Cover: Alchemic DungeonsIn den 1980 Jahren wurde an einer Universität in Kalifornien das unscheinbare und grafisch komplett auf ASCII-Zeichen basierende Spiel "Rogue" programmiert. Das war nicht weniger als der Grundstein für ein komplettes Genre, das seit jeher zwar eine Nische besetzt aber dennoch zu jeder Zeit Anhänger fand: Die Rogue-Likes. Was anno dazumal den begrenzten technischen Möglichkeiten geschuldet war, begeistert die Fans des Genres noch heute.

Dazu zählen mehr oder weniger zufallsbedingt generierte Dungeons, die aus der Vogelperspektive erforscht werden, der permanent Death, also das Nicht-Vorhandensein eines Speicherstandes sowie ein zumeist gnadenloser Schwierigkeitsgrad. Alchemic Dungeons, das schon vielen Plattformen einen Besuch abgestattet hat, bringt das Hardcore-Genre nun auf Nintendos 3DS-Familie. Wie gut ist der Abstecher in die mobilen Dungeons?

Eine Aktion pro Runde
Alchemic Dungeons wirft den Spieler sehr schnell mitten ins Geschehen. Zu Beginn habt Ihr lediglich die Wahl, ob Ihr als Krieger, Jägerin, Zwerg oder Hexe aufbrechen möchtet. Die vier Charaktere unterscheiden sich deutlich in Ihren Eigenschaften wie Angriffsstärke, Lebenspunkten oder Intelligenz.
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Die Story? Fehlanzeige. Alchemic Dungeons will keine pathetische Geschichte erzählen. Der Sinn im Erforschen der von Monstern besiedelten Dungeons erfüllt sich in dieser Aufgabe selbst. Also schlüpft Ihr in die Rolle von einem der vier Protagonisten und schon geht es los. Mit keinem Deut mehr als den absolut nötigen Basics erläutert eingangs ein Tutorial das rundenbasierte Spielprinzip, die Steuerung und das Crafting-System, mit dessen Hilfe sich gefundene Items zu neuen Gegenständen verbinden lassen.
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Wie bei Rogue-likes üblich, bewegen sich sowohl Monster als auch die Spielfigur Zugweise durch die Dungeons. Das bedeutet, geht Ihr einen Schritt, tun es die Gegner auch und meist Direkt auf euren einsamen Helden zu. Genauso verhält es sich auch mit Angriffen. Habt Ihr einen Schlag ausgeführt, ist der Gegner an der Reihe. Angriffe, die ins Leere gehen, können katastrophale Folgen haben. Auf diese Weise schreitet Ihr mit Bedacht durch die Räume der zufallsgenerierten Dungeons, immer auf der Suche nach der Treppe, die Euch auf die nächste Ebene führt. Es ist das Ziel, alle Ebenen lebendig zu überstehen.
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Was sich zunächst simpel anhört, erfordert schneller als Euch lieb ist, jede Menge Finesse. Es fängt schon damit an, dass man sich nicht von Gegnern umzingeln lassen sollte. Jeder Schritt und jeder Angriff will geplant sein, sonst sinken die wenigen Lebenspunkte ganz schnell auf Null.
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Umständliche Alchemie
Für den Tiefgang im Gameplay sorgt das Crafting. Items, die Ihr in den Dungeons findet, lassen sich zu neuen Gegenständen kombinieren. So gelangt Ihr in den Besitz giftiger und heilender Tränke, neuer Rüstungen, Schwerter und Bögen sowie der magischen Steine. Diese funkelnden Zauberbrillis wiederum könnt Ihr nutzen, um Waffen und Rüstungen spezielle Effekte zu verleihen. Es gibt viele Dutzend verschiedener Items und Kombinationsmöglichkeiten. Daraus ergeben sich schier unendlich viele Herangehensweisen, um die Gefahren der Verliese zu überstehen.
