Atsuko Nishida. So lautet der Name der Zeichnerin, die Pikachu entworfen hat. Damit gelang Ihr der ganz große (Ent-)Wurf! Immerhin kennen heute mehr Kinder Pikachu als den Nikolaus! Ob Atsuko das Zeichnen mal lernen musste, oder ob sie ein beneidenswertes Naturtalent ist, kann sie uns nur selbst verraten. Eines ist jedoch sicher! Viele Pokémon-Fans wären gern in der Lage, ihre geliebten Schützlinge zu zeichnen. Alle, denen das bisher eher schlecht als recht gelang, zählen zur Zielgruppe von Pokémon Art Academy.
Willkommen auf dem Campus!Es mag ein wenig aus der Reihe tanzen, doch Pokémon Art Academy gehört zur Art Academy-Serie, die zeichenwütige Nintendo DS-Besitzer mit Art Academy und Buntstift-Veteranen auf dem 3DS mit Art Academy bediente. Beide Vorgänger hatten die traditionelle Kunst im Fokus. Der aktuelle Ableger dagegen beschäftigt sich vor allem mit Illustration.
Als neuer Student schreitet man durch die virtuellen Tore der Art Academy. Dort wird man von Professor Albrecht begrüßt, der dem Studenten auf seinem Weg zum Zeichentalent als Mentor zur Seite stehen will. In 40 Lektionen werden künstlerisch Veranlagte Schritt für Schritt mit den einzelnen Techniken bekannt gemacht, die man beherrschen muss, um die Taschenmonster eigenständig zeichnen zu können. Das beginnt mit einfachen Gesichtsportraits einiger Pokémon mit Wachsmalkreide. Danach stehen dann frontale und gedrehte Gesichtsportraits mit dem Outline-Stift auf der Agenda, bevor Ganzkörperzeichnungen angefertigt werden. Auf diesem Weg werden unterstützende Elemente Stück für Stück abgebaut. Was zu Beginn einem einfachen Malbuch ähnelt, in dem hauptsächlich Linien nachgezogen werden müssen, wird schon bald anspruchsvoller und Pinselküken ebenso fordern wie echte Leinwand-Virtuosen. Es muss aber niemand befürchten, überfordert zu werden. Der Professor nimmt jeden seinen Fähigkeiten entsprechend an die Hand und führt gekonnt durch die Lektionen. Aufgrund der Tatsache, dass es keinen Abschlussbewertung für Zeichnungen gibt, bleibt auch innerhalb der Lektionen Spielraum für Kreativität, ungeachtet der Anweisungen. Hauptsache, man ist am Schluss selbst zufrieden mit der eigenen Kunst.
Lerne, den Pinsel zu schwingenNeben dem Kennenlernen unterschiedlicher Zeichenutensilien wie der bereits erwähnten Wachsmalkreide oder dem Zeichenstift steht auch die Arbeit auf zwei unterschiedlichen Ebenen auf dem Plan. Dabei werden einige Neuerungen deutliche, die mit Pokémon Art Academy ihren Einstand feiern. Allen voran der Outline-Stift, der die Arbeit auf unterschiedlichen Ebenen erst ermöglicht. Er dient zum Vorzeichnen der Konturen auf der obersten Ebenen, während alle anderen Stifte auf der darunterliegenden Ebene ihn nicht übermalen können. Neu sind ebenfalls der Markierstift, der saubere Farbblöcke produziert und Airbrush. Eine große Vereinfachung ist die ihrerseits debütierende Undo-Funktion. Mit einem einfachen Druck auf die L-Taste wird der jeweils letzte Schritt rückgängig gemacht. Komfortabel, wenn auch nicht sehr realitätsnah.
Gesteuert wird die Zeichenschule zum größten Teil natürlich über den Touchscreen. Die Tasten werden sinnvoll als Shortcuts genutzt. Etwa zu schnellen Wechsel des Malutensils via Steuerkreuz. Leider passiert es unweigerlich von Zeit zu Zeit, dass man ungewollt eine Taste drückt. Viel Schlimmes kann so nicht passieren, aber es ist eine ärgerliche Unterbrechung des Arbeitsflusses. Bewährt hat sich bei mir, einen größeren Stylus zu nutzen, nicht den kleinen, der dem 3DS beiliegt. Ich habe den Titel übrigens mit einem 3DS XL getestet. Hier war die Übersicht aufgrund des großen Touchscreens immer gewährleistet. Auf einem normalen 3DS oder 2DS könnte es da trotz Zoomfunktion schon enger werden.
