Fire Emblem Fates ist ein sehr ambitioniertes Projekt, denn es erzählt seine Geschichte aus drei verschiedenen Perspektiven, die "Herrschaft", "Vermächtnis" und "Offenbarung" heißen. Jede dieser Perspektiven basiert auf dem immer selben Fire-Emblem-Kerngameplay, unterscheiden sich aber dennoch in mehreren Faktoren.
So sind wir dem Volk der Hoshido (erinnern an das alte Japan) angehörig geboren, werden aber noch als Baby vom Volk der Nohr (erinnern an das alte Rom) entführt und wachsen bei diesen auf. Im Laufe der ersten 5 Kapitel lernen wir diese Hintergründe kennen und müssen uns dann im sechsten Kapitel entscheiden: Kämpfen wir für unser eigen Fleisch und Blut, die Hoshido, welche uns fremd sind, und somit gegen jene, die uns einst entführten, wenngleich auch aufzogen und alles lehrten, das wir wissen (Vermächtnis)? Oder bleiben wir auf der Seite der Nohr und kämpfen gegen die Hoshido (Herrschaft)? Zu guter Letzt haben wir auch die Wahl, uns im Kampf der beiden Völker auf keine der Seiten zu schlagen und bleiben gewissermaßen parteilos (Offenbarung).
Bis wir diese Wahl also im sechsten Kapitel treffen müssen, verläuft der Handlungsstrang bis zu diesem Punkt bei allen Perspektiven identisch. Erst ab dieser Entscheidung kommen all die Unterschiede zum tragen.
PERSPEKTIVENDer allgemeine Schwierigkeitsgrad ist bei Vermächtnis eher leicht, und verlangt zumeist unkomplizierte Missionsziele: "Besiege alle Gegner!" oder "Besiege den gegnerischen Anführer!". Außerdem ist es hier möglich, seine Charaktere recht schnell zu leveln und gut auszurüsten, da Erfahrungspunkte und Gold reichlich zu finden sind. Grob 25 Stunden darf man hier veranschlagen, OHNE Sidequests. Wenn man diese aber ebenfalls alle erldigt haben will, können es gut nochmal soviele Stunden werden.
Die sozusagen schwere Schwierigkeitsstufe bietet Herrschaft. Hier sind die Anforderungen weit komplexer, weil es oft nicht darauf ankommt, einfach nur alle oder einen ganz bestimmten Feind zu besiegen, sondern man muss beispielsweise eine Weile gegen die Feinde durchhalten, ohne dass dabei etwa Chrakter X stirbt oder die Feinde einen besonderen Punkt (auf der Karte) erreichen. Der Anteil an Strategie ist also weitaus höher, und auch Erfahrungspunkte und Gold bekommt man nicht unbedingt hinterhergeworfen. Insgesamt kommt man hier auf 30 Stunden Spielzeit, wenn man OHNE all die vielen Sidequests an die Sache herangeht. Mit Sidequests dürften es um die 45-50 Stunden werden.
Den Mittelweg geht Offenbarung. Der Schwierigkeitsgrad ist hier gewissermaßen mittelschwer. Jedoch wird vom Spiel selbst empfohlen, Offenbarung erst zu spielen, wenn man Vermächtnis oder Herrschaft durchgespielt hat - ich empfehle das ebenfalls all jenen, die vor allem Wert auf Story legen. Denn obwohl die Story bei allen drei Perspektiven spannend ist und diverse Überraschungen bietet, werden bei Offenbarung Dinge enthüllt, die Geschehnisse oder Zusammenhänge aus Vermächtnis und Offenbarung verraten. Wer sich also mindestens zwei oder alle drei dieser Perspektiven erleben will, sollte sich Offenbarung lieber als zweite oder besser noch dritte Abenteuerreise aufheben. Wer jedoch ohnehin bloß eine der Perspektiven erleben will, oder schlicht auf die Story keinen großen Wert legt, sollte erwägen, mit Offenbarung zu beginnen. Eben, weil vor allem die Mischung aus Schwierigkeit und Komplexität am ausgewogensten ist. In etwa 25 Stunden ist man hier OHNE die Sidequests am werkeln; mit Sidequests dürfte man so auf ungefähr 45 Stunden kommen.
