Erfährt man als Spieletester früher oder später den nächsten Titel, um den man sich kümmern muss, schießen meist sofort irgendwelche Gedanken durch den Kopf - so ganz unvoreingenommen zu sein ist schließlich unmöglich. Und dann gibt es eine Reihe von Spielen, die sich an irgendwelche Filme, Serien, Comics oder Ähnliches anlehnen - so genannte Lizenzspiele, die leider viel zu oft für mindere Qualität bekannt sind und Sorgenfalten auf die Stirn zeichnen. Ob diese im Falle von "Captain America" berechtigt waren, lest ihr im Test...
Story vom Fließband Es herrscht Krieg in Europa, und die Amerikaner um ihren Supersoldaten Captain America mischen natürlich mit. Von einem Schloss aus setzen die Gegner der Amerikaner - Deutsche, natürlich - hochmoderne Waffen ein, deren Ursprünge auf Arnim Zola, einen genialen Wissenschaftler, zurückgehen. Der arbeitet für die Geheimorganisation "Hydra", die bösartige Experimente mit amerikanischen Gefangenen unternimmt - und na ja, so ganz nebenbei machen die dann eben auch noch Krieg. Deswegen geht Captain America in besagtes Schloss und möchte dort gerne alle Leute verkloppen und Geschütztürme ausschalten, sodass die Amerikaner mit ihren Fliegern kommen, alles plattbomben und einmarschieren können. Interessant ist das alles aber eigentlich nicht und Wendungen und Spannungen bleiben aus.
Captain America Ihr schlüpft natürlich im Folgenden in die Rolle des Captain America, dem amerikanischen Supersoldaten, der aber keine Leute abknallt, sondern nur seinen Schild zur Verteidigung benutzt und im Angriff eben alle Gegner verprügelt. Nach diesem einen Satz fällt mir auch eigentlich überhaupt nichts mehr ein, was ich noch groß dazu sagen soll, denn an sich war es das auch schon - die Prügeleien beherrschen im Grunde genommen das ganze Spiel.
Dabei laufen sämtliche Kämpfe eigentlich immer gleich ab: Eine geringe Anzahl an verschiedenen Gegnertypen kommt zu euch, ihr drückt einfach die ganze Zeit den B-Knopf (zum Angriff) und wenn ihr das oft genug gemacht habt, sind alle Gegner platt und ihr könnt weiter. Nur selten wird das Ganze etwas komplexer, denn wenn ihr beispielsweise einen eurer Gegner verprügelt, während sich ein anderer von hinten nähert, solltet ihr den Angriff des hinteren Gegners kontern, was mit einem Druck auf Z passiert - doch selbst hier geht eigentlich jeder Anspruch sofort verloren, da der Z-Button dann über dem entsprechenden Gegner aufleuchtet.
Bei schießenden Gegnern habt ihr außerdem die Möglichkeit (müsst ihr aber nicht wirklich machen, normalerweise reicht stumpfes Draufkloppen), den Schild zu benutzen, um die Schüsse zurückzuwerfen und die Widersacher damit auszuschalten. Alles in allem sind die Kämpfe absolut stumpf und langweilig gemacht - wiederholtes Drücken des B-Knopfes reicht in den allermeisten Fällen, zumal Captain America automatisch zu seinen Gegnern springt und sie angreift, sobald ihr nur drückt. Zielen ist nicht notwendig, Taktik ist nicht notwendig, nichts... und das bei einem Spiel, in dem die Kämpfe den größten Teil ausmachen!
Da war wohl der Praktikant dran Ein Spiel zu testen kann manchmal wirklich weh tun - beispielsweise dann, wenn man ein schlechtes Spiel spielt und beobachten muss, wie eine Chance nach der anderen ausgelassen wurde. So hätte sich beispielsweise oft angeboten, eine fordernde Sprungpassage einzubauen, die es zu bewältigen gilt - aber sämtliche solcher Passagen wurden in der Anspruchslosigkeit ertränkt. Man soll es kaum glauben, doch es reicht tatsächlich, wenn der Spieler Captain America zu einer Plattform hin dreht, denn dann leuchtet auf dieser der A-Button auf - betätigt man diesen, springt Captain America automatisch dorthin. Dabei sind auch Verfehlungen ausgeschlossen.
Auch Rätsel bleiben über die gesamte Spielzeit von - in meinem Fall - sechs Stunden Mangelware. Geht es beispielsweise darum, eine verriegelte Tür zu öffnen, muss des Öfteren ein Stromkasten zerstört werden. Dumm nur, wenn der meistens einfach direkt daneben hängt... ach, und übrigens: Die eben erwähnte kurze Spieldauer von etwa sechs Stunden möchte ich nicht bemängeln. Es war eine Erlösung...
KI und andere Dummheiten Als wären die Kämpfe nicht schon stupide genug, gesellt sich noch eine furchtbare KI der Gegner hinzu. Betritt Captain America etwa einen Raum, in dem sich einige Gegner befinden, bleiben diese meist seelenruhig so lange stehen, bis der Spieler auf sie in aller Gemütlichkeit zugeht und verkloppt. Auch fünf Gegner gleichzeitig sind absolut kein Problem - einer wird verkloppt, einer will gaaaanz langsam angreifen und die drei anderen stehen daneben und schauen dem ganzen Spektakel zu, bis sie selbst an der Reihe sind. Furchtbar!
Was ebenfalls für Kopfschütteln sorgt, sind die durchweg dümmlichen Sprüche. So etwas wie "Tötet den Supersoldaten, muahaha!" von Seiten des gegnerischen Anführers sind keine Seltenheit und werden auch mit zunehmender Spieldauer nicht intelligenter. Ist der Spieler schnell genug, kann er jedoch die Lautsprecher im Schloss, über die der Endboss seine Befehle erteilt, zerstören, bevor dieser ausreden konnte. Das kann sich durchaus als wahrer Segen herausstellen.
Technisches Grafisch wirkt das Spiel im Großen und Ganzen relativ solide - dennoch haben sich einige verwaschene Texturen gut sichtbar in das Gesamtbild eingefügt. Was das Akustische angeht, bleibt das Meiste reiner Einheitsbrei - wenn man von dem eben erwähnten dummen Geschwätz der Gegner (und eigentlich auch von Captain America selbst) absieht.
Die Kamera macht leider des Öfteren ihre Zickereien, sodass die Anpassung durch den Spieler immer wieder herhalten muss. Diese funktioniert dann zwar auch problemlos, sollte jedoch eigentlich überhaupt gar nicht erst nötig sein - in einem guten Spiel, meine ich.
FazitWären Videospiele aus Holz, hätte "Captain America" wenigstens noch einen bestimmten Brennwert. Da das Spiel aber abwechslungsarm, stumpf, todlangweilig bis zum Schluss und darüber hinaus aus Kunststoff ist, bleibt der Wert gleich null.
Finger weg, es ist furchtbar!