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Wer all diese Möglichkeiten nutzen möchte, muss sich durch das nicht sofort verständliche und verschachtelte Interface von Alchemic Dungeons Kämpfen. Um etwa einen Pfeil zu verschießen oder einen giftigen Trank auf ein Monster zu werfen, müssen drei Untermenüs geöffnet werden. Noch langatmiger muss man beim Craften sein. Wer jedoch einige Zeit mit dem Titel verbringt, kennt das Interface irgendwann doch im Schlaf. Was vielen Spielern jedoch wirklich Steine in den Weg legen wird, ist die fehlende Lokalisation. Alchemic Dungeons bietet nur englische und japanische Bildschirmtexte, aber keine deutschen. Die digitale Anleitung in ausschließlich englischer Sprache hilft da auch niemandem weiter. Das ist absolut schade, denn auf diese Weise verschließt sich der komplexe Titel einer breiten Spielergemeinde.
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Als Vertreter der Rogue-Likes ist es für Alchemic Dungeons selbstverständlich, dass der Schwierigkeitsgrad schnell bis ins Grausame ansteigt. Selbst geübte und taktisch versierte Spieler werden viele Anläufe wagen müssen, um Meister der Verliese zu werden. Oft spielen sich Dungeons derselben Stufe zudem überraschend unterschiedlich, was im zufälligen Leveldesign begründet liegt. So verlässt man die virtuelle Bühne manchmal unerwartet früh. Und selbst der Tod kann frustrierender sein, als man denkt. Denn wer Stunden damit zugebracht hat, irgendwie der Heerschar der Unterwelt zu entkommen, nur um plötzlich doch den Todesstoß zu kassieren, bekommt von Alchemic Dungeons nicht einmal ein Trostpflaster in Form irgendeiner Belohnung. Nur die Punktzahl wird notiert. Man kann nur ganz von vorn beginnen, ohne etwas aus dem vorangegangenen virtuellen Leben mitzubringen. Das ist hart aber entspricht dem sogenannten Permanent-Death-Prinzip, für das die Rogue-Like Games berüchtigt sind.
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Technisch zweckmäßig
Alchemic Dungeons basiert nicht, wie viele andere Vertreter seines Genres, ausschließlich auf ASCII-Zeichen. Trotzdem haut einen die zweidimensionale Sprite-Grafik mit Sicherheit nicht aus den Socken. Das grafische Highlight sind die Portraits der vier spielbaren Charaktere zu Beginn des Spiels. Auch die Sounds erfüllen zwar ihren Zweck doch mehr auch nicht. Gerade die Hintergrundmelodien in den Dungeons werdet Ihr vermutlich schnell abschalten. Zwar versprühen die Melodien einen gewissen Retro-Charme doch sind sie sehr kurz und wiederholen sich daher oft. Wenigstens ein kleines, technisches Bonbon hat das Rogue-Like aber dennoch in der Hinterhand: Es ist möglich, einen temporären Speicherstand anzulegen. Dieser wird bei erstmaligem Laden zwar sofort wieder gelöscht, jedoch wird es dadurch ermöglicht, lange Sessions auch mal zu unterbrechen, und etwas anderes zu spielen, bis der Kopf wieder frei ist für die schrecklichen Herausforderungen im Verlies.
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Fazit
Es ist nicht hübsch, es hört sich nicht sonderlich toll an und es ist nicht gerade komfortabel. Irgendwie ist es sogar unfair schwer. Und dennoch oder vielleicht sogar gerade deswegen ist Alchemic Dungeons wohl genau das, was Liebhaber des Rogue-Like-Genres sich wünschen. Man muss es mögen und genau wissen, worauf man sich einlässt, doch dann gibt es für einen so geringen Kaufpreis vielleicht keine bessere, mobile Alternative. Wer also das Genre liebt und der englischen Sprache mächtig ist, kann bedenkenlos zugreifen. Alle anderen lassen wohl besser die Finger davon.
«Jojo» Singleplayer: 70%

Verfasst von «Jojo» am 17.07.2017,
bemustert durch Nintendo
für bis zu 1 Person/en
Release am 06.07.2017