MÖGLICHKEITENMoment! Auf die Story keinen großen Wert legen? Geht das bei Fire Emblem Fates überhaupt? Ja, das geht, denn Fire Emblem Fates erlaubt es, alle Zwischensequenzen direkt zu überspringen ("Start" drücken), um so immer direkt nur die Kämpfe zu kämpfen. Doch wer noch weiter gehen will, und sich wirklich ganz allein auf den rein strategischen Aspekt des Gameplays stützen will - also die Taktik als solche -, kann in den Optionen sämtliche Animationen sowie sonstigen Zuckerguss abschalten und auch sonst alles andere auf höchste Geschwindigkeit stellen, sodass man immer nur winzige Augenblicke wartet, bis man wieder dran ist, nachdem man seinen Zug beendete, weil so zum Beispiel die Züge der Gegner nicht dargestellt werden. Man sieht dann nur noch, dass sich die Positionen auf der Karte verändert haben, beziehungsweise, dass einige Charaktere auf unserer oder der feindlichen Seite starben oder weniger Energie haben - und man ist aber sofort wieder dran.
Auch sonst bietet die Engine von Fates viele Möglichkeiten, sich an die persönlichen Vorlieben anzupassen: Blickwinkel und Zoomstufe der Kamera, Tutorialeinblendung, Energieanzeigendarstellung, Lautstärken von Musik oder Soundeffekten, Sprachausgabe wiedergeben und und und...
Das Gameplay in Fire Emblem Fates ist, wie ich bereits andeutete, in allen drei Perspektiven natürlich identisch, beziehungsweise typisch Fire Emblem: Rundenbasiert wird gegen die Feinde eine Schlacht geschlagen. Wir positionieren unsere Einheiten, lassen sie angreifen, heilen, Items verwenden oder Zauber anwenden, dann tut der Feind dasselbe, dann sind wir wieder an der Reihe - und so weiter.
Auch sonst ist alles typisch Fire Emblem, und wer vor allem den direkten Vorgänger
Fire Emblem Awakening gespielt hat, wird sich sofort zurecht finden, denn das Interface ist bis auf einige kleine Ausnahmen unverändert. Für die Story von Fates ist allerdings nicht erforderlich, zuvor
Awakening gespielt zu haben - es gibt ein paar wenige Bezüge auf
Awakening, aber die sind äußerst marginal. Deutlicher kann ich es leider nicht erklären, wenn ich nicht spoilern will! :)
Doch zurück zum Gameplay, der Engine und den Optionen. Wie erwähnt, unterscheiden sich Vermächtnis, Herrschaft und Offenbarung im Schwierigkeitsgrad, weil Dinge wie das Erhalten von Erfahrungspunkten und Gold oder auch die Missionsziele abweichen, und somit die Komplexität der Taktik anders gewichtet ist. Dennoch bieten alle drei Perspektiven je drei Schwierigkeitsstufen (Normal, Schwer und Extrem), die sich vornehmlich auf die Gegnerstärke und unsere eigene Stärke auswirken, sowie je drei Abwandlungen, wie mit gestorbenen Charakteren verfahren soll: Bei "Phönix" erholen sich gefallene Charaktere rasch wieder und nehmen dann weiterhin am aktuellen Geschehen teil, bei "Anfänger" fallen gestorbene Charaktere innerhalb desselben Kampfes dann permanent aus, kehren danach aber weider zurück, und bei "Klassisch" bleiben Charaktere, die einmal gestorben sind, auch für immer gestorben.
Sollte es einmal soweit kommen, dass man Klassisch spielt und einen Charakter verliert, den man nicht verlieren wollte/will, ist man gezwungen, am letzten Speicherpunkt von vorn zu beginnen, das heißt, das laufende Kapitel muss von vorn begonnen werden, weil man nur vor und nach den Kapiteln seinen Spielstand speichern kann. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, mitten im Kampf einen Schnellspeicher-Stand zu erstellen, um das Spiel auf die Schnelle beenden zu können, ohne den momentanen Fortschritt zu verlieren; falls man mitten im Kampf plötzlich zu spielen aufhören muss.
