dennoch vermisse ich bei den Spielfiguren den Plastiklook, der die Holzoptik in 2002/3 ablöste, ebenso wie den ursprünglichen Look der Rohstofffelder bis 2002/3. Warum hier nicht ein klein wenig mehr Aufwand betrieben wurde, erschließt sich mir nicht, denn andererseits gibt es mehrere Varianten, die ich teilweise noch nirgendwo sah, die aber dennoch im Spiel einstellbar sind. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, nur wieso sind nicht auch alle Varianten der Original-Brettspielfassungen ebenfalls dabei?
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FAZIT
Catan für die Switch ist durchaus gelungen, macht Spaß und lässt sich sogar online spielen. Dazu ist es absolut regelkonform und bietet alles, was Basis-Spiel sowie Seefahrer- und Städte-&-Ritter-Erweiterungen des Originals ebenfalls bieten. Die Spielbarkeit ist sehr gut, genauso wie das Look and Feel. Doch obwohl der Preis von 19,99€ durchaus in Ordnung geht, ist es andererseits schade, dass man sich Städte & Ritter für weitere 5,99€ dazukaufen muss, ohne dass aber zumindest irgendwelche weiteren Spielvarianten- und -szenarien enthalten wären (Vulkane, Dschungel, etc.), die über die Standardfassungen wenigstens ein bisschen hinausgingen.
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Aufgrund der fehlenden Möglichkeit für lokale Mehrspieler-Sessions lohnt sich Catan für Switch daher am ehesten für Momente, in denen gerade niemand anderes Lust hat, eine Partie am Tisch mitzuspielen. Denn dann ist man froh, allein gegen die KI oder über Internet trotzdem eine gepflegte Runde einlegen zu können. So würde ich Catan für die Switch am ehesten als eine Ergänzung zur Brettspielerfahrung einordnen.
Jörg Singleplayer: 80%
Multiplayer: 82%


Verfasst von Jörg am 30.06.2019,
bemustert durch Marchsreiter Communications
für bis zu 4 Person/en
Release am 20.06.2019