Der digitale MalkastenTechnik ist bei den meisten Titeln ein unumgänglicher Aspekt der Bewertung. Bei den Art Academy ist sie aber eher nötiges Beiwerk. Bewusst wurde auf eine 3D-Darstellung verzichtet, weil das hauptsächliche Geschehen auf dem Touchscreen stattfindet. Der digitale Lehrgang ist hübsch im Comic-Stil präsentiert und der Soundtrack ist beschwingt. Letzten Endes wird der Soundregler mit der Zeit aber nach ganz unten wandern, weil es relativ wenige Musikstücke zu belauschen gibt. Alles in allem ist der technische Aspekt nicht beeindruckend aber mehr als ausreichend bedient. Zumal die Präsentation mit Charme zu punkten weiß und einem ein ums andere Mal eine kleines Schmunzeln abverlangen wird. Lobend erwähnt sei auch, dass man zu jedem Pokémon, das man in den Lektionen zeichnet, einige Informationen bekommt, ähnlich wie im Pokédex. Besonders schön: Abgeschlossenen Zeichnungen werden im Album nicht einfach nebeneinander dargestellt, sondern auf virtuelle Sammelkarten projiziert! Eine klasse Idee. Sie Unterstreicht den Pokémon-typischen Sammelaspekt.
Der Umfang ist zufriedenstellend. Es wurde darauf geachtet, genügend Abwechslung und Freiraum zum Austoben zu bieten. Neben den Lektionen, die das Knowhow der Zeichenkunst vermitteln, gibt es noch die sogenannten Schnellskizzen. Hier entstehen Pokémon aus einigen wenigen gezielten Strichen. Genau das richtige für die zwischendurch in der U-Bahn oder im Bus. Beim freien Zeichnen können eigene Entwürfe unter Einsatz aller Zeichenutensilien verfolgt werden oder optional können die Motive aus abgeschlossenen Lektionen als Vorlage genutzt werden. Alternativ lassen sich auch Fotos der 3DS-Kamera als Vorlage importieren. Bei so vielen Möglichkeiten steht man schnell mehr als einem Projekt zur selben Zeit gegenüber. Zum Glück lassen sich mehrere Zeichnungen nebeneinander speichern und zu späterer Zeit fortsetzen. Ohne Probleme sind alle Studenten der Art Academy für viele Stunden beschäftigt. Welche Taschenmonster im Einzelnen gezeichnet werden, möchte ich an dieser Stelle nicht preisgeben, um niemandem die Überraschung zu verderben. Ich belasse es dabei, zu verraten, dass Pokémon aller bisher veröffentlichten sechs Generationen mit von der Partie sind.
Wer seine Werke nach außen tragen möchte, dem werden bei Pokémon Art Academy einige Möglichkeiten dazu geboten. Allen voran gibt es die Option, die Kunstwerke als JPEG auf die SD-Karte des 3DS zu exportieren. Durch eine lokale Verbindung können auch Bilder an 3DS-Systeme anderer Art Academy Spieler geschickt werden. Auch das Miiverse wurde vorbildlich eingebunden. Es wird in Zukunft sogar Onlinewettbewerbe geben, bei denen die beste Zeichnung gewinnt. Die Online-Features konnten zum Zeitpunkt der Testphase noch nicht genauer begutachtet werden. Leider ist es nicht möglich, seine Lieblingsstücke via StreetPass publik zu machen. An dieser Stelle wurde ein wenig Potential verschenkt.
FazitPokémon Art Academy hat nicht den Anspruch, ein vollwertiges Malprogramm zu sein. Man beschränkt sich bewusst auf nur zwei Ebenen und die Auswahl an Malutensilien ist im Vergleich zu gängigen digitalen Zeichenprogrammen begrenzt aber ausreichend. Alles zielt darauf ab, das Wissen um die Erstellung eigener Pokémon-Zeichnungen mit unterschiedlichen Techniken zu vermitteln, ohne mit unnötigem Beiwerk zu verwirren. Nach etlichen Selbsttests kann ich sagen, dass das Gelernte gut auf Stift und Papier übertragbar ist. Wer motiviert dabei ist, der nimmt garantiert etwas mit. Ohne die technischen Möglichkeiten des 3DS annähernd auszunutzen aber unter beispielhafter Ausschöpfung hardwarespezifischer Vorzüge wie Touchscreen und SD-Karten-Unterstützung bietet der neuste Ableger der Art Academy-Serie genau das, was viele Pokémon-Fans mit künstlerischer Ader sich wünschen. Wer sich dazu zählt, der sollte unbedingt zugreifen.