Um auf die Kämpfe und darin notwendige Taktiken zu sprechen zu kommen: Während der Züge ist wichtig zu beachten, wie wir unsere Einheiten stellen oder welche Aktionen wir sie ausführen lassen. Wie immer gibt es nämlich diverse Vor- und Nachteile bei allen Charakteren, Waffen oder Positionen. Haben wir zum Beispiel einen Charakter mit sagen wir mal Pfeil und Bogen, kann dieser aus der Distanz heraus angreifen und braucht keinen direkten Gegenangriff zu fürchten, wenn der angegriffene Gegner nur ein Schwert trägt - dafür aber sind unser Angriff und unsere Verteidigung auch nicht ganz so effektiv wie bei einem Schwertkämpfer. Auch gilt zu bedenken, dass ein Charakter nach einer Aktion nicht mehr fähig ist, in dieser Runde zu handeln. Darum ist wichtig, welche Befehle man welchem seiner Charaktere gibt: Gegner angreifen, bei einem Verbündeten Lebensenergie wiederherstellen, oder oder oder...
Es gibt nämlich nicht nur die üblichen Aktionen, wie "Angriff" oder "Item benutzen", sondern viele Charaktere haben nur ihnen zugehörige Fähigkeiten. Eine ist etwa, dass man einen Charakter, der in der aktuellen Runde bereits agiert hat, einmalig erneut agieren lassen kann. Oder Charaktere können durch Zauber geheilt werden und so weiter. Plumpe Hau-drauf-Szenarien gibt es einerseits nicht, würden andererseits aber auch nicht funktionieren, weil man sonst von den Gegnern gnadenlos kaltgestellt wird. Zu taktieren ist das A und O, jede Charakterposition und -aktion sollte in jeder Runde gut bedacht werden; sie könnte sonst schwerwiegende Folgen haben.
SCHAFFE, SCHAFFE, HÄUSLE BAUEAbseits von den Kämpfen gibt es noch die Möglichkeit, in der sogenannten Astralebene Gebäude zu errichten. Das hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf das übrige Spielerlebnis und ist auch sonst nicht unbedingt als tragendes Gameplay-Element zu betrachten, weil es nicht darum geht, eine komplexe Infrastruktur zu managen, sondern eigentlich nur darum, eine Handvoll Gebäude zu errichten und sie gegebenfalls auszubauen, damit sie Euch das Leben etwas erleichtern.
Die Astralebene ist also soetwas wie Euer Stützpunkt, könnte man sagen. Ihr rüstet hier die Charaktere aus, kauft und verkauft Waffen, Items und andere Dinge, und außerdem bauen die Charaktere hier ihre Beziehungen untereinander auf. Sie lernen sich besser kennen, was sich auch zu Euren Gunsten auf Kämpfe auswirkt.
PERSPEKTIVENAllerdings gibt es bei Fire Emblem Fates auch einige Dinge, die nicht per se durch Erläuterungen der Gameplay-Mechaniken erklärt werden können. Wie funktioniert es beispielsweise, wenn man im Geschäft oder im eShop eine der Perspektiven (Vermächtnis, Herrschaft, Offenbarung) gekauft hat, und nun noch eine weitere oder gleich die beiden anderen Perspektiven ebenfalls spielen will?
Also: Vermächtnis und Herrschaft können ganz regulär gekauft werden, ob als Modul im Geschäft oder im eShop als Download. Kauft man nun die eine Perspektive, kann man die jeweils andere ebenfalls zum Vollpreis dazukaufen, wenn man Komplettsammler/in ist - Offenbarung bekommt man allerdings in jedem Fall nicht im Geschäft, sondern nur als Download im eShop, und auch hier nur als Add-on-Inhalt für 19,99€ (quasi zum halben Preis). Möchte man allerdings zwar mehr als eine Perspektive spielen und trotzdem möglichst geldsparend vorgehen, kann man es auch so machen: Man kauft zum Vollpreis von 44,99€ entweder Vermächtnis oder Herrschaft (Modul oder Download ist egal), und die andere/n Perspektive/n á 19,99€ als Add-on-Download/s hinzu: Man startet sein Spiel und kann im Hauptmenü dann direkt sagen, welche Perspektive man spielen möchte und bekommt hierfür sogar mehrere Spielstand-Slots geboten.
Ich schreibe hier nun die ganze Zeit von Perspektiven, nicht von Versionen, Varianten, Ausgaben, oder soetwas. Warum? Weil die Kapitel, so unterschiedlich sie auch in den jeweiligen "Fassungen" auch verlaufen, im Kern mehr oder weniger dieselbe Geschichte erzählen, nur eben aus unterschiedlichen Perspektiven. Das heißt, die Charaktere an unserer Seite und die Kampfszenarien sind dem entsprechend andere und fordern andere Missionsziele von uns, aber im Wesentlichen dreht es sich immer um den Konflikt zwischen Hoshido und Nohr - und wir als Protagonist/in sind mittendrin, egal, ob wir auf der einen, der anderen oder auf gar keiner Seite stehen. Und all dem liegen dasselbe Gameplay, dieselbe Engine und auch dasselbe Setting (vermittelt durch Grafik, Sound und Zwischensequenzen) zu grunde. Aus eben jenem Grund finde ich die Bezeichnung "Perspektive" passender als zum Beispiel "Edition".
STORY TELLINGFire Emblem Fates ist grafisch auf jeden Fall ein Genuss - und akustisch übrigens auch. Wie hier mit cineastischen Mitteln gearbeitet wird, ist in der Tat meisterlich. Man fühlt stets mit, sei es Ärger, Enttäuschung, Trauer oder was auch sonst. Selbst, wenn "nur" ein Charakter stirbt, empfindet man dies nicht bloß als ärgerlichen taktischen Schlachtennachteil, sondern man hat soeben auch jemanden verloren, der/die einem ans Herz gewachsen war. Jedenfalls dann, wenn man sich auf die Story-Telling-Element einlässt, und nicht bloß alles überspringt und beschleunigt.
Dem zugehörig ist die Untertitelung der vielen, vielen videoartigen Zwischensequenzen vor und nach den Kämpfen. Diese laufen stets im englischen Ton, aber eben mit deutschen Untertiteln ab (wahlweise können die Untetitel auch deaktiviert werden), doch deutschen Ton kann man nicht wählen. Der Rest von Fire Emblem Fates ist (entgegen der Screenshots!) komplett eingedeutscht.
Kurzum: Fire Emblem Fates besteht zu einem großen Teil aus seiner zu erzählenden Geschichte. Dieser MUSS man NICHT zwingend folgen, wenn man lieber nur die Kämpfe absolvieren möchte.
MULTIPLAYEREinen Multiplayer bietet Fire Emblem Fates ebenfalls. Per StreetPass und SpotPass ist es möglich, die Astralebene anderer Spieler/innen zu besuchen, und dort auch zu kämpfen, um bei einem Sieg Boni (Items, Materialen oder ähnliches) zu erhalten. Allerdings ist dies hier natürlich kein echter MultiPLAYER, denn man spielt ausschließlich gegen CPU-gesteuerte Gegner.
Anders ist es beim lokalen Zwei-Spieler-Spiel, für das zwei Handhelds und je ein Modul/Download des Spiels vorhanden sein muss: Hier spielen beide Seiten vis á vis gegeneinander - um am Ende Boni zu erhalten. Nichts, was die Wochenenden füllen würde, aber trotzdem ein spaßgies Vergnügen für die eine oder andere Stunde.
Umso erfreulicher ist, dass auch per Online solche Kämpfe möglich sind. Wahlweise gegen x-beliebige Gegner, aber auch gegen Personen auf der Freundesliste.
FAZITFire Emblem Fates könnte man, sieht man einmal von der Sache mit den drei Perspektiven (oder "Editionen") ab, als Fire Emblem Awakening 2.0 bezeichnen. Fates spielt sich mehr als nur ähnlich und auch die Atmosphäre, vermittelt durch Grafik und Sound, ist ebenfalls eine ähnliche. Wer also Awakening - oder Fire Emblem allgemein - kennt, weiss, was ihn/sie mit Fire Emblem Fates erwartet: Ein Top-Game, wie es im Buche steht - oder nee! Halt! DREI Top-Games wie sie im Buche